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Graz: Mehr Fragen als Antworten

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Leberbeschauer der österreichischen Innenpolitik konnten am Sonntagabend getrost zu ihrer Leber zurückkehren: Aus dem Grazer Gemeindewahlergebnis war für die Bundespolitik wenig Ertragreiches herauszulesen. Es warf mehr Fragen auf, als es beantwortet hat.

Alexander Götz, gewiß, ist politisch vorläufig tot. Aber lebt Norbert Steger deshalb besser? Nützt die Niederlage des einen Flügelmannes der Partei dem anderen oder schadet das Debakel einer Landesparteigröße auch dem Bundeshaupt?

Die ÖVP hat 486 Stimmen oder 1,1 Prozentpunkte und einen Stadtsenatssitz dazugewonnen, den Koalitionspartner aber verloren. Der Bürgermeistertraum des tüchtigen, aber vom Pech verfolgten Franz Hasiba ist vermutlich ausgeträumt. Und ÖVP-General- sekretär Michael Graff hat nach eigener Aussage „auch schon mehr gelacht“ als an diesem Wahlabend.

Mit einem Zuwachs von 0,7 Pro- zeritpunkten, was trotz absoluten Verlusts von 235 Stimmen einen Gemeinderatssitz mehr ergab, konnte SPÖ-Spitzenkandidat Alfred Stingl rechtens lächeln.

Er hat einen moralischen Anspruch auf den Bürgermeistersessel erkämpft. Hätte er ohne Kreiskys „Steuerpaket“ zwei oder drei Sitze gewonnen? Oder schrecken die neuen Steuern wirklich weniger, als anzunehmen war?

Die Alternative Liste Graz kann über 10.933 Stimmen (sieben Prozent) und vier Mandate jubeln.

Mit den mandatslos gebliebenen 2002 Stimmen der Grünen Mitte Österreich haben Alterna- tivlisten insgesamt 8,3 Prozent geschafft.

Interessant aber bleibt das Wie: Sie nahmen so gut wie alle Stimmen etablierten Parteien, allen voran den Freiheitlichen, weg. Aber neue, schon vor fünf Jahren der Wahl ferngebliebene Wähler konnten auch die Alternativen nicht mobilisieren.

Im Gegenteil: Die Wahlbeteiligung ging um 2560 Stimmen von 90,2 auf 88,5 Prozent zurück. Überraschenderweise stieg auch die Zahl der ungültigen Stimmen um 91 an. Nichtwähler und Ungültigwähler zusammen sind heute stärker als die Freiheitlichen in Graz.

Das bedeutet: Politisch Desinteressierte interessieren auch die Alternativen nicht. Dagegen knabbern die Grünen die traditionellen Parteien an — in Graz wie jüngst in Salzburg ganz erheblich die FPÖ. Der Warnschuß muß aber auch SPÖ und ÖVP gehörig durcheinanderbeuteln.

Die äußeren Zeichen deuten in Graz auf eine rotschwarze Rathauskoalition unter Bürgermeister Stingl. Wird Kreisky sie demonstrativ fördern, um durch Zusammenarbeit in einer Großgemeinde von der Notwendigkeit einer Bundeskoalition abzulenken? Oder wird er auch in Graz ein Duo hintertreiben, das er in Wien nicht will?

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