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Goldkunst zwischen Zadar und Triest

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In ganz Italien, insbesondere aber in Friaul-Julisch Venetien, gibt es viele sogenannte „Villen" - ehemalige Landsitze weltlicher und kirchlicher Fürsten. Einige darunter wurden seinerzeit von den Dogen von Venedig ' errichtet. So auch die Villa Manin, die den Namen des letzten venezianischen Dogen trägt. Seit etwa 20 Jahren wird die Villa, ein Glanzstück barocker Architektur, von der Region fallweise für größere Ausstellungen benützt. Heuer ist eine solche Schau den „Goldschätzen Europas" gewidmet. Die Einbeziehung Europas im Titel dieser Ausstellung - wo hier doch hauptsächlich sakrale und profane Goldschmiedekunst von friaulischen Handwerkern zu sehen sind - soll im weiteren Sinn verstanden werden: Weil die Werke der seinerzeitigen norditalienischen Gold- und Silberschmiede in ganz Europa einen einmaligen Ruf genossen, gehören sie zum europäischen Kulturgut.

Darum wird ein aufmerksamer Besucher verschiedene Objekte erkennen, die schon bei ähnlichen Ausstellungen in Linz und im Schloß Grafen-egg zu sehen waren. Im Falle von ähnlich gelagerten Themen sind Überschneidungen unvermeidlich, da die Zahl der verfügbaren Kunstwerke trotz allem verhältnismäßig beschränkt ist.

In der Villa Manin wurden die Räume chronologisch angelegt. Geschichtlich spannt sich der Bogen von der Romanik bis zu den Ausläufern des „Rinascimento" (Renaissance) und dem Übergang zur barocken Kunst. Hauptsächlich handelt es sich in diesem Sektor um sakrale Kunst, und zwar nicht nur aus den katholischen Kirchen, sondern auch aus den jüdischen Tempeln sowie aus den serbisch-orthodoxen Kirchen dieses Gebietes. Ausgeliehen wur den die Prachtstücke von vielen Kirchen und Tempeln der adriatischen Küste, von Triest bis nach Zadar.

Etwa ab dem 11. Jahrhundert war die Kirche die beste Auftraggeberin für die Goldschmiede. Durch die Verwendung von Edelmetallen und Schmucksteinen wollte man bei den Gläubigen den geheimnisvollen Charakter der kirchlichen Gegenstände -Kruzifixe, Reliqu ienschreine, Bi-schofsstäbe oder Meßbücher - betonen.

So lassen sich an der „Palad'Oro" aus dem Dom von Caorle, einem Relief des 14. Jahrhunderts aus vergoldetem Metall, sowohl byzantinische (griechische Schrift) wie venezianische Einflüsse erkennen. Besonders schön ausgearbeitet ist die Figur des Erzengels Gabriel. In der Werkstatt von Domenico Bellino in Cividale enstand, mehr als hundert Jahre später, ein Reliquienschrein in der Gestalt einer Büste der Heiligen Anastasia * (1523) aus teilweise vergoldetem Silber. Die Darstellung dieser Heiligen erinnert an manche Brustbilder aus der Antike-was leicht erklärlich ist, da das Zeitalter der Renaissance auf diese zurückgriff.

Viele kirchliche Gegenstände, die sich jetzt normalerweise im Schatz des Domes von Grado oder in einem der vielen Museen des Friauls befinden, stammen aus dem früheren Besitz des Patriarchen von Aquileia. Von der Rolle, die das genannte Patriarchat j ahrhundertelang spielte, ist nicht viel übriggeblieben: nur eben diese Gegenstände und der prächtige Dom von Aquileia mit seinen einmaligen Mosaiken. Erst unter der Regierung Maria-Theresias mußte das Patriarchat endgültig vor der Staatsräson der damaligen Großmächte weichen, und wurde durch die neuen Diözesen von Görz und Udine ersetzt.

Die Schau zeigt aber auch viele „bürgerliche" Kostbarkeiten aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Auch schon im späten Mittelalter gab es - als Zeichen der wirtschaftlichen Blüte -Juwelen als Statussymbol und als eine Art Investition. Dies spornte auch die Juweliere an, die Stücke so gefällig wie möglich auszuarbeiten.

Geschmackvolle „Liberty"-Anfer-tigungen aus der Triestiner Werkstatt von Leopold und Josef Janesich zeigen, daß norditalienische Goldschmiede ihr Handwerk weiterhin pflegen.

Zu der bis 15. November geöffneten Ausstellung ist ein gewichtiger, abbildungsreicher Katalog erschienen, dessen Fachbeiträge und ausführliche Bildbeschriftungen leider nur in Italienisch abgefaßt sind.

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