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Hassen heißt: unablässig morden

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Hünxe, Hoyerswerda, Cottbus, Rostock, Mölln, jetzt Solingen: Die Spirale von Haß, Gewalt und Vergeltungs-drang dreht sich in Deutschland blutig und mörderisch weiter. Nach den Kerzen, die für sie brannten, brennen wieder Häuser, in denen Ausländer leben.

Die Hoffnung Bonns, durch das neue Asylrecht, das den einen bereits zu weit, den anderen noch immer zu wenig weit geht, die Situation zu entschärfen, wurde mit den Morden in Solingen schon nach wenigen Stunden schwer erschüttert.

War denn nicht bereits Vernunft und Ruhe eingekehrt? Richtig daran ist nur, daß das Thema der Gewalt gegen Ausländer aus den Schlagzeilen der Medien verschwunden und anderen „Sensationen- gewichen ist. Faktum hingegen ist, daß ja in den letzten Monaten des Jahres 1992 in Deutschland jeweils an die 1.000, in den ersten Monaten des heurigen Jahres im Schnitt rund 500 Anschläge mit ausländerfeindlichem Hintergrund durch Rechtsextremisten, Neonazis und Skinhead-Gruppen registriert worden sind. 17 Menschen wurden im Vorjahr ermordet, fünf jetzt in Solingen.

Wer wo immer der Theorie anhängt, daß Medien durch ihre Berichterstattung Sachverhalte aufbauschen und sie in ihren wahren Dimensionen verzerren, mehr noch, daß eigentlich die Nicht-Berichterstattung schon die Lösung eines Problems wäre, das es damit ja dann auch nicht gäbe, kann an diesem Fall nachvollziehen, wie unheilvoll es ist, sich trügerische Ruhe zu wünschen. Das Erwachen ist fürchterlich.

Empört, aber eigentlich ohnmächtig, ratlos und verzweifelt stehen die Demokraten den ausländerfeindlichen Verbrechen gegenüber. Mahnungen verhallen, die Gegengewalt randaliert und eskaliert. Die Angst vor dem nächsten Mal ist allgegenwärtig.

Intoleranz bereitet Gewalt und grausamem Haß den Weg. Und hassen heißt: unablässig morden. Die Opfer sind Türken in Deutschland ebenso wie Kurden in der Türkei oder Moslems, Kroaten und Serben in Bosnien. Die häßliche Fratze hat viele Gesichter. Und wieder einmal hat es Alois Mock am Sonntag in der „TV-Pressestundeauf den Punkt gebracht: „Die Dämonen der Vergangenheit sind nicht tot. Sie haben nur gewartet, wieder hervorgerufen zu werden.-

Das Spiel mit Vorurteilen, mit Intoleranz und Haß ist - wo und wer immer damit agiert - letztlich immer ein Spiel mit dem Feuer. Dort hat die Brandverhütung einzusetzen, damit nicht - zu spät - der Hilferuf nach der Feuerwehr des Rechtsstaates erschallen muß.

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