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Gold, das zum Himmel stinkt
Die Situation ist seit Jahren nahezu unverändert. Noch immer wandern rund zwei Millionen Tonnen Abfälle auf Österreichs Müllhalden und seiner wilden Deponien, aber nur zwei bis höchstens fünf Prozent dieses Mistgebirges kehren als wiederaufbereitete Altrohstoffe in den Wirtschaftskreislauf zurück.
Obwohl sich längst herausgestellt hat, daß man durch Recycling viele Millionen Schilling an Devisen einsparen könnte, müssen z.B. die heimischen Papiererzeugungen bei einem jährlichen Gesamtbedarf von 450.000 Tonnen Altpapier noch immer 160.000 Tonnen - also rund ein Drittel - der benötigten Menge importieren.
Ähnlich ungünstig ist bei uns noch immer der Ausnützungsgrad heimischer Altrohstoffe bei Textilien, von Altöl, Reifen oder Metallen ganz zu schweigen. Dabei könnte alles viel besser sein (s. Tabelle 1).
Außerdem könnte man bei stärkerem Gebrauch heimischer Altrohstoffe noch beträchtliche Mengen an Energie sparen (s. Tabelle 2).
Einer der Gründe, warum die Österreicher noch viel zu wenig ihre goldenen Mistberge als Rohstofflieferanten nützen, ist das Problem des Einsammelns und des Transportierens zur zentralen Lagerstelle oder Deponie. Abgesehen von der Bundeshauptstadt Wien, die ja ein wirtschaftlich einheitlicher kommunaler Großraum ist, ist die Abfallgesetzgebung Ländersache. Dementsprechend schwierig ist es daher für manche kleinere Firmen Kostenzuschüsse aus öffentlichen Mitteln für ansonsten unrentable Abfalltransporte zu erhalten.
An dieser unbefriedigenden Situation können auch die Erfolge der überregionalen Bundesabfallbörse der Bundeswirtschaftskammer mit Sitz in Linz und die Bemühungen der sozialpartnerschaftlich konstruierten österreichi
schen Produktions-Förderungsgesellschaft (ÖPG) in Wien nichts ändern. Immerhin ist es der ÖPG im vorigen Jahr gelungen ihr Sammelergebnis bei Alttextilien, Altpapier und Altglas, verglichen mit 1979, um fast 17,5% zu steigern.
Rund 40 Firmen sind hier an der Organisation der Abholung vor Haus beteiligt, wobei in den Großstädten neun- bis zwölfmal, im ländlichen Raumzwei- bis sechsmal jährlich eingesammelt wird. Das Reinerträgnis kommt der Caritas zugute.
Die 600 der Bundesabfallbörse angeschlossenen Firmen betreiben hingegen einen Tausch zwischen angebotenen und angeforderten industriellen 'Abfällen, wobei die Bundesabfallbörse nur als Vermittlerin auftritt. Hier werden wöchentlich oder nach Bedarf 29 verschiedene Stoffgruppen mit Ausnahme von Altpapier gehandelt. Nach großen Anfangserfolgen ist die Entwicklung in letzter Zeit aber „nicht gerade explosiv“, wie ihr Leiter Dr. Richard Ober- mayr meint, denn das Angebot ist meist höher als die Nachfrage, nur bei Altöl ist es umgekehrt.
Trotz aller Bemühungen um eine Förderung *der Transportmöglichkei- ten von Seiten der BK- eigenen Abfallbörse, sind noch längst nicht alle Landesteile erfaßt.
Zu den Problemen bei der Einsammlung kommen noch) Schwierigkeiten bei der Recycling-Technologie, etwa bei der Beseitigung von Altöl, Autoreifen oder chemisch hochgiftigem Sondermüll. Hier besteht derzeit außer
einer umweltfreundlichen Verbrennung noch kaum eine andere Nutzungsmöglichkeit.
Großanlagen wie die Entsorgungsbetriebe Simmering, die auf sieben Verbrennungsstraßen pro Jahr rund 1,25 Millionen Kubikmeter Sondermüll aufarbeiten können oder die Fernheizwerke der Gemeinde Wien, die weitere 300.000 Tonnen Hausmüll verfeuern, entlasten in erster Linie die Bundeshauptstadt. Auch hier klagt man über zeitweise zu geringe Auslastung, denn Lieferungen aus den Bundesländern könnte man durchaus als „Rohmaterial“ gebrauchen. Insbesondere in Simmering, wo Altöl und Sondermüll zu Biomüll verarbeitet werden.
Auf Ideen und Konzepte kommt es an. Gerade bei der Bewältigung des Abfallproblems ist dem Erfindungsreichtum einzelner Unternehmen keine Grenze gesetzt. So hat z.B. eine Vorarl
berger Firma, die eine Spezialkesselkonstruktion zur Altreifenverbrennung entwickelte, gute Chancen, hier ins Geschäft zu kommen. Derzeit ist aber die Vermahlung der Reifenreste als Beimischung zur Bitumen- oder Zementherstellung noch wirtschaftlicher.
Auch die eingesammelten Altölmengen von rund 30.0001, die nach Einführung des Altölbeseitigungsgesetzes nun anfallen, stellen nach Schätzung von Sektionschef Dr. Marsch einen „Sparwert“ bei Heizkosten von rund 60 Millionen Schilling dar, den es noch technologisch verwertbar zu machen gilt.
Vielversprechend sind auch Versuche am Grazer Institut für Grundlagen der Verfahrenstechnik, wo die Professoren Marr und Moser sich mit der Aufarbeitung von Kupfer-, Wolfram- und Lithiumrückständen in industriellen Abwässern beschäftigen. Aber auch die Rückgewinnung von Silber aus altem Filmmaterial und Abwässern der Fotoindustrie wird wirtschaftlich immer interessanter.
Bestes Beispiel dafür, wie man Ideenreichtum zu Geld machen kann, ist die Firma Rudolf Schuh in Wien-Atzgers- dorf. Hier wurden seit zwanzig Jahren rund 50.000 Kubikmeter (das sind 15.000 Waggonladungen!) alter Dippelbäume aus Abbruchhäusern zu Schnittholz verarbeitet. Das Sägewerk Schuh hat damit der heimischen Wirtschaft nicht nur „Exporthilfe“ im Wert von rund 100 Millionen Schilling geleistet, sondern auch die Schlägerung von fast 100.000 Bäumen verhindert.
Herr Schuh hat aber noch eine andere „Marktlücke“ entdeckt. Dieses Altholz eignet sich nämlich hervorragend zum Restaurieren antiker Möbel und alter Musikinstrumente. Wie man sieht, kann man mit Recycling nicht nur reich werden, sondern sich auch Verdienste um die Kunst erwerben.
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