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Guerilla-Import

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Sieht man von der traditionellen Integrationsrhetorik ab, so zeigt die Tradition - Schmuggel ausgenommen — ein scharf getrenntes Nebeneinander von Kolumbien und Venezuela. Ja, die lange Grenzlinie und anhaltende Grenzstreitigkeiten im Golf von Venezuela halten das Mißtrauen wach.

Dennoch startete Kolumbien heuer den Versuch, gemeinsam mit dem „feindlichen“ Nachbarn eine ölpipe-line zu bauen und zu betreiben.

In den siebziger Jahren intensivierte das traditionelle Kaffeeland Kolumbien seine ölprospektion. Mit Erfolg: In den achtziger Jahren kam der Durchbruch in den Feldern von Cano Limön hart an der venezolanischen Grenze. 200.000 Faß werden dort seit zwei Jahren gefördert, und damit wurde der Export möglich — öl rückte nach Kaffee an die zweite 'Stelle der Exportliste.

Gesichert wurde der Transport mit einer von der deutschen Mannesmann in einem internationalen Konsortium gebauten Pipeline, die das öl 800 Kilometer weit durch schwieriges Berg- und Dschungelland an die Karibik pumpt.

Indes, Kolumbien machte die Rechnung ohne die Guerilla. Jahrzehntelang war der castristische ELN (Ejercito de Liberacion Nacional) seiner geringen Zahl wegen toleriert worden, aber als unmittelbarer Nachbar der Ca-fio-Limön-Pipeline rückte er plötzlich zu strategischer Bedeutung auf.

Beraten vom Ex-Priester Domingo Perez (der sich als Nachfolger des 1966 gefallenen Guerillapfarrers Camilo Torres versteht), verlagerte sich der ELN zunächst auf Erpressung — hohe Summen gegen Waffenruhe — und heute auf das Sprengen der Pipeline.

Die 800 Kilometer Rohre in schwierigem Gelände sind nicht durchgehend zu bewachen, so gibt es immer wieder schwere Schäden, der Öltransport kommt zum Erliegen, große Mengen öl verseuchen das heikle Dschungelgebiet.

In dieser Situation machte Kolumbien seinem wenig geliebten Nachbarn Venezuela einen sensationellen Vorschlag: eine gemeinsame Pipeline durch das sichere Venezuela zum Hafen Maracai-bo zu legen und diese gemeinsam zu betreiben. Mitte Juli schickte Kolumbien zwei Prominente, die Exprä-sidenten Lopez Michelsen und Belisario Betancur, nach Caracas, um das Projekt zu besprechen.

Aber die — venezolanischen — Militärs wollten nicht, so-daß dieses für die Integration so attraktive und wirtschaftlich vernünftige Angebot vorerst einmal archiviert bleiben muß. Die Militärs haben Angst, daß die neue Pipeline die kolumbianische Guerilla nach Venezuela „saugen“ könnte.

Angst haben Venezuelas Sicherheitskräfte vor allem vor dem Import der „Narco-Guerilla“. Sie werfen der ELN vor, gemeinsame Sache mit dem Drogenhandel zu machen.

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