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Gruß an die Venus

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Zusammenarbeit von Österreichern und Sowjets? Es gibt sie wirklich - zumindest in der Weltraumforschung.

Der Höhepunkt dieser gemeinsamen Arbeit im Oktober vergangenen Jahres war zugleich Österreichs Einstieg in die interplanetare Raumfahrt. Mit einem Anteil an dem Projekt zweier Venussonden erwies sich dieser nicht nur als wohlvorbereitet und

spektakulär, sondern auch als wertvoll für die Grundlagenforschung einerseits und für die angewandte Nachrichtentechnik andererseits.

Nachdem die Spezialisten des Institutes für Weltraumforschung der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz, das eng mit dem Institut für Nachrichtentechnik zusammenarbeitet, bereits vor Jahren für das amerikanische „Space-Lab"-Unternehmen einzelne Teile lieferten, erhielten sie 1978 auch den Venussondenauftrag der Russen.

Damit begann eine zweijährige, intensive Entwicklungsarbeit, in der die Grazer Wissenschafter hochempfindliche elektronische Meßgeräte schufen. Jedes dieser Magnetometer besteht aus einer Elektronik-Box und einem Sensor, der an einer zwei Meter langen Stange an der rechten Son-nenzellentafel befestigt ist.

Mit diesen Geräten werden nun Messungen des Magnetfeldes der Erde, des interplanetaren Magnetfeldes zwischen Erde und Venus sowie des Magnetfeldes in der Umgebung der Venus durchgeführt.

Die Landeapparate von „Venera 13" und „Venera 14", die wenige Tage nacheinander starteten (doppelt hält besser) und pro Tag etwa zwei Millionen Kilometer zurücklegten, sind Anfang März bei wohl nicht mehr extremer denkbaren Bedingungen von 500 Grad Celsius Hitze und 100 Atmosphären Druck auf dem Boden des Morgen- und Abendsternes gelandet.

Der Restteil der Venussonden fliegt an dem todbringenden Himmelskörper vorbei und gibt als Relaisstation die Signale der gelandeten Teile an die UdSSR weiter. Von dort werden die Daten auch den beteiligten österreichischen Instituten zur Verfügung gestellt.

Da die Zusammenarbeit Österreich-Sowjetunion bisher ohne Schwierigkeiten verlief, wurde das Grazer „Raumfahrt"-Institut von der Sowjetischen Wissenschaftsakademie zur Teilnahme an einem noch bedeutsameren Vorhaben eingeladen. Koordinierende Gespräche in Moskau führten schließlich zur Mitwirkung der Österreicher an einem der schwierigsten Projekte der bisherigen Weltraumforschung: der erstmaligen Venus-Halley-Mis-sion.

Am 15. Dezember 1984 und am Christtag des selben Jahres werden je ein unbemanntes Raumschiff starten, Mitte Juni 1985 einen fallschirmgebremsten Teil auf der Venus absetzen und anschließend einmal die Sonne umkreisen. Anfang März des Jahres 1986 werden die Sonden dann knapp am Kometen Halley (der nur alle 76 Jahre in Erdnähe kommt) vorbeifliegen.

Der „Made-in-Austria"-Anteil an den Halley-Sonden „VEGA I und II" nennt sich „MISCHA". Diese Bezeichnung ist die Kurzform von „Magnetic field in the Interplanetary Space during the Comet Halley Approach" (Magnetfeld im interplanetaren

Raum während der Annäherung des Kometen Halley).

Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Magnetometer von „Venera 13 und 14". Die verbesserten Meßgeräte besitzen zusätzlich elektronische Einheiten (Microcomputer), die bereits an Bord eine Datenvorverarbei-tung durchführen können. Dadurch können noch mehr wissenschaftlich interessante Daten zur Erde gefunkt werden. Ergänzt werden die Sonden noch durch jeweüs zwei Sonnenzellentafeln, eine schwenkbare Plattform mit TV-Kamera, IR-Spektrometer und Plasma-Detektor.

Außer den Österreichern werden sich am sowjetischen „VE-GA"-Experiment auch Wissenschafter aus Frankreich, der

BRD, der DDR, der CSSR und aus Ungarn beteiligen. Daß diese insgesamt sieben Länder an dem einen Plan mitarbeiten, stellt eine weitere Neuheit in der interplanetaren Forschung dar.

Die beiden UdSSR-Weltraumschiffe werden dem Kometen Halley bereits einige Tage vor der Halley-Sonde „Giotto" der westeuropäischen Raumfahrt-Agentur ESA begegnen. Die beim Erstvorbeiflug gemessenen Daten sollen der ESA dadurch ein noch näheres Heranmanövrieren an Halley ermöglichen.

Ob die Sonden auch zu anderen Zwecken nützlich sein könnten, als zur Erforschung des Weltalls?

Univ.-Prof. Willibald Riedler, Leiter des österreichischen Weltraumforschungsinstitutes: „In

Zukunft wird es vielleicht möglich sein, Satelliten zur Energieversorgung heranzuziehen." Dazu, erklärt der Professor, müßte man im Weltraum quadratkilometerweise Solarzellen aneinanderreihen.

Einzig die Frage, wie die Energie auf die Erde gebracht werden kann, ist noch ungeklärt. „Mit

Mikrowellen könnte es eventuell gehen", meint Riedler.

Als Nachteil bezeichnet der Wissenschafter die hohe Leuchtkraft dieser „Weltraumenergiequellen".

Wer weiß, vielleicht werden Liebespaare im Jahr 2050 schon unter zwanzig Monden wandeln ...

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