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Habsburgs heüe Welt in Öl

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Unbekannt, sogar Fachexperten, aren bislang jene 94 Gemälde mit historischem oder religiösem Inhalt, die jetzt - nur selten chronologisch, thematisch oder stilistisch geord- net, sondern den Größenverhält- nissen der Schauräume angepaßt - bis 28. Oktober unter dem Titel „Gott erhalte Österreich" im bur- genländischen Schloß Halbturn ausgestellt sind. Es handelt sich um Ölbilder und Grafiken, die im Auf- trag des Kaiserhauses zwischen 1804 und 1918 bestellt oder in Ausstellungen erworben wurden.

Anders als die ab der Regierungs- zeit Kaiser Franz Josephs vom Ministerium für Kultur und Unter- richt für die öffentlichen Samm- lungen bestimmten Werke der „Modernen Kunst" wurden sie aus der Privatschatulle der Monarchen bezahlt und waren dazu auserse- hen, entweder die Zimmer zu schmücken oder die Sammlung der Kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere (ab 1917 Österreichische Staatsgalerie, nun Österreichische Galerie) zu komplettieren.

Besonders kurzfristig waren Wertschätzung und Präsentation des Monstergemäldes „Der heilige Severin segnet das Land Öster- reich". Es übertrifft in seinen Ausmaßen noch Friedrich Hein- rich Fügers klassizistisches, 3,15 Meter mal 2,52 Meter großes Ölge- mälde „Allegorie des Friedens", das auf den für die Halbturner Veranstaltung werbenden Plaka- ten prangt.

Kaiser Ferdinand I., „der Güti- ge", hatte es 1845 bei Johann Gu- stavDittenberger bestellt. Erst 1849 vollendet, blieb es infolge seiner durch die Märzrevolution unpo- pulär gewordenen Thematik nur ein paar Wochen in der Hofburg. Zeigt es doch den „Apostel aus Noricum" in der Mitte, darüber in der Himmelsglorie schwebend die habsburgischen Ahnen auf der ei- nen und die Babenberger auf der anderen Seite, während unten „das Volk um die Früchte des Bo- dens und des Fleißes bittet" und die personifizierten Königreiche Böhmen, Ungarn und Lombardei den Insignien der Dynastie huldi- gen.

Der junge Kaiser Franz Joseph ließ das Bild ob des zum Ausdruck kömmenden „dynastischen Wunschdenkens" in die Kaiserli- che Gemäldegalerie abschieben. Dort rollte man es zusammen und schaffte es ins Depot. Erst kürzlich holte man es aus der Versenkung. Kleinteilige Wellenverformungen über die gesamte Bildfläche zeugen davon.

Nicht alle Werke der auf gezielte Kunstförderung zeitgenössischer Maler ausgerichteten Privatsamm- lung der Kaiser Franz I., Ferdinand I., Franz Joseph I. und Karl I. wur- den so nachlässig aufbewahrt. Trotzdem - im Depot der Österrei- chischen Galerie vegetieren die meisten der Religion, Kirche und Staat verherrlichenden, unter- schiedlichen Stilrichtungen des 19. Jahrhunderts verpflichteten Male- reien dahin. Grund dafür ist Platz- mangel in den Schauräumen des Belvederes und nicht unbedingt mangelnde Qualität beziehungs- weise leeres Pathos, die uns Heuti- ge trotz artistisch beherrschter, häufig an Dürer, Raffael, Rem- brandt und Tizian geschulter Tech- nik stören.

In Halbturn findet der Besucher einige Veduten mit Ansichten von Kirchenbauten und Genrebilder mit der Darstellung religiöser Bräuche, die nicht bloß dann und wann in einer Sonderausstellung zu sehen sein sollten. Dazu gehört Ferdinand Georg Waldmüllers Genrebild „Christbeschenkimg".

Im burgenländischen Feudalbau des Lucas von Hildebrandt sind sie nun vorübergehend alle vereint: die wie inszeniert wirkenden Werke und die verträumten, die eines Karl Blaas und die der religiös-patrioti- schen Nazarener von Josef Füh- rich, Leopold Kupelwieser und Ludwig Schnorr von Carolsf eld bis hin zu Moritz von Schwind. Und man sieht künstlerische Höhepunk- te. Beispielsweise Josef Danhau- sers Abhandlung vom „Prasser" und der „ Klostersuppe", Rudolf von Alts Ansichten vom Stephansdom und Peter Fendis proimpressioni- stische „Feldmesse am äußeren Burgplatz".

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