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Gute Absicht, wenig Taten

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Die materielle Lage der Familien in Österreich ist angespannt. Das wissen auch die Politiker. Mit Absichtserklärungen allein wird man die Situation nicht verbessern.

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Die materielle Lage der Familien in Österreich ist angespannt. Das wissen auch die Politiker. Mit Absichtserklärungen allein wird man die Situation nicht verbessern.

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Im Herbst 1984 richtete der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) eine Petition an die Abgeordneten zum Nationalrat, verbunden mit der Aufforderung, endlich konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Familien zu setzen.

Der KFÖ will vor allem gesetzliche Maßnahmen für

# eine Staffelung der Familienbeihilfen nach der Anzahl der Kinder sowie eine Verbesserung der Altersstaffelung;

# die jeweils zeitgerechte Anpassung der Familienbeihilfen an die allgemeine Kosten- und Preisentwicklung;

# die beitragsfreie Anrechnung der Erziehungs- und Pflegezeiten bei der Pensionsbemessung;

# ein Erziehungsgeld für alle Mütter sowie

# ein Steuersystem, das die Familie, vor allem die Mehrkinderfamilie, gerecht behandelt.

Besonderes Augenmerk schenkt der Familienverband auch jenen Familien, die sich in besonderen Schwierigkeiten befinden, wie etwa unvollständige Familien oder Familien, wo der Alleinerhalter arbeitslos geworden ist.

Wenn die Regierungserklärung die Familie schon als „Keimzelle der Gesellschaft” qualifiziert, dann, so der KFÖ, wäre es auch hoch an der Zeit, im Rahmen der Erneuerung des Grundrechtskatalogs den Schutz und die Förderung von Ehe und Familie in der Verfassung abzusichern.

Allein die Tatsache, daß der Familienverband eine Petition gleichen Inhalts schon in der letzten Legislaturperiode eingebracht hat, und der Blick auf die tatsächliche Situation der österreichischen Familien beweist, daß die Regierungspolitik der letzten

Jahre nicht gerade als besonders familienfreundlich bezeichnet werden kann.

Seit 13. März 1985 wird allerdings die Petition des Familienverbandes, die der Abgeordnete Alois Leitner eingebracht hat, wenigstens in einem Unterausschuß des parlamentarischen Familienausschusses beraten. Für den 30. April und den 3. Mai hat man noch zwei Sitzungstermine vereinbart. Kann man sich bis dahin nicht auf einen gemeinsamen Bericht oder Antrag an das Plenum einigen, droht der KFÖ-Peti-tion die Schubladierung.

An wohlmeinenden Absichtserklärungen fehlt es auch nicht auf seiten der Regierungsparteien. Zu einer grundsätzlichen Änderung in Richtung f amilienfreundlicher Politik fehlt es SPO und FPÖ aber offenbar am politischen Willen.

Die knappen öffentlichen Haushalte verringern darüber hinaus die materiellen Möglichkeiten für gezielte Familienförderung. Das Schicksal des 1954 eingerichteten Familienlastenausgleichsfonds kann als Beispiel herhalten. Nach seiner ursprünglichen Konzeption sollte dieser Fonds dem Ausgleich der Familienlasten zwischen denjenigen dienen, die die Lasten im Interesse der Gesamtgesellschaft tragen, und jenen, die solche Lasten nicht zu tragen haben und dennoch, bewußt oder unbewußt, daraus einen Nutzen ziehen.

Familie macht's billiger

In Zeiten wie diesen wurde dagegen der Ausgleichsfonds auch für andere Zwecke regelrecht „geplündert”: nicht nur zur Abgangsdeckung der Pensionsversicherung, selbst für den Ankauf von Panzern für das Bundesheer mußten die Gelder herhalten.

Mehr Förderung für die Familien bedeutet indes nicht zwangsläufig auch Mehrbelastung fürs Budget. Wenn Familienstand und Kinderzahl kaum steuerrechtlich Berücksichtigung finden, dann steigen eben die Aufwendungen für Sozialhilfen und Sonderzahlungen.

Wenn aber die Steuergesetzgebung mehr als bisher darauf ausgerichtet wird, die Familien selbst finanziell in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben wahrzunehmen, dann ist dies automatisch mit einer Entlastung der Sozialbudgets verbunden.

Familienminister Gertrude Fröhlich-Sandner wird am 8. Mai eine Erklärung zur Lage der Familien abgeben. Ob es diesmal zu mehr reicht, als zu einer „Leistungsschau”?

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