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Digital In Arbeit

Gründe klären, nicht „reparieren“

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FURCHE: Wie war Ihr medizinischer Befund, wie der Ihres Mannes, daß für Sie Methoden der künstlichen Befruchtung in Frage kamen?

FRAU N. N.: Mein medizinischer Befund ist in Ordnung, der Samen meines Mannes ist nicht in Ordnung. Ich bin jetzt vierzig Jahre alt, mein Mann fünfundvierzig. Ich habe mit neunundzwanzig Jahren geheiratet, bereits nach drei Jahren Ehe haben wir Kinder wollen, und es hat nicht funktioniert. Wir haben uns beide untersuchen lassen, haben eine einschlägige Beratungsstelle aufgesucht, haben verschiedenes ausprobiert. Dabei habe ich gemerkt, daß mein Mann nicht so hundertprozentig für ein Kind ist wie ich. Um meinem Kinderwunsch gerecht zu werden, haben wir es dann mit Inseminationen versucht.

FURCHE: Wo haben Sie die durchführen lassen?

FRAU N. N.: Ein Frauenarzt hat sie in einem Privatkrankenhaus durchgeführt. Wir haben aber sehr schnell die Insemination als starke psychische Belastung empfunden. Ich war damals beruflich als Organisationssekretärin tätig und konnte daher nicht jederzeit auf Abruf bereit sein. Wir haben drei Inseminationen durchführen lassen, eine IVF-Behandlung haben wir gar nicht versucht.

Nach einiger Zeit haben wir dann eine Adoption in Betracht gezogen. Nach der Anmeldung sind zwei Jahre vergangen, ohne daß wir ein Kind in Aussicht gehabt hätten, da haben wir unseren Adoptionsantrag zurückgezogen. , Etwa drei Monate später haben wir zufällig von einer schwangeren Frau gehört, die sich entschied, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Da haben wir uns neu für eine Adoption entschieden und das Kind gleich nach der Geburt bekommen.

FURCHE: Welche Reaktionen gab es auf Ihre Kinderlosigkeit in der Familie, im Freundeskreis?

FRAU N. N.: Uber die Versuche mit der Insemination haben wir in der Familie und im Freundeskreis

„Die Sinnhaftigkeit meiner Familiensituation ist mir klargeworden“ nicht gesprochen, die Adoption wurde allgemein akzeptiert.

Mit dem Wunsch nach einem eigenen Kind habe ich allerdings noch nicht abgeschlossen. Ich mache zur Zeit eine Ausbildung als Ehe- und Familienberaterin und habe das Gefühl, daß das der richtige Weg für mich istr

FURCHE: Mit Hilfe der Reproduktionstechnologien kann man sich über tieferliegende Ursachen der Kinderlosigkeit hinwegsetzen!

FRAU N. N.: Ich meine, daß es wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen, warum man keine Kinder bekommen kann, und nicht nur den Versuch einer „Reparatur“ zu machen.

FURCHE: Haben Sie darüber auch mit Beratern oder Psychologen gesprochen?

FRAU N. N.: Eigentlich wenig. Im Zusammenhang mit meiner Arbeit und meiner Ausbildung habe ich mehrmals Weiterbildungswochen in Richtung Selbsterfahrung besucht; dadurch ist mir die Sinnhaftigkeit meiner Familiensituation, so wie sie ist, klargeworden.

FURCHE: Gilt das auch für Ihren Mann?

FRAU N. N.: Er ist in Einzeltherapie, wir können vieles davon miteinander besprechen.

FURCHE: Wie altistlhre Adoptivtochter? Weiß sie, daß sie adoptiert ist?

FRAU N. N.: Jetzt ist sie acht. Als sie drei Jahre alt war, hatten

„Es entsteht viel Vertrautheit bei den Gesprächen über ihre Herkunft“ wir ein erstes Gespräch darüber, als von ihr die Frage kam: „Wie war es, als ich bei Dir im Bauch war?“ Dabei hat sie auch meine Traurigkeit darüber gespürt, daß sie nicht in meinem Bauch sein konnte.

Es ist schön und es entsteht viel Vertrautheit bei den immer wieder aufbrechenden Gesprächen über ihre Herkunft, die manchmal liebevoll und manchmal aggressiv sind. Es gab Zeiten, da wollte sie nachspüren, wie es ist, in meinem Bauch zu sein. Sie schlüpfte unter mein Gewand und sagte: „Jetzt bin ich ganz bei Dir drinnen!“ Mir scheint das Wissen um die eigene Herkunft wichtig. Name ist der Redaktion bekannt.

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