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Heikle Mission für Contadora-Gruppe

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Wenn es derzeit ein internationales Forum gibt, das in Zentralamerika eine friedliche Lösung vermitteln kann, so ist es die Contadora-Gruppe, deren Initiativen breite Unterstützung finden.

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Wenn es derzeit ein internationales Forum gibt, das in Zentralamerika eine friedliche Lösung vermitteln kann, so ist es die Contadora-Gruppe, deren Initiativen breite Unterstützung finden.

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Die Contadora-Gruppe setzt sich mit Mexiko, Kolumbien, Venezuela und Panama aus jenen Ländern zusammen, die dem zentralamerikanischen Isthmus nicht nur geographisch am nächsten liegen, sondern auch wirtschaftlich und in Hinsicht auf ihre gesellschaftliche Entwicklung am meisten von der Stabilität der Konfliktzone abhängen.

Dem Forum, das sich als lateinamerikanische Vermittlungsin-

stanz verstanden wissen will, ist es seit Jahresbeginn zwar nicht gelungen, konkrete Ergebnisse zu erzielen. Aber es hat dazu beigetragen, eine Katastrophe abzuwenden: Der schon lange erwartete Regionalkrieg ist bisher nicht ausgebrochen.

Nach der jüngsten Verhandlungsrunde, bei der Anfang September zumindest eine Einigung über eine programmatische Absichtserklärung erreicht werden konnte, herrschte vorsichtiger Optimismus. Dieser ist jedoch akuter Krisenstimmung gewichen, nachdem sich die militärische Situation um Nikaragua zugespitzt hat.

Die Konfliktparteien haben sich neuerlich an Internationale Organisationen um Unterstützung gewandt: die Sandinisten an die UNO und Costa Rica an die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS).

Bei der Contadora-Runde vom 8./9. September in Panama, wo zum insgesamt vierten Mal auch die Außenminister der fünf zentralamerikanischen Republiken beigezogen wurden, lag ein Projekt zur Diskussion vor, das die Friedensvorschläge der verschiedenen beteiligten Gruppen auf einen Nenner zu bringen versuchte. Der Entwurf war unter Federführung der Mexikaner ausgearbeitet worden und sollte diė Voraussetzungen für Entspannung und Frieden in der Region schaffen.

Der programmatische Katalog verbietet in sehr allgemeiner Form die Unterstützung von „Terrorismus, Subversion und Sabotage” und fordert Maßnahmen zur Abrüstung ebenso wie die Schaffung repräsentativer pluralistischer Systeme, Respekt vor den Menschenrechten, verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit und Schutz der Flüchtlinge.

In zähen Verhandlungen, die einmal mehr in Wortgefechten zwischen Nikaraguas Außenminister Pater Miguel d’Escoto und dessen honduranischem Amtskol legen Edgardo Paz Barnica gipfelten, wurden alle jene Abschnitte aus dem ursprünglichen Dokument eliminiert oder abgeschwächt, die konkrete Schritte zum Dialog nach sich ziehen müßten.

Dabei waren Verhandlungen nie dringender: Während die Minister noch in Panama tagten, unternahmen antisandinistische Rebellen einen Luftangriff auf den internationalen Flughafen von Managua. Eine 500-Pfund- Bombe schlug in unmittelbarer Nähe der Villa des Außenministers d’Escoto ein.

Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Angreifer im benachbarten Costa Rica gestartet waren, wo die Truppen des abtrünnigen Guerillakommandanten Eden Pastora praktisch ungehindert gegen Nikaragua operieren können.

Die schließlich verabschiedete „Absichtserklärung” konnte jedoch nicht in Kraft treten, da El Salvadors Außenminister Fidel Chävez Mena vor einer Rücksprache mit seinem Präsidenten Alvaro Magana seine Zustimmung nicht geben wollte. Erst dem neuen panamenischen Minister für Auswärtige Angelegenheiten Oy- den Ortega gelang es anschließend in einer Reise von Hauptstadt zu Hauptstadt, alle beteilig ten Regierungschefs zu einer Of- fizialisierung des Dokumentes zu bewegen.

Die Sandinisten verlangen die Beteiligung der Vereinigten Staaten und der salvadorianischen Oppositionsfronten FDR/FMLN als Partei an den Verhandlungsinitiativen. Die USA ziehen es jedoch vor, als Vermittler aufzutreten und hinter der Bühne zu agieren.

Die salvadorianische Linke bemüht sich um die Behandlung des bisher von der Tagesordnung ausgeklammerten El Salvador- Problems. Nach dem Willen der USA soll dieses Thema jedoch nur erörtert werden, wenn sich die Sandinisten gleichzeitig zu Gesprächen mit ihrer bewaffneten Opposition bereit erklären. Die Regierung in Managua hat sich bisher allerdings strikt geweigert, mit der vom US-Geheimdienst CIA finanzierten FDN („Demokratische Kraft Nicaraguas”), die von ehemaligen Offizieren der aufgelösten Nationalgarde angeführt wird, zu verhandeln.

Eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Nikaragua und seinen Nachbarn ist nach wie vor nicht auszuschließen, da weder Regierungen von Honduras noch von Costa Rica bereit sind, gegen die Aktivitäten der Konterrevolu tionäre auf ihrem •Territorium einzuschreiten.

Ende September wurden die Grenzstationen an der Panameri- kana — der wichtigsten transäme- rikanischen Straße — fast gleichzeitig überfallen. Im Norden besetzte die FDN den Grenzposten El Espino und hält ihn seither von Honduras aus unter Kontrolle, während von Costa Rica her die Leute Edėn Pastoras die nikaraguanischen Zolleinrichtungen von Penas Biancas mit Artilleriefeuer dem Erdboden gleichmachten.

Der sandinistische Verteidigungsminister Humberto Ortega erklärte daraufhin, daß seine Soldaten Weisung erhalten würden, die „Contras” in Zukunft auch über die Grenze zu verfolgen.

Anfang Oktober holten die rechtsgerichteten Regierungen der Region den Zentralamerikanischen Verteidigungsrat (CON- DECA) aus der Gruft, wo er seit dem „Fußballkrieg” zwischen El Salvador und Honduras (1969) geschlummert hatte. Costa Rica, das seit 1948 keine reguläre Armee unterhält, hat sich der bewaffneten Unterstützung der Vereinigten Staaten versichert.

In dieser Situation kamen die vier Contadora-Minister in einer Blitzaktion überein, zu den 20 Punkten des Septemberdokuments einen 21. hinzuzufügen: Abschluß eines Nichtangriffspaktes zwischen Nikaragua und seinen beiden Nachbarn.

Nikaragua, das sich um derartige Verträge seit Monaten vergeblich bemüht, sowie Costa Rica und Guatemala stimmten der Erweiterung des Maßnahmenkatalogs sofort zu, El Salvador und Honduras erst nach einigem Zureden. Doch erst, wenn die Verträge tatsächlich abgeschlossen und ratifiziert sind, wird man in Mittelamerika auf eine Entspannung hoffen können.

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