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Hans Dichand und sein „Presse“-Schwarm

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Seit Wochen will das Gerücht nicht verstummen, daß Hans Dichand, Chef und Miteigentümer der „Kronen-Zeitung“, auch Miteigentümer der renommierten Tageszeitung „Die Presse” wird - oder gar schon ist. Er und die „Presse” - Eigentümer beruhigen freilich: Essei noch nichts passiert und „es wird auch nichts in dieser Richtung passieren”. Was wirklich passiert, weiß freilich noch keiner.

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Seit Wochen will das Gerücht nicht verstummen, daß Hans Dichand, Chef und Miteigentümer der „Kronen-Zeitung“, auch Miteigentümer der renommierten Tageszeitung „Die Presse” wird - oder gar schon ist. Er und die „Presse” - Eigentümer beruhigen freilich: Essei noch nichts passiert und „es wird auch nichts in dieser Richtung passieren”. Was wirklich passiert, weiß freilich noch keiner.

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,„Die Presse' müßte meines Erach­tens die österreichische Zeitung wer­den“, kam Hans Dichand im März des Vorjahres ins Schwärmen. Er könnte sich, so der Chef des Kleinformates über die Zukunft der großformatigen „Presse“, vorstellen, „daß man aus die­ser Zeitung sehr sachte eine liberale Zeitung macht, mit einem Herausge­berkonsortium etwa nach dem Vorbild der .Frankfurter Allgemeinen Zeitung*, und daß man das durchführt ohne Re­volution, bei der die Köpfe in der Re­daktion rollen müssen“.

Seit die Grazer „Kleine Zeitung“ Anfang Dezember die Frage iij den Raum gestellt hat, ob „Die Presse“ nun die Segel streichen müsse, weil sie von

der Hans Dichand und Kurt Falk gehö­renden Wiener Pressehaus-Druckerei durch eine bevorstehende Druckkosten­erhöhung unter Druck gesetzt worden sei, wollen die Gerüchte nicht verstum­men, daß Hans Dichand an der „Presse“ beteiligt wird - oder gar schon beteiligt ist.

Dichand, so eine Vermutung, die in der Vorwoche in Branchenkreisen die Runde machte, sei bereits mit 20 oder 25 Prozent „Presse“-Mitbesitzer. An­dere sprachen von einem 40prozentigen Anteil und handelten auch schon Di­chand-Vertrauensmann Ernst Trost von der „Kronen-Zeitung“ als neuen Chefredakteur.

Die Eigentümer der „Presse“, die sich im 1974 gegründeten „Verein zur Förderung der freien bürgerlichen Presse in Österreich“ zusammengefun­den haben, dementieren Verkauf und Verkaufsabsicht.

Der Wiener Anwalt Erich Schröfl, gleichzeitig auch Vereinsobmann, ohne dessen Unterschrift auch keine Verein­barungen geschlossen werden könnten, versichert: „Ich habe als Obmann we­der solche Verhandlungen geführt noch Vereinbarungen getroffen.“

Und die Vereinsmitglieder, die das Sagen haben, hüllen sich teils in Schweigen, teils reagieren sie, auf das Thema angesprochen, verärgert.

Zu den Schweigern zählt Rudolf Sal- linger, Präsident der Bundeswirt­schaftskammer: „Über eine Frau und eine Zeitung spricht man nicht.“

„Das sind alles rein erfundene Ge­schichten“, bestreitet auch Karl Ditt­rich, Präsident der Wiener Handels­kammer, dem nachgesagt wird, daß er eine „Kooperation“ mit Dichand be­fürworte, kursierendes Gemunkel. „Die ganzen Gerüchte sind wirklich nur deshalb entstanden, weil wir um einen neuen Druckvertrag mit dem Presse­haus verhandeln.“

Was auch Hans Dichand bereitwillig bestätigt. Natürlich habe auch er von den Gerüchten gehört, daß er bereits „Presse“-Miteigentümer sei, „aber ich bin es nicht und sehe auch nicht, wie

ich’s, werden könnte“, erklärte er auf eine konkrete FURCHE-Anfrage, ob­wohl er zugibt: „Das ist der Traum ei­nes jeden Journalisten ...“

Und weiter: „So etwas ist für mich in keiner Weise aktuell und Sie werden se­hen, es wird auch nichts in dieser Rich­tung passieren.“

An der „Presse“, meint er zudem, könnte er sich gar nicht beteiligen, „weil ich ja mit meinem Partner (Kurt Falk) einen Vertrag habe. Wir dürfen zwar aufgrund unserer Verträge Wo­chenzeitungen machen, aber wir dürfen einzeln keine Beteiligung an einer Ta­geszeitung haben.“

Formal stimmt das. Formal stimmt ebenso, daß die derzeitigen „Presse“- Eigentümer nicht einfach Anteile ver­kaufen können. „Weil’s Anteile an ei­nem Verein“, so Advokat Schröfl kor­rekt, „nicht gibt“, lediglich eine Mit­gliedschaft.

