6821149-1973_37_07.jpg
Digital In Arbeit

Grivas hat ausgespielt

Werbung
Werbung
Werbung

Erzbischof-Präsident Makarios III. von Zypern, der in der ersten Septemberwoche zu wichtigen Gesprächen mit dem griechischen Staatschef Papadopoulos nach Athen kommen sollte, hat dieses Treffen völlig überraschend aufgeschoben. Grund dafür können diesmal nicht mehr Meinungsverschiedenheiten zwischen Nikosia und der hellenischen Hauptstadt sein. Hat Präsident Papadopoulos doch in seinem Ende August an den zypriotischen Partisanenführer Grivas gerichteten Ultimatum, den Terror für den Anschluß der Inselrepublik an Griechenland unverzüglich einzustellen, klar für die Unabhängigkeitspolitik des 60jährigen Staats- und Kirchen-

Oberhauptes Partei genommen. Sogar Papadopoulos' bisher unversöhnlichste Gegner auf Zypern, wie vor allem die liberale Tageszeitung „Philelevtheros“, sind jetzt des Lobes über die Außenpolitik des Athener Machthabers voll, mögen sie auch seinem autoritären Inlandsstil nach wie vor mit größten Vorbehalten gegenüberstehen.

Die von Makarios gegebene Begründung seines Reiseaufschubes, den er mit bald zu erwartenden Endergebnissen der innerzypriotischen Verhandlungen zwischen der griechischen und der türkischen Volksgruppe begründete, sind daher durchaus ernst zu nehmen. Nicht zuletzt hat gerade UN-Generalsekretär Waldheim bei dem zweimaligen Aufenthalt in Nikosia am 29. und 31. August den raschen und erfolgreichen Abschluß dieser Gespräche gefordert, die sich schon seit 1968 hinziehen. Waldheim hat sich in seiner bisherigen Tätigkeit für die Weltorganisation größter Vorsicht befleißigt und niemals Anregungen oder Wünsche vorgebracht, deren Erfüllung ihm nicht schon im voraus zugesichert worden wäre. Dasselbe scheint nun auf Zypern von seiten der griechischen und türkischen Chefdelegierten, Kleridis und Denktasch, der Fall gewesen zu sein.

Die vor fünf Jahren unter günstigen Vorzeichen begonnenen und bis Mitte 1970 konstruktiv vorangekommenen Verhandlungen des „innerzypriotischen Dialoges“ hatten sich danin an der Frage der regionalen Selbstverwaltung der mehrheitlich türkischen Gebiete festgefahren. Forderte Denktasch für Zypern eine „kantonale Ordnung“ mit ausgesprochen föderativem Charakter, so wollten Kleridis und sein Hintermann Makarios nur von allgemeinen Rechten der Minderheit und einer Gemeindeautonomie etwas wissen.

Das Auftreten der sogar um den Preis einer Zweiteilung der Insel für den Anschluß Zyperns an Hellas kämpfenden Grivas-Partisanen in den letzten beiden Jahren hat die Makarios-Regierung in letzter Zeit doch konzilianter werden lassen. Sie hat damit jedoch anfangs bei den Türken wenig Gegenliebe gefunden. Erst das Auftreten türkischer Extremisten ließ nun auch Denktasch flexibler werden. Sein Wendepunkt scheint das Einschwenken der zyperntürkischen Oppositionszeitung „Halkin Sesi“ auf den Zweiteilungskurs und eine scharfe Polemik gegen die von Makarios' neuer „Reservepolizei“ in den Reihen der Gri-vas-Anhänger vorgenommenen Verhaftungen gewesen zu sein.

Heute besteht Denktasch zwar nach wie vor auf autonomen türkischen Regionen, und nicht nur Gemeinden. Hingegen hat er den Anspruch auf deren zentrale Verwaltung vom Türkenviertel in Nikosia aus aufgegeben. Gerade dieses Strukturmodell hatte bei den Zyperngriechen den Verdacht wachgehalten, daß die türkische Minderheit durch einen solchen Dualismus nur die Vereinigung ihrer Enklaven mit dem Staat von Ankara vorbereiten wolle.

Die Lösung, die sich in diesem Herbst auf Zypern anbahnt, ist eine Art Kantonalsystem eidgenössischer

Prägung. Die Griechen und Türken werden nicht wie bisher zwei getrennte Regierungen bilden, sondern nur auf regionaler Ebene getrennt herrschen. Vertreter der geplanten fünf griechischen und zwei türkischen Kantone sowie der bundesunmittelbaren Hauptstadt Nikosia bilden einen „Bundesrat“, dem alle von dem rein mehrheitlich zusammengesetzten Parlament gefaßten Beschlüsse zur Billigung vorgelegt werden müssen. Um das Ausmaß des türkischen Vetorechtes in diesem „Bundesrat“ wird zur Zeit zäh verhandelt.

General Grivas sieht sich von dieser Entwicklung ebenso in die Enge getrieben wie von der Absage Athens an seine angeblich im Namen des Mutterlandes unternommenen Anschlußaktivitäten. Grivas hat ausgespielt, wenn er nicht rechtzeitig aus seinem Geheimbunker in die zypriotische Innenpolitik übersiedelt, wo er immer noch der Stimmen und Unterstützung vieler Ma-karios-Kritiker von der bürgerlichen Rechten sicher wäre.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung