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Grenzen für den Handel
ökologische Landwirt- schaft, Erhaltung des Le- bensraumes: Klingt gut - aber erlaubt uns das der in- ternationale Wettbewerb? In Alpbach ist man zu folgen- dem Ergebnis gekommen:
ökologische Landwirt- schaft, Erhaltung des Le- bensraumes: Klingt gut - aber erlaubt uns das der in- ternationale Wettbewerb? In Alpbach ist man zu folgen- dem Ergebnis gekommen:
Das Europäische Forum Alpbach hat im Rahmen seiner Tagung 1990 mit dem Thema „Freiheit - Ord- nung - Verantwortung" unter in- ternationaler Beteiligung von Ver- tretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung eine Deklaration „Landwirtschaft und Weltwirtschaft" zum Regelwerk des Allgemeinen Zoll- und Handelsab- kommens (GATT) und der laufen- den Verhandlungsrunde (Uruguay- Runde) verabschiedet.
Forderungen dieser Deklaration sind insbesondere:
Beachtung der Gesetzmäßigkei- ten der Biosphäre;
Berücksichtigung der Mehrfach- funktion von Land- und Forstwirt- schaft;
Erhaltung der Produktionsbereit- schaft auf land- und forstwirt- schaftlichen Flächen;
Zulässigkeit der Mengensteue- rung in Produktion und Handel;
Erhaltung nationaler Gestal- tungsspielräume, wie zum Beispiel zur Abgeltung von Umweltmaßnah- men und zum Ausgleich von Stand- ort- und Betriebsnachteilen sowie zur Festlegung von Nahrungsmit- telqualitäten.
Die derzeitigen weltweiten und regionalen Umweltgefährdungen beruhen auf einer weitgehenden Mißachtung der Gesetzmäßigkei- ten der Biosphäre in unserer Wirt- schaft.
Um diesen Gefährdungen zu begegnen und die überlebenswich- tigen Ökosysteme zu erhalten, müssen deren Organisationsprin- zipien beachtet werden. Diese sind:
Solare Orientierung der gesam- ten Biosphäre,
geschlossene Stoffkreisläufe,
Vernetzung (Multifunktionalität) der Ökosysteme.
Aus diesen Organisationsprinzi- pien der Biosphäre ergeben sich für die Weltwirtschaft folgende Not- wendigkeiten:
Einschränkung des Verbrauches fossiler Primärenergieträger und Rohstoffe.
Restriktiver Einsatz nicht natur- verträglicher Stoffe sowie Reduk- tion von Stoffmengen, die in die Kreisläufe der Ökosysteme nicht mehr eingegliedert werden können.
Förderung von Produktionsver- fahren, die sich in die multifunk- tionalen Ökosysteme schadlos ein- fügen.
Verstärkte Bedarfsdeckung aus nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energiequellen.
Dabei kommt der Land- und Forstwirtschaft aufgrund ihrer Mehrfachfunktion eine zentrale Bedeutung zu. Diese Mehrfach- funktion beinhaltet zusätzlich zur Bereitstellung von Nahrungsmit- teln (Ernährungssicherung) vor allem die Erhaltung und Sicherung der ökologischen Basis für die ge- samte Bevölkerung. Dies bedeutet im einzelnen:
Schutz der Ressourcen Boden, Wasser und Luft;
Erhaltung genetischer Vielfalt der Biosphäre;
Bereitstellung von Grundstoffen;
Erhaltung, Sicherung und ökolo- gische Pflege von Landschaften.
Zur Wahrnehmung dieser Funk- tionen bedarf es der Erhaltung be- ziehungsweise Schaffung von re- gionalen Sozial- und Wirtschafts- strukturen in ländlichen Räumen.
Die Erhaltung der Produktions- bereitschaft auf den land- und forst- wirtschaftlich nutzbaren Flächen ist aus folgenden Gründen notwen- dig:
Anhaltendes Wachstum der Welt- bevölkerung;
Verlust nutzbarer Böden insbe- sondere durch Überbauung, Nut- zung mineralischer Rohstoffe, Ent- sorgung von Abfallstoffen sowie Erosion, Wüstenbildung und ande- re Degradationsformen;
zunehmender Flächenbedarf für nachwachsende Rohstoffe und Pri- märenergieträger;
Verminderung der Flächeninten- sität durch erhebliche Einschrän- kung des Einsatzes von fossiler Energie und chemischen Hilfsstof- fen in der Landwirtschaft;
Gefahr möglicher Ertragsminde- rungen und Verluste von Agrarflä- chen durch anthropogen ausgelö- ste klimatische Veränderungen.
Aufgrund der Besonderheiten der Agrarmärkte, insbesondere der geringen Preiselastizitäten, sind Mengensteuerungen erforderlich, um soziale Härten infolge von Preis- schwankungen und drastischer Ein- kommensminderungen zu verhin- dern. Dies ist eine notwendige Vor- aussetzung für die Wahrnehmung der multifunktionalen Aufgaben der Landwirtschaft.
Zur Sicherung der ökologischen Lebensgrundlagen und der langfri- stigen Sicherung der Versorgung mit Nahrungsmitteln müssen na- tionale ordnungspolitische Maß- nahmen zulässig sein.
Jene Vertragsparteien, die die obgenannten Prinzipien ihrer Wirt- schafts- und Agrarpolitik zugrun- de legen, haben das Recht, die zu deren Verwirklichung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.
Dies erfordert auch eine entspre- chende außenwirtschaftliche Absi- cherung unter Beachtung gerech- ter Wettbewerbsverhältnisse und auf der Grundlage des Prinzipes der Nichtdiskriminierung.
Aufgrund der vorstehenden De- klaration werden der Uruguay- Runde des GATT... Vorschläge unterbreitet.
Deklaration der Arbeitsgemeinschaft „Öko- logisch-soziale Marktwirtschaft auf dem Prüf- stand - Landwirtschaft und Weltwirtschaft" beim Europäischen Forum Alpbach 1990. Leiter der Arbeitsgemeinschaft waren: Univ. Prof. Win- fried Blum, Univ. Prof. Hans W. Popp und Prof. Heinrich Wohlmeyer.
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