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Haushüter-Agentur oder EDV-Studio ?

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Soll man in eine traditionelle Branche einsteigen oder auf neue Technologien setzen? Einen Betrieb gründen, kaufen oder franchisen? Wo liegen die persönlichen Chancen?

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Soll man in eine traditionelle Branche einsteigen oder auf neue Technologien setzen? Einen Betrieb gründen, kaufen oder franchisen? Wo liegen die persönlichen Chancen?

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Heute ist sicherlich die Zeit der Abenteurer unter den Firmengründern vorbei. Die Zeit, irt der es vornehmlich jenen „hemdsärmeligen“ Typ von Unternehmer gab, der auf Ideen, Fleiß und Durchsetzungsvermögen gesetzt und damit Erfolg hatte. Wo Antriebskräfte wie eine puritanische Leistungsethik und Familientradition in der Folge das Unternehmen prägten.

Bis in die frühen siebziger Jahre war der Markt groß, und Bedürfnisse konnten für fast alles und jedes geweckt und entsprechende Betriebe gegründet werden. Heute haben solche Kriterien an Schubkraft eingebüßt, läßt sich die wirtschaftliche Zukunft in unserer schnellebigen Zeit schwer prognostizieren, ändern sich Marktbedingungen von heute auf morgen.

Heute ist es wichtiger denn je, bei einer Unternehmensgründung nach Möglichkeit nichts mehr dem Zufall zu überlassen. Immer wieder ein Faktum, von Insidern kritisiert und durch Untersuchungen untermauert: Es ist nicht das fehlende Startkapital (es gibt genug Kredit- und Förderungsaktionen, das ist eine Frage der Information), nicht der Behördendschungel (da helfen genug Institutionen), was Jungunternehmer scheitern läßt. Es ist schlicht der

Mangel an Information und die falsche Einschätzung eigener Fähigkeiten.

Wer voller Ideen und dazu ein chronischer Optimist ist, fällt mitunter leicht der eigenen selektiven Wahrnehmung zum Opfer und vergißt, verschiedene Aufgabenbereiche seiner zukünftigen Tätigkeit schon vorher ob ihrer Durchführbarkeit abzuschätzen.

Dazu kommt, daß es in Österreich auch keine zentralen Auskunftsstellen gibt. Man muß daher geduldig alle relevanten Informationen bei den verschiedensten Stellen erfragen und sammeln.

Die erste Hürde, die es zu bewältigen gibt, ist die Wahl der richtigen Branche. Es ist natürlich leichter, in einem Bereich, den man aus eigener beruflicher Erfahrung kennt, eine Marktnische zu entdecken und sich dort einzunisten, als erstmals seine Fühler in einer (vermeintlichen) Erfolgsbranche auszustrecken. Welche Sparten nun tatsächlich zukunftsträchtig sind oder nicht, läßt sich fast nicht vorhersagen. Aufgrund der derzeitigen Konjunkturentwicklung in den USA und Langzeitstudien beispielsweise des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitutes lassen sich aber doch große Bereiche mit Erfolgsaussichten herausschälen (siehe Kasten).

Vor allem der Dienstleistungsbereich (z. B. Mediaplanung) und die Kommunikationstechnologie weisen beachtliche Zuwachsraten bei Betriebsgründungen auf.

Elektronik-Boom

Daneben gibt es das Phänomen, daß in vielen traditionellen Branchen, die den Erfolgszenit angeblich schon überschritten haben, gute Ideen auch wirklich „gehn“. Es erwies sich etwa in der angeschlagenen österreichischen Möbelbranche die Erzeugung von speziellen Kindermöbeln als Verkaufsschlager.

Der Beispiele gibt es viele, und ein vifer Salzburger Verlag macht damit bereits Geschäfte. Seit längerem wird zweimal monatlich die Broschüre „die Geschäftsidee“*) angeboten. Hier findet man eine Menge Anregungen für Marktnischen (z. B. ein Menü-Bringer-Service oder Vorschläge für eine Haushüter-Agentur).

Wie geht man nun am besten an die Verwirklichung seiner Vorstellungen heran? Die Kammern bieten in Zusammenarbeit mit Fachleuten eine Reihe kostenloser Informationen und preiswerte Seminare an. Es empfiehlt sich auch, derartige Veranstaltungen zu besuchen, um mehr persönliche und fachliche Qualifikationen zu erwerben. Trotzdem genügt es nach Ansicht von Wirtschaftsför-derungsinstituten oder auch von Betriebsberatern nicht, nur einen Kurs nach dem anderen zu belegen. Man läuft Gefahr, die unternehmerische Realität dabei nur sozusagen in der Retorte zu beobachten. Sie empfehlen eine Reihe von recht simpel klingenden, aber wirkungsvollen Methoden der persönlichen Marktforschung. Dazu gehört das Lesen von Fachzeitschriften, Besuch von Messen oder schlicht das Abgehen und Erkunden des ins Auge gefaßten Gebietes, um eine vorhandene Konkurrenz gleich vor Ort zu analysieren.