Für den Fall einer Änderung der Ei­gentumsverhältnisse bei der „Presse“ durch die Beteiligung von anderer Seite müßte demnach eine neue Rechtskon­struktion gefunden werden. Das ist die Theorie.

Theorie ist auch, daß sich zwar Hans Dichand allein nicht in „Die Presse“ einkaufen könnte, wohl aber Dichands und Falks Pressehaus-Druckerei. Und dieser theoretische Hintergrund könnte in den laufenden Druck- und Vertriebs­verhandlungen praktische Bedeutung erlangen.

Zwar läuft der geltende Druckver­trag der „Presse“ mit dem Pressehaus erst 1983 aus und müßte erst per Jah­resende 1981 gekündigt werden, doch stellt das Pressehaus auch auf neue Druckmaschinen und neue technische , Verfahren um.

Eine Umstellung, die bereits voll im Gange ist, auch für „Die Presse“. Mit den Wochenprodukten, etwa Eco-Jour- nal, Magazin und Spektrum, wird schon Anfang März begonnen; bis Sep­tember soll auch die tägliche „Presse“ umgestellt seih.

Dabei gibt es nicht nur technische Probleme zu bewältigen: Die Umstel­lung wird nämlich vom Drucker so voll­zogen, als gäbe es bereits einen unter­schriebenen neuen Druckvertrag. Den gibt es eben nicht, aber um ihn ranken sich derzeit die Gerüchte.

Dazu kommt noch: Offiziell gibt es weder eine Kündigung des Druckver­trages noch eine Forderung nach höhe­ren Druckkosten. Im Raum steht ledig­lich der vage Drucker-Wunsch, die Druckkosten für „Die Presse“ um rund 25 Prozent hinaufzuschrauben.

Während Dichand von einer „sehr guten Verhandlungsatmosphäre“ spricht und glaubt, „daß wir diese offe­nen Probleme in einem für beide Seiten günstigen Sinn beschließen werden können“, wollen Insider von einer Ver­handlungsatmosphäre noch überhaupt nichts bemerkt haben: „Weder sachlich noch inhaltlich ist etwas passiert.“ Ende Jänner will man weiterreden.

Wobei die Zeit für Dichand und ge­gen „Die Presse“ arbeitet: Denn je län­ger sich die Verhandlungen hinziehen, desto schwieriger könnte es für die Zei­tung werden, eine Alternative zu fin­den.

Wehn nämlich „Die Presse“ einen von Dichand geforderten Preis letztlich doch nicht akzeptieren kann, muß sie Ende 1981 mit ihrer Kündigung rech­nen. Sie steht dann 1983 ohne Drucker da. „Und da gibt es niemanden, der uns in der Kündigungsfrist eine neue Druk- kerei baut“, sieht „Presse“-Geschäfts- führer Johann Fritz die Schwierigkei­ten und drängt darauf, „die Entschei­dung jetzt zu treffen“.

Womit unausgesprochen die Alter­native klar wird: Entweder „Die Presse“ zieht aus dem Pressehaus aus oder sie geht mit ihm eine engere Bin­dung ein, die ausschließt, daß ihr via Druckkosten auch in Zukunft Schwie­rigkeiten bereitet werden: eben eine Be­teiligung.

Würde sich „Die Presse“ für eine an­dere Druckerei noch rechtzeitig ent­scheiden (ein diesbezügliches Angebot bei einem Druckvertrag über zehn Jah­re gäbe es bereits), könnte sie noch an einer Wiener „Aktion zur Förderung der Tageszeitungen“ mitnaschen, die vorerst nur für die Druckerei von „Ku­rier“, „Kronen-Zèitung“ und „Arbei­ter-Zeitung“ maßgeschneidert ist: Die proßen und der SPÖ-Betrieb bekom­men Geld, alle anderen, auch Wochen­zeitungen, sollen leer ausgehen. Eine eklatante Ungerechtigkeit.

Ab heuer können nämlich nur die ge­nannten Betriebe mit einer einmaligen Förderung ihrer baulichen und maschi­nellen Investitionen zur Umstellung auf die neuen Druck- und Satztechnologien (Lichtsatz) mit jeweils maximal 90 Mil­lionen Schilling rechnen, während „Die Presse“, da einstweilen im Lohndruck hergestellt, vorerst kein Geld erhält.

Sicher ist nur, daß etwas passieren muß. Was freilich passiert, weiß zur Stunde noch keiner.

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