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Heiliges Spiel

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Siebenter Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche: Jesu Leidensgeschichte in verteilten Rollen und Sternsingen.

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Siebenter Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche: Jesu Leidensgeschichte in verteilten Rollen und Sternsingen.

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Die Darstellung biblischer Szenen gehört seit langem zum Fundus religiösen Brauchtums. Einerseits in Bildern und Figuren, vom Andachtsbild bis zur Weihnachtskrippe — andererseits durch Menschen. Die wohl einfachste Weise hat sich in der offiziellen Liturgie erhalten, wenn in der Karwoche die Leidensgeschichte mit verteilten Rollen gelesen oder gesungen wird.

Hier kann man schon die kunstvolle Weiterführung bis hin zur großen Oratorienkomposition erahnen. Aber auch die literarische Paraphrase, etwa im Mysterienspiel, geht auf solche frühe Versuche zurück, Szenen aus der Heilsgeschichte nicht nur vorzulesen oder zu erzählen, sondern zu spielen.

Man möge nun die Rede vom Spiel nicht so verstehen, als ob es sich um etwas Unernstes oder nur eine Beschäftigung für Kinder handle. Vielmehr weist die Tradition vom Heiligen Spiel auf alte und elementare Wurzeln hin, auf die Gegenwärtigsetzung durch die darstellende Wiederholung. (Man bedenke nur, daß der Priester zur Wandlung in der Rolle Jesu die Einsetzungsworte in der Ich-Form sagt.) In der verdichteten Weise des Spiels wird die Aussage sinnlich und zeichenