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Habbeladene Isolierung

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Die Athener Obristen erstrebten einen Umsturz in Nikosia seit Jahren. Sie spendeten Gelder für alle Widersacher von Maka-rios; sie förderten Attentate gegen ihn; sie bewaffneten Terroristen; sie bemühten sich, der Jugend Zyperns den Umgehorsam und die Verspottung der eigenen Regierung einzugeben. Das von Offizieren aus dem Mutterlande geführte zypriotische Heer („Nationale Garde“) wurde schon bald zum Zentrum der antidemokratischen Aktivität.

Zur selben Zeit, ah der .damalige Obristenchef Päpadö-poulos Makarios vorwarf,.er lasse es durch seine Intransigenz nicht zu einer Regelung der Probleme mit der türkisch-zypriotischen Minderheit kommen, attackierten ihn die Papadopoulos-Leute auf der Insel von der entgegengesetzten Richtung: Makarios sei nachgiebig zu den Türken und widerstrebe der „Enosis“, dem Anschluß Zyperns ans Mutterland, um weiter Staatsoberhaupt sein zu können.

Insgeheim stimmte Athen zu, daß Makarios Waffen aus der Tschechoslcnoakei einführte, um Reservetruppen für den Fall einer türkischen Invasion bewaffnen zu können. Nachträglich aber „entdeckte“ Athen die Waffenlieferungen und lancierte das Geschrei von einem „Kuba im Mittelmeer“.

Warum liat eigentlich die Militärdiktatur all diese Jahre gegen Makarios konspiriert, und warum hat sie, als alle Attentate, Drohungen und Aufstandsversuche der rechtsextremistischen „EOKA 2“ scheiterten, angegriffen?

Die Vorwürfe einer prokommunistischen Neigung von Makarios sind einfach lächerlich. Was seine Weltanschauung betrifft, ist Makarios zutiefst ein Mensch der Kirche, der zypriotischen Kirche, in deren Schoß, seitdem er ein Schulkind war, sich seine Persönlichkeit entfaltet hat. Was die Politik betrifft, ist Makarios als ein aufgeklärter Konservativer, der sich selbst als Anhänger des griechischen Königshauses deklariert, zu bezeichnen. Daß er die Beziehungen mit der Sowjetunion, mit China und mit der Dritten Welt pflegte, ist bei der Position Zyperns selbst für einen stumpfen Obristen nicht unverständlich. Es ist bezeichnend, daß der von den Putschisten zum Präsidenten nominierte Nikos Sampson die Weiterführung der blockfreien Außenpolitik verkündete.

Kein Plan, kein vernünftiger und halbwegs bis zum Ende durchdachter Plan besteht als Grundlage der Intervention der Junta in Zypern, die alles ausgelöst hat. Die Ausschaltung Makarios' und der freien Institutionen in Zypern war stets für die Obristen eine „natürliche“, weitere Stufe in ihrem Machtdrang und gleichzeitig eine Sicherung, daß die zypriotische Demokratie zur Wiederherstellung der Demokratie im Mutterlande nichts beitragen werde. Die Fehlschlage verleiteten nicht zum Nachgeben, sondern zur Eskalation. Nach allen Indizien ist der blutige Feldzug gegen das demokratische Zypern der persönliche Krieg des Brigadegenerals Ioan-nidis, der als Militärpolizeichef und Vorgesetzter von Folterknechten zur Prominenz aufgestiegen ist. Die haßbeladene Isolierung vom eigenen Volke, die prekäre Wirtschaftslage, der Druck aus der Türkei wegen der Ölvorräte in der Ägäis machen jeden Tag die Aufrechterhaltung der Diktatur mühsamer.

Ein „Erfolg' schien der Junta für ihr Weiterbestehen dringlich nötig. Auf Anregung ihrer extremeren Elemente unternahm sie das Abenteuer —• trotz aller Risken, die es zwangsläufig bedeutete. Wieder einmal floh ein bedrängtes, unpopuläres System nach vorn — und diesmal schnurgerade in einen Krieg.

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