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Golf-D verblüffte Optimisten

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Zwei Wochen lang standen die beiden bekannten VW-Auto-ingenieure, Dipl.-Ing. Prof. Fiala und Dipl.-Ing. Hofbauer — beide kommen übrigens aus Österreich — und p.-r.-Chef Backsmann anläßlich der Vorstellung des Golf-Diesel im Kreuzfeuer von Fachleuten aus allen europäischen Ländern. Im Sheraton-Hotel von Stockholm präsentierten sie Wolfsburgs jüngstes Kind und begleiteten die Journalisten auf einer 200 Kilometer langen Probestrecke.

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Zwei Wochen lang standen die beiden bekannten VW-Auto-ingenieure, Dipl.-Ing. Prof. Fiala und Dipl.-Ing. Hofbauer — beide kommen übrigens aus Österreich — und p.-r.-Chef Backsmann anläßlich der Vorstellung des Golf-Diesel im Kreuzfeuer von Fachleuten aus allen europäischen Ländern. Im Sheraton-Hotel von Stockholm präsentierten sie Wolfsburgs jüngstes Kind und begleiteten die Journalisten auf einer 200 Kilometer langen Probestrecke.

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Warum wurde gerade Schwedens Metropole für diesen Anlaß gewählt? Wedl im nahegelegenen Södertälje einer der erfolgreichsten VW-Vertreter arbeitet und weil Dieselöl in den skandinavischen Ländern absolut und relativ (zum Benzinpreis) besonders billig ist.

Die mit Spannung erwartete Erweiterung des VW-Programmes lief, bestens organisiert, über die Bühne, die Ergebnisse überraschten selbst die größten Optimisten. Als am Abend im Hotel Diagramme und ein Film den Golf-Diesel hochlobten und zeigten, wieviel besser der Neue als die Konkurrenz abschneidet, war man ein wenig skeptisch, aber nach den Probekilometern (leider nur im Flachland), insbesondere aber auch nach eingehenden Gesprächen mit den „Vätern“ des Golf D, waren alle Zweifel verschwunden. Hier ist es gelungen, einen Personenwagen der unteren Mittelklasse (50 PS aus 1.5 1) zu schaffen, der alle Vorzüge seiner größeren Brüder — und dazu noch einiges mehr — aufweist, und der wahrscheinlich eine neue Ära in der Geschichte des wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Autos einleiten dürfte.

Um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, mußte allerdings ein beträchtlicher technischer und nicht gerade billiger Aufwand getrieben werden. Für die auffallende Geräuscharmut des Motors zeichnen die Verwendung von Zahnriemenantrieben und zum Ted! das Wirbelkammerprinzip (anstelle einer Vorkammer) verantwortlich. Mit diesem Verbrennungsverfahren wurde auch die Rußbildung reduziert, das öl muß nicht öfter gewechselt werden als beim Benziner. Ohne die bei Ottomotoren notwendigen Zusatzeinrichtungen erfüllt der VW-Diesed die gesetzlichen Abgasbestimmungen. Der harmlose aber lästige „Blaurauch“, der nach dem Kaltstart bei Dieselmotoren durch zunächst noch unvollkommene Verbrennung entsteht, wird . durch einen handbetätigten Kaltstartbeschleuniger (KSB-Zug) verhindert. Ein Knopf,ähnlich dem Choke bei Vergasermotoren, wird betätigt, wodurch die Vorglühzeit verkürzt und der Einspritzzeitpunkt bei niedrigen Drehzahlen günstig beeinflußt wird. Schon nach 200 m Fahrt kann der Knopf zurückgestellt werden, vergißt man darauf, läuft der Motor zwar etwas lauter, aber im Gegensatz zum Chbke steigt weder der Verbrauch noch verdünnt sich das öl.

Apropos Verbrauch: 6.5 1/100 km laut Werksangabe bei gemischtem Betrieb. Unser Fahrzeug verbrauchte auf der Probestrecke 5.98 1. Speziell im Teällastbetrieb, auf Kurzstrecken und bei Stadtfahrten werden bis zu 25 Prozent an Treibstoff gegenüber einem gleichstarken Ottomotor eingespart. Ein Überdrehen des Motors (Höchstdrehzahl 500 U/min.) wird durch automatische Abregelung der Einspritzung verhindert. Obwohl der Dieselmotor schwerer ist und auch wegen der Geräuschdämpfung einige Teile an der Karosserie und am Fahrwerk verstärkt werden mußten, haben sich die bekannt guten Fahreigenschaften des Golf nicht geändert Berücksichtigt man — zusammenfassend — neben der einfachen Wartung und der Reparaturfreund-Idchkeit den bei allen Personenwagen mit Dieselmotoren erwiesenen höheren Wiederverkaufswert, dann fällt die Betriebskostenrechnung trotz des höheren Anschaffungspreises schon nach kurzer Zeit zu Gunsten der Dieselversion aus.

