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Heiliger Wein

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Es mag hart klingen — aber der Wein ist (wenigstens in der katholischen Tradition) das unterschlagene Symbol der Eucharistie. Die Kelchkommunion für Laien war wiederholt in der Kirchengeschichte erbittert umstritten. Nach dem letzten Konzil wurde sie wenigstens für besondere Fälle wieder gestattet. Praktische Gründe haben nicht nur zur dünnen papierartigen Hostie, sondern auch zum fast völligen Verzicht auf die Kelchkommunion geführt.

Dabei vermerken die biblischen Einsetzungsberichte gerade bei den Stellen, wo Jesus den Aposteln den Wein reicht, daß „alle“ davon trinken. Wir handeln also auch in diesem Punkt dem Wortlaut des Bibeltextes strikt entgegen.

Es würde zweifellos ein ri- tualistisches Mißverständnis sein, wenn man davon die Rechtgläubigkeit insgesamt abhängig machen wollte. Doch ist diese auffallende Abweichung von der Weisung Jesu wenigstens eine ausführliche Nachdenklichkeit wert: Es werden wohl nicht nur hygienische Gründe dafür verantwortlich sein, daß man den Wein dem Priester vorbehielt. (Zumal die orientalischen und evangelischen Bräuche durchaus brauchbare Lösungsmöglichkeiten kennen).

Es liegt die Vermutung nahe, daß auch in der Symbolik des Weines — immerhin eines berauschenden Getränkes — ein bewußtes oder unbewußtes Motiv für die Unterdrük- kung des zweiten Zeichens der Eucharistie liegt.

Wenn man nach einem Getränk als Gegenstück zum Grundnahrungsmittel Brot sucht, dann fällt einem wohl als erstes das Wasser ein. Bei „Wasser und Brot“ zu leben bedeutet, auf das gerade noch Lebensnotwendige beschränkt zu sein, etwa im Gefängnis. Es mag verwundern, daß den eucharistischen Zeichen kein derart asketisches Ideal zugrunde liegt. (Der Bibelkenner weiß allerdings, daß Jesus keineswegs ein Asket, sondern eher ein lebens- und genußfreudiger Mensch war, seinen Feinden als „Fresser und Säufer“ verdächtig.)

Auch die Milch würde sich — sozusagen als „Urlebensmittel“ — anbieten, um dem Brot als Gegenstück zu dienen. Dennoch ist das biblische Zeichen für die Gegenwart Christi im Mahl Brot und Wein.

Neben der Assoziation des (ursprünglich verwendeten) Rotweins zum Blut, spielt dabei die Vitalität und Lebensfreude eine wichtige Rolle: Wie der Wein des Menschen Bewußtsein verwandeln kann, werden wir in die Wandlung der Gaben hineingenommen.

31. Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche.

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