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Große Bildungsoffensive aus EG-Töpfen

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Die nach OECD-Berechnung 4,3 Prozent Arbeitslosen in Österreich klingen zwar im Vergleich zum EG-Durchschnitt (9,8 Prozent) relativ harmlos. Die rund 260.000 Betroffenen markieren aber eine alarmierende Rekordhöhe. Die Europäische Gemeinschaft versucht, mit gemeinsamen Maßnahmen gegenzusteuern. Diese Aktionen sind auch für uns interessant.

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Die nach OECD-Berechnung 4,3 Prozent Arbeitslosen in Österreich klingen zwar im Vergleich zum EG-Durchschnitt (9,8 Prozent) relativ harmlos. Die rund 260.000 Betroffenen markieren aber eine alarmierende Rekordhöhe. Die Europäische Gemeinschaft versucht, mit gemeinsamen Maßnahmen gegenzusteuern. Diese Aktionen sind auch für uns interessant.

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Verschärft wird die Beschäftigungskrise von einem anderen internationalen Phänomen, dem (scheinbaren) Paradoxon wachsender Arbeitslosenzahlen bei gleichzeitigem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.

Der scheinbare Widerspruch erklärt sich rasch: Während die Beschäftigungschancen von nur An- und Ungelernten immer stärker schwinden, erfordert der mit dem technologischen Fortschritt einhergehende Strukturwandel der Wirtschaft von den Arbeitskräften immer mehr berufliche Qualifikation. Der Wettlauf um qualifizierte Arbeitskräfte hat längst begonnen.

Im EG-Europa hat man mit diesen strukturellen Veränderungen, aber auch angesichts der Öffnung der Ostländer und der Konkurrenz durch die Vereinigten Staaten und Japan, den Stellenwert einer hochstehenden Aus- und Weiterbildung erkannt. Längst wird dem „für die Wettbewerbsfähigkeit entscheidenden Humankapital", wie es etwa im Delors Ii-Paket so bekenntnishaft heißt, die Rolle des wichtigsten Produktionsfaktors im rohstoffarmen Europa zugemessen, wo im Verhältnis zur Konkurrenz in Übersee viel zu kostspielig produziert wird.

Die Gewichtverlagerung auf das vielzitierte „Humankapital" ist nicht nur vor dem Hintergrund der technologischen Innovationen, des schärferen internationalen Wettbewerbs und des Funktionierens des EG-Binnenmarktes, sondern nicht zuletzt aus de-

mographischen Gründen ein Muß: Mehr als 80 Prozent der Erwerbsbevölkerung im Jahr 2000 sind bereits heute auf dem Arbeitsmarkt, kam von der EG-Kommission schon vor zwei Jahren der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl.

Die aus diesen Prognosen ins Auge springende Notwendigkeit einer Wei-terbildungsoffensive für Beschäftigte und Arbeitslo se hat in der EG zu einer Vielzahl nationaler, aber auch „ge-

meinschaftlicher" Maßnahmen geführt. So gibt es in mehreren EG-Ländern auch schon gesetzliche oder kollektivvertragliche Regelungen über den „Büdungsurlaub". Welche Bedeutung die berufliche Qualifikation in den EG-Ländern bekommen hat,

zeigt die Entwicklung der letzten Jahre klar: Von den Millionen neuen Arbeitsplätzen im EG-Raum wurden gut 70 Prozent von neu auf den Arbeitsmarkt gekommenen Arbeitskräften besetzt und nur der Rest von Arbeitssuchenden. Daß die Arbeitslosen, zumal die älteren und die „schwer vermittelbaren", bei dieser Dynamik auf der Strecke zu bleiben drohen, ließ die Brüsseler Strategen schon vor einiger Zeit zu „Gemeinschaftsaktivitäten" auf EG-Ebene schreiten. Zur - vor allem präventiven - Entschärfung der Gefahr drohender Arbeitslosigkeit wurden in der EG Ausbildungsund Qualifizierungsprogramme ins Leben gerufen, die sich - als probates Mittel der Beschäftigungspolitik -bislang sehr bewährt haben.

Gut dotierter Sozialfonds

Vor allem aus dem Europäischen Sozialfonds, der als einer der drei EG-Strukturfonds mit einem ansehnlichen Jahresbudget von 56 Milliarden Schilling ausgestattet ist, werden Weiterbildungsprojekte für Langzeitarbeitslose, Jugendliche, Frauen oder Arbeitnehmer in unterentwickelten Problemregionen im Umfang von jährlich 30 Milliarden Schilling finanziert. Durch Zuschüsse zu nationalen Qualifikationsmaßnahmen oder Einstellungsförderungen werden diese von Arbeitslosigkeit betroffenen oder bedrohten Personengruppen technologisch umgeschult, um ihnen die (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Um in den Genuß einer Förderung durch den EG-Sozialfonds zu kommen, müssen solche Ausbildungsprojekte eine grenzüberschreitende Dimension haben und ihre innovative Kraft aus der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft beziehen.

Für Österreich könnte diese Art der Ausbildungsfinanzierung besonders für gefährdete Klein- und Mittelbetriebe in den strukturschwachen Regionen sehr attraktiv werden. Offen stehen die Mittel der EG-Strukturfonds allerdings nur den Mitgliedsstaaten der Zwölfergemeinschaft.

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