In Österreich wird der Golf D um S 11.180 mehr kosten als der gleichgroße Benzingolf. Natürlich taucht die berechtigte Befürchtung auf, die steuerliche Belastung könnte beim Dieselöl erhöht werden, falls der von den Herstellern erhoffte Boom in Diesel-Personenwagen einsetzt. Die Gefahr ist jedoch gering, denn Treibstoffpreise sind „politisch“, und welcher Finanzminister würde es wagen, Dieselöl so hoch zu besteuern, daß es preislich dem Benzin zu nahe kommt. Er hätte die Stimmen aller umweltbewußten Wähler gegen sich, denn, daß der Diesel „sauberer“ als sein Benzinbruder ist, ist bereits allgemein bekannt.

In Wolfsburg und im Motorenwerk Salzgitter laufen zur Zeit 100 Einheiten pro Tag vom Band, vom Jänner an werden es 300 Stück sein, nach Österreich dürften heuer nur ganz wenige Golf-Diesel kommen, der „echte“ Verkauf wird wahrscheinlich erst Anfang 1977 einsetzen. Eine Turbo-Version ist vorläufig nicht geplant, hingegen ist der Einbau eines Dieselmotors in anderen Audi- oder

Die „Mobil 76“ — Zeltausstellung

In der zweiten Septemberhälfte hatte die Mobil Oil Austria auf dem Schwarzenbergplatz eine von vielen tausenden Besuchern frequentierte Zeltausstellung, die „Mobil 76“, aufgebaut, die den derzeitigen Stand und Lösungsansätze der zukünftigen Energieversorgung am Beispiel der Mobil Oil aufzeigte. Neben Proben von Mondgestein, welches von dieser Gesellschaft im Auftrag der NASA untersucht wird, erregte das Modell einer zukünftigen Tiefseebohrsta-tion besonderes Interesse. Bisher konnte Erdöl nur aus Meerestiefen bis zu 200 m gewonnen werden, mit Hilfe des neuen Gerätes, das bereits in der Praxis erprobt wurde, wird es möglich sein, Erdöl aus Tiefen bis zu 2000 m und mehr zu fördern. Ausgehend von der Tatsache, daß etwa ein Drittel der Erdölreserven unter dem Meer liegen, hat die Mobil schon in den dreißiger Jahren mit Meeresbohrungen begonnen.

Mit herkömmlichen Plattformen können die Schwierigkeiten in größeren Tiefen aber nicht bewältigt werden, daher wurde das Modell „Mark II“ für Tiefseeseismik von Mobil entwickelt und seit 1969 praktisch erprobt: jeweils vier Stück des Gerätes werden vom Suchschiff aus ins Meer abgelassen. Durch ein Kommaodo vom Suchscbiff aus durchdringt ein unter hohem Druck stehender Luftstrahl aus diesem Gerät das Wasser und schafft — umweltfreundlich — die für seismische Aufzeichnungen nötige Energie. Seit 1971 ist die Mobil an der SEAL (Sub-sea Equipment Associates Ltd.) beteiligt, einem Forschungsunternehmen, welches für Suche und Förderung von Erdöl in Tiefen von 2000 m in den letzten Jahren zwei Systeme entwickelt und erfolgreich getestet hat.

Bereits 1972 konnten im Mdttel-meer und im Golf von Mexico Tauchversuche mit Hilfe einer Basis, einer Arbeitskapsel und einer Taucherglocke unternommen werden, die vielversprechend verliefen.

Die Arbeitskapsel wird abgesenkt, wobei die Experten unter Bedingungen arbeiten, die denen auf der Erdoberfläche entsprechen. Die mehrstöckige Arbeitskapsel wird am Meeresboden verankert, ein Bohrgestänge stellt die Verbindung zwischen der Kapsel und dem Bohrloch her. Die Mobil Oil ist übrigens die erste Gesellschaft, die Bohrrechte im Meer erworben und 'mit Versuchen dieser Art begonnen hat. Ebenfalls als erster hat sich dieser Weltkonzern weiter als acht Kilometer ins Meer hinaus gewagt und hat Pipelines von den Meeresbohrplattformen gelegt.

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