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Wo blieb die Osterbotschft?

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Die Medien tun sich jedes Jahr schwer, die Osterbotschaft zu vermitteln. Meist flüchten sie in Folklore und Symbole, christlichen oder auch heidnischen Ursprungs. Heuer wurden selbst diese Anspielungen an das Fest durch spektakuläre Ereignisse in der katholischen Kirche verdrängt. Wie kann man da als Christ noch Ostern feiern?

Medard Kehl, der deutsche Jesuit, hat kürzlich in Wien die Frage gestellt, ob die Kirche in Europa nicht zu einem kostbaren Grab wird, aus dem der Geist lebendigen und gemeinsamen Glaubens zu entwei-*— chen droht. Das ist die eine Seite

von Ostern: das Grab, so viel zum Heulen, Ratlosigkeit. Wie geht es weiter? Noch nie waren mir die Emmausjünger so nahe, wie heuer: ihre Trauer, ihr sorgenvoller Disput, ihre Frage an den „Fremden”: „Bist du der einige, der nicht weiß, was geschehen ist?”Bis sie den noch unerkannten Jesus reden ließen, ihm zuhörten, wie er ihnen die Schrift aufschloß. Bis sie ihn, da es Nacht wurde, zu bleiben baten und mit ihm das Brot brachen. Da gingen ihnen die Augen auf. Und in derselben Stunde kehrten sie mutig um, nach Jerusalem, wo alles begann und sahen neu. Vom Grab weg zum neuen Leben.

Hat Ostern uns nicht neu gelehrt, die Heilige Schrift für das Heute zu lesen? Die Geschichte von Knechtschaft und Befreiung, von Sünde und Erlösung? Hat Ostern nicht das „Brotbrechen” neu gedeutet als Gemeinschaft der Sünder mit Ihm und als Verpflichtung zum Dienst? Hat der Auferstandene nicht auch uns, trotz all unserer Mängel, in diese Welt mit einer Botschaft der Hoffnung gesandt? Das Medium für diese Botschaft sind nicht Zeitungen sondern wir Christen selbst!

Zurück zu Medard Kehl. Das „Kirchengrab” läßt ihn an das Weizenkorn denken, das stirbt, um Frucht zu bringen. Nur muß zu-

erst manches sterben von der „alten” Kirche, weil es nicht mehr „an der Zeit” ist und die Kirche deshalb für viele Suchenden nicht mehr Zeichen der heilenden Liebe Gottes sein kann.

Müssen manche Strukturen sterben, damit Gottes Geist sich in einer neuen Gestalt der Kirche verkörpern kann, die viel sensibler auf die „Zeichen der Zeit” reagiert.

Ob die jüngsten turbulenten Ereignisse in der Kirche dieses „Sterben” nicht geradezu beschleunigen, damit endlich neues Leben entstehen kann? Es waren für mich traurige Ostern und doch nicht ohne Hoffnung.

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