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Gleichrangig im Geben und Nehmen

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Das Einkaufen „fertiger” Spitzenprodukte kann nach Ansicht des Autors nicht die Devise für die technologische Herausforderung sein. Welche Möglichkeiten bieten sich?

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Das Einkaufen „fertiger” Spitzenprodukte kann nach Ansicht des Autors nicht die Devise für die technologische Herausforderung sein. Welche Möglichkeiten bieten sich?

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Mit Einsetzen der heute als generelle Strukturänderung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen erkannten Abflachung des Wirtschaftswachstums Ende der siebziger Jahre stagnierte in Osterreich eine positive Wirtschaftsentwicklung. Heute verfügt Österreich in fast allen Branchen, die technisch höherwertige Güter produzieren, im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz über eine zu geringe Anzahl an international gleichwertigen Betrieben höchsten Standards und über kein gleichwertiges Basisfundament an branchenspezifischen Industriefirmen. Zusätzlich kritisch wirkt sich die seit eh und je in Österreich feststellbare Umsetzschwäche von neuen Ideen und Technologien in die industrielle Praxis aus. Da überdies Österreich für viele Produkte über nahezu keinen nennenswerten Inlandsmarkt verfügt und daher gezwungen ist, im Hochtechnologiebereich Exportraten von 70 bis 90 Prozent zu erzielen, ergeben sich gegenüber der Konkurrenz, die in der Regel auf Inlandsmärkte von 60 bis 70 Prozent aufbaut, besonders erschwerte Randbedingungen.

Basiskriterium für eine erfolgreiche Annahme dieser Herausforderungen ist die Verfügbarkeit entsprechender Technologien und der damit verbundenen Forschungserkenntnisse. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, daß aufgrund der immer rascheren Integration neuer Technologien und der damit verbundenen hohen Kosten der Entwicklung solcher Technologien (Personal, Infrastruktur und Geräte) firmenautarke Eigenentwicklungen immer seltener wirtschaftlich realisierbar sind, muß zunehmend Know-how zugekauft werden. Ein solcher Zukauf kann im Prinzip von Forschungseinrichtungen des In-und Auslandes oder von Firmen, die in gleichen oder ähnlichen Geschäftsfeldern tätig sind, erfolgen.

Diese drei wichtigen möglichen Technologiezutritte sollen kurz analysiert werden:

Im Bereich der Forschung nimmt Österreich, was Qualifikation des Personals und Qualität der Forschungserkenntnisse betrifft, nach wie vor eine internationale Spitzenstellung ein. Beweis dieser These ist, daß nach wie vor österreichische Forscher begehrte Mangelware darstellen und daß bis heute unsere Forschungserkenntnisse, international erfolgreich vermarktet werden.

Die Tatsache, daß die einheimische Industrie diese Ressourcen in der Vergangenheit nicht oder mangelhaft verwertete, kann als eine der Hauptursachen für die derzeitige Positionierung Österreichs gegenüber seinen industriellen Konkurrenten angesehen werden. Angemerkt muß werden, daß die derzeitige gute Position Österreichs im Forschungsbereich mittelfristig zunehmend gefährdet erscheint, da trotz Zuwächse der Mittel für Forschung und Entwicklung relativ zu den Forschungsaufwendungen des Auslandes sich wieder eine zunehmende Lücke abzeichnet.

Zum Zukauf von Know-how aus ausländischen Forschungseinrichtungen ist festzustellen, daß international gesehen die Erarbeitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in allen Fachgebieten in etwa den gleichen Aufwand für gleiche Qualität und Umfang erfordert. Dies bedeutet, daß bei ausländischem Know-how-Zukauf sich kaum Kostenvorteile ergeben. Weiters, daß die Mehrzahl aller Forschungseinrichtungen staatlich basisfinanziert sind und daher bevorzugt für die Industrie des jeweiligen Landes tätig sind. Somit besteht in den meisten Fällen kaum eine Chance, an den Letztstand technologischer Entwicklungen und Forschungserkenntnisse heranzukommen. Diese Art von Kooperation erscheint realpolitisch nur dann erfolgreich, wenn Forschungsinstitute international auf Basis von zwischenstaatlichen Verträgen und/oder auf der Basis der internationalen Zusammenarbeit von Firmen als gleichrangige und gleichwertige Partner an Gemeinschaftsprojekten mitwirken. Voraussetzung der Akzeptanz einer solchen Partnerschaft ist jedoch, daß das Niveau von Geben und Nehmen im Sinne des Technologiestandards in etwa ausgewogen sein muß.

Inländisches Know-how

Die dritte grundsätzliche Möglichkeit, Technologie zu erwerben, ist der Zukauf von Know-how von anderen Firmen des In-oder Auslandes. Das ist nur dann möglich, wenn entweder ein entsprechend hohes Marktwachstum gegeben ist, das von keinem der beiden Verhandlungspartner mittelfristig voll besetzt werden kann. Oder beide Partner sind gleich stark und können sich durch Technologieaustausch gegenüber der weiteren Konkurrenz marktmäßig besser positionieren.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß es für die österreichische Wirtschaft an der Zeit wäre, sich auf die im Land vorhandenen Ressourcen in Forschung und Entwicklung rückzu-besinnen und gemeinsam mit diesen Forschungsinstitutionen eine entsprechende, international weitgehend unabhängige Technologiestärke zu erarbeiten. Die Basisvoraussetzung zur erfolgreichen Nutzung dieser Ressourcen ist nach wie vor gegeben. Werden zusätzlich mit dieser Maßnahme durch entsprechende Erarbeitung strategischer Konzepte innerhalb der Betriebe sowie dem Setzen wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen (Beispiel Schwerpunktprogramm Mikroelektronik der Bundesregierung) wirksame Weichenstellungen vorgenommen, besitzt Österreich nicht nur die Chance als Industrienation zu überleben, es könnte vielmehr—ähnlich wie Schweiz und Schweden — ins internationale Spitzenfeld aufsteigen.

Einkaufen „fertiger” Technologien mit nachfolgender Bildung von verlängerten Werkbänken kann nicht die Devise für die neunziger Jahre sein; vielmehr muß es Ziel sein, durch Kooperation mit inländischen Forschungsressourcen eigenständisches Know-how zu bilden. Nur so ist die Garantie gegeben, einerseits wettbewerbsfähig und andererseits gleichwertiger Partner für internationale Kooperationen zu sein.

Der Autor ist Geschäftsführer für den Wirtschafts- und Marketingbereich des Forschungszentrums Seibersdorf.

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