Das Gefühl, das hier entwickelt wird, wenn man selbst die Nase in den Markt steckt, ist psychologisch wertvoll und kann in den besten Seminaren nicht vermittelt werden.

Weiters gibt es eine Menge ungehobener Schätze an Untersuchungen, die für eine Betriebsgründung wichtig sind. Sie müssen nicht gleich ein klassisches Marktforschungsinstitut beauftragen, wenn Sie etwa die Bevölkerungsstruktur eines Gebietes analysieren wollen. Das Statistische Zentralamt*) oder das Wirtschaftsforschungsinstitut*) haben hier viele Ergebnisse aufbereitet.

Bei Existenzgründungen wird vielfach außer acht gelassen, daß es unter Umständen günstiger und sinnvoller sein kann, ein bestehendes Unternehmen aufzukaufen statt ein neues zu gründen.

Die Wiener Handelskammer hat in diesem Zusammenhang 1974 eine Marktlücke entdeckt und die sogenannte „Nachfolgerbörse“*) eingerichtet. Hier werden Inhaber von Betrieben, die keinen geeigneten Nachfolger haben oder aus sonstigen privaten Gründen ihren Betrieb abgeben, mit Interessenten an einer unternehmerischen Tätigkeit zusammengebracht. Allein 1984 wurden auf diesem Weg 53 Betriebe an einen Nachfolger vermittelt, seit Bestehen dieser Börse bereits 527. Mittlerweile gibt es diese Börsen

übrigens in fast allen Bundesländern.

Als Ergänzung wurde im Vorjahr in Wien die sogenannte Partnerbörse eingerichtet. Hier werden zwei oder mehrere Interessenten zusammengebracht, die in der Folge gemeinsam ein Unternehmen gründen oder fortführen wollen. Verknüpft werden hier konträre Fähigkeiten oder Interessen (z. B. persönlicher Einsatz mit finanzieller Potenz oder ein Techniker mit einem kaufmännisch talentierten Jungunternehmer).

Eine relativ neue Form des Unternehmerseins, wenn auch mit Einschränkung, ist das sogenannte „Franchise“. Hier übertragen etablierte Firmen den sogenannten Franchise-Nehmern das Recht, ihre Produkte oder Dienstleistungen mit dem jeweiligen Firmensymbol zu verkaufen. Coca-Cola beispielsweise funktioniert auf dieser Basis.

Der Nachteil dabei: Man muß in die eigene Tasche greifen und relativ hohe Einstandgebühren und Umlagen zahlen. Dafür übernehmen diese Firmen die Planung, Kalkulation, Finanzierung, die für alle einheitliche Ausstattung etc.

Standort planen

Ein weiterer wesentlicher Punkt für den Erfolg eines Unternehmens ist die Wahl des richtigen Standortes. Die Anforderungen sind dabei für jede Branche verschieden (siehe Kasten).

Geschäftslokale, Werkstätten, Betriebsobjekte und Grundstük-ke können am Realitätenmarkt nachgefragt werden. Die Stadt Wien verfügt in ihren Wohnhausanlagen und in den verschiedensten Zweckbauten über einen großen Bestand an Geschäftslokalen. Aufgeschlossene Grundstücke zu günstigen Konditionen werden in Wien zur Förderung der An- und Umsiedlung, insbesondere von Produktions-, Forschungs- und Großhandelsbetrieben, durch den Wiener Wirtschaftsförderungs-fonds zur Verfügung gestellt.

In fast allen Landeshauptstädten gibt es die sogenannten Be-triebsansiedlungsgesellschaften, die ebenfalls bei Kontakten oder Grundstückskäufen behilflich sind.

•)„die Geschäftsidee“, Pausingerstraße 7b, 5020 Salzburg. Tel. 0662/75007.

•)Statistisches Zentralamt, 1030 Wien, Hintere Zollamtstraße 2b, Tel. 0222/6628-0

•)Osterreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Postfach 91,1103 Wien, Tel. 0222/782601

•) Nachfolgerbörse und Partnerbörse der Wiener Handelskammer, Stubenring 8-10, 1010 Wien, Tel. 0222/52 65 65/K1. 308.

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