7042011-1990_20_08.jpg
Digital In Arbeit

Gratulation nach Rom

Werbung
Werbung
Werbung

Als Papst „aus einem fernen Land" hat er im Oktober 1978 sein Pontifikat begonnen, in- zwischen ist er auf nun schon 47 Auslandsreisen selbst den Bewohnern der fernsten Län- der ganz nahe gekommen: Jo- hannes Paul IL, der am 18. Mai seinen 70. Geburtstag feiert.

Karol Wojtyla, dessen Vater Berufssoldat und später Be- amterwar.schienerstdieThea- terlaufbahn einzuschlagen, trat aber noch während des Zweiten Weltkrieges in das Krakauer Priesterseminar ein und wurde 1946 zum Priester geweiht. Dann setzte er sein Studium in Rom fort, disser- tierte mit einer Arbeit über den heiligen Johannes vom Kreuz, habilitierte sich als Moral- theologe, blieb literarisch tä- tig und wurde schließlich 1958 zum Weihbischof von Krakau berufen.

Am II. Vatikanischen Konzil nahm Karol Wojtyla, 1964 zum Erzbischof von Krakau er- nannt, bereits sehr aktiv teil. (1965 schrieb er übrigens einen Artikel für die Weihnachts- nummer der FURCHE) 1967 verlieh ihm Papst Paul VI. den Kardinalspurpur, 1976 durfte er für diesen Papst Exerzitien halten.

91 von 111 Kardinälen sollen am 16. Oktober 1978 für den Mann aus Polen, den ersten nichtitalienischen Papst seit 456 Jahren, gestimmt haben. Sie haben mit dieser Wahl Ge- schichte gemacht. Inzwischen hat dieser Mann selbst Ge- schichte gemacht. Würde es nicht vielleicht heute in man- chen Ländern noch ganz an- ders aussehen (in Polen, auf den Philippinen, in Paraguay...) - ohnediesen Pontifex, seine Rei- sen und seinen unermüdlichen Einsatz für die Botschaft von der Freiheit und Würde des Menschen? Sind die Umwäl- zungen in Osteuropa nur auf Michail Gorbatschow und die Bevölkerung der dortigen Län- der zurückzuführen - oder hat da nicht auch die Stimme des 1981 bei einem Attentat fast getöteten Papstes vielen Ver- änderungswilligen Mut und Halt gegeben?

Dabei ist Johannes Paul II. nicht wie manche seiner Vor- gänger ein Politiker oder Di- plomat auf dem Stuhl Petri, sondern ein Seelsorger, ein menschlicher und sportlicher Verkünder der Frohbotschaft.

Sicher, Johannes Paul II. ist - nicht zuletzt auch wegen sei- ner Bischofsernennungen nicht unumstritten. Nur weni- ge bejahen alle päpstlichen Handlungen und Entscheidun- gen. Oft kritisieren jene, die die Aussagen zu Sexualmoral und Empfängnisregelung unter- stützen, die Sozialenzykliken, während es andere genau um- gekehrt halten, und manchen ist der Papst in allem zu kon- servativ.

Es mag in diesen Bereichen relativ am leichtesten sein, den Papst, der sich sonst allen Ein- stufungen in „konservativ" oder „progressiv" entzieht, ein- zuordnen und mit kritischen Augen zu betrachten, aber für ein solches Unterfangen ist der 18. Mai 1990 nicht der richtige Anlaß. Ein 70. Geburtstag ist kein Anlaß zum Kritisieren, sondern zum Gratulieren!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung