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Große Last fur Kleine

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Das war die Ausgangslage für das Budget 1984: Werden keine Maßnahmen ergriffen, steigt das Defizit auf 127 und mehr Milliarden Schilling.

Und das ist das Ergebnis nach den Budgetberatungen der rotblauen Koalitionsregierung: Das Bruttobudgetdefizit wird knapp unter 95 Milliarden Schilling liegen, die Neu Verschuldung trotzdem knapp über 62 Milliarden

Schilling. Doch dieses „Geheimnis“ wird noch bis zur Budgetrede am 19. Oktober im Nationalrat gehütet.

Was bisher auf den Tisch gelegt wurde, ist das wirtschafts- und budgetpolitische Maßnahmenpaket der Regierung Sinowatz-Ste- ger: eine Zusammenstellung von Maßnahmen und Zahlen, die regierungsoffiziell Einsparungen und budgetentlastende Maßnahmen in der Höhe von 10,1 Milliarden Schilling für 1984 vorsieht, denen Belastungen aus Steuer- und Tariferhöhungen im Ausmaß von 17,5 Milliarden Schilling gegenüberstehen.

Die Opposition bezweifelt diese Rechnung und addiert 24,6 Milliarden Schilling an neuen Belastungen zusammen. Motto: Das ist nun das Mallorca-Paket plus Steger-Zuschlag.

Tatsächlich dürfte die auf uns zukommende Belastung dazwischen liegen. Denn manches, was die Regierung als „Einsparung“ feiert, entpuppt sich als simple Belastung.

Zum Beispiel: Das Maßnahmenpaket weist den Wegfall der Wohnungsbeihilfe von 30 Schilling monatlich als Einsparung aus.

Wo werden denn die 1,3 Milliarden Schilling insgesamt eingespart? Bei den Lohn- und Gehaltsempfängern: Jeder verliert 360 Schilling im Jahr, die der Arbeitgeber künftig statt an den Arbeitnehmer an die Pensionsversicherung abzuführen hat.

Die echten Einsparungen, sieht man von den Abstrichen ab, die die Ressorts in den Budgetverhandlungen machen mußten (man hört von rund sieben Milliarden Schilling), liegen knapp über vier Milliarden Schilling. Dazu zählen Einsparungen bei der Schulbuchaktion, Einsparung von Überstunden, Sparmaßnahmen im Sozialbereich, aber auch strengere Maßstäbe bei der Gewährung des erhöhten Karenzgeldes.

Ein großer Brocken der sogenannten Einsparungen ist lediglich als Umschichtung zu werten: 2,5 Milliarden Schilling werden aus Mitteln der Kranken- und Unfallversicherung in den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherung wandern.

Und — lobend sei’s erwähnt — dem Familienlastenausgleichsfonds werden 3,3 Milliarden Schilling zugeführt: Dabei werden (so gesehen kann man von einer Einsparung für den Bund sprechen) die Länder kräftig zur Kasse gebeten.

Im Belastungsbereich sind drei Maßnahmen von besonderem Gewicht: 12,5 Milliarden Schilling (davon gehen 4,1 Milliarden als Ertragsanteile an die Länder und Gemeinden) soll die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze ein- bringen, 3,4 Milliarden Schilling erwartet man (allerdings erst für 1985) aus der Sparzinsensteuer von 7,5 Prozent, von der nur Bausparverträge ausgenommen sind. Und 6,5 Milliarden Schilling sollen durch Beitrags-, Gebühren- und Tariferhöhungen für das Budget rekrutiert werden.

Nicht der Umfang der Belastungen ist irritierend — allen war bewußt, daß es einschneidender Maßnahmen bedarf —, was stört, ist die soziale Unausgewogenheit (siehe Seite 1).

Zwar hat die Regierung sozialpolitische Begleitmaßnahmen vorgesehen (kinderreiche Familien ab drei Kindern sollen einen jährlichen Abgeltungsbetrag von 1000 bis maximal 3000 Schilling erhalten, für über 300.000 Ausgleichszulagenbezieher sollen 300 Millionen Schilling Abgeltung bereitgestellt werden), doch mehr der Optik als der Effizienz wegen.

Belastungen plus Inflationsschub minus Abgeltung: Diese Rechnung ergibt für einkom- mensschwacheGruppen schmerzliche Einschränkungen bei der Lebenshaltung. Schon für die Familie mit einem Kind, schon für den Durchschnittspensionisten.

Mit diesen Maßnahmen wird sich die Steuer- und Abgabenquote um 1,5 Prozentpunkte wiederum auf 42,5 Prozent erhöhen. Norbert Steger ist damit nochmals wortbrüchig geworden: 42 Prozent Abgabenquote, forderte er im FPÖ-Wahlprogramm (Seite 16) „soll nur im Wege einer Volksabstimmung überschritten werden“.

Kurzum: Die Abgabenquote steigt, die Glaubwürdigkeit fällt. Auch das gehört zur Tendenzwende in der Budgetpolitik.

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