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Große Erfolge bei der Schmerzbehandlung

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Den Schmerz fürchten viele Menschen mehr als die Krankheit. Unerträgliche Schmerzen machen das Leben unerträglich, ja erwek-ken sogar den Wunsch nach dem Tod. Neueste Erkenntnisse bieten die Basis für einen erfolgreichen Kampf auch gegen sehr starke Schmerzen.

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Den Schmerz fürchten viele Menschen mehr als die Krankheit. Unerträgliche Schmerzen machen das Leben unerträglich, ja erwek-ken sogar den Wunsch nach dem Tod. Neueste Erkenntnisse bieten die Basis für einen erfolgreichen Kampf auch gegen sehr starke Schmerzen.

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Die in fast allen Religionen vorkommende Sinndeutung des Schmerzes als Vorbereitung zur Erlangung des ewigen Heils oder als Strafe ist heute weitgehend verloren gegangen und damit auch die Bewältigung durch den Glauben. Aber auch die Medizin hat ihre Einstellung gegenüber der Schmerzbekämpfung geändert. Bisher wurde der Schmerz nur als Warnsignal oder Begleiterscheinung von Krankheiten betrachtet. Nun setzt sich die Ansicht durch, daß der Schmerz ein eigenes Krankheitsbild darstellt, bei dessen Entstehung körperliche, seelische und soziale Aspekte eine Rolle spielen und dementsprechend auch eine ganzheitliche Behandlung erfolgen muß. „Kein Mensch muß sinnlos leiden, auch einem Schwerstkranken kann heute geholfen werden, indem man die Schmerzen erträglich macht" postuliert Erich Aigner, Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Sterbebegleitung und Lebensbeistand.

Das moderne Konzept der Schmerzbekämpfung richtet sich nicht nur gegen die Krankheitsursache, sondern auch gegen die Symptome, die Entstehung, Leitung und Verbreitung des Schmerzes. Zu den häufigsten Methoden der Schmerzbekämpfung zählen verschiedene Blockadetechniken des lokalen und zentralen Nervensystems durch Analgetika und Anästhe-tika. Der Schmerzweg, etwa vom Fuß zum Gehirn, oder die Erinnerung an den Schmerz sollen blockiert werden. Besonders wichtig ist es, daß die

Schmerztherapie rechtzeitig einsetzt, sie soll schon als Prophylaxe beginnen und einen bestimmten Zeitplan einhalten. „Es ist sowohl unmenschlich als auch medizinisch obsolet, den Patienten um Erleichterung betteln zu lassen. Immer noch wird zu spät, zu wenig oder zu selten ein schmerzstillendes Medikament verabreicht. Das gilt vor allem für Opioide", bedauert Ilse Windbacher, Leiterin der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung der Mundipharma in Wien.

Vor allem die Vorurteile gegenüber Opioiden müßten weiter abgebaut werden. Die WHO hat bereits 1988fürdie Behandlung chronischer Schmerzen, vor allem bei Krebspatienten, einen Stufenplan für die Medikamentation ausgearbeitet, der auch die Verwendung von Opioiden, wie etwa Morphin vorsieht. Seit kurzem gibt es Morphin in Form von Filmtabletten, die oral eingenommen werden können und Langzeitwirkung haben. Wichtig dabei ist eine dem Schmerz entsprechend hohe Dosis, die gleichmäßig verabreicht wird. Es sollen weder Schmerzspitzen noch Medikametenspitzen, sogenannte Kicks oder Thrills entstehen. „Die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit besteht nämlich nicht, wenn der Morphinspiegel im Blut langsam ansteigt und konstant gehalten wird", widerlegt Rudolf Mora-wetz, Psychologe an der Schmerzambulanz der Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin in Innsbruck, das Argument, auf diese Weise werde man süchtig. „Durch eine geringe Anstiegsgeschwindigkeit der Konzentration wird keine Euphorie ausgelöst."

Erfolgreiche Schmerzbekämpfung hilft, den Teufelskreis von Angst, Hoffnungslosigkeit und Depression zu durchbrechen. Das trägt wahrscheinlich mehr zur Lebenserhaltung bei, als die Nebenwirkungen von Medikamenten schaden können.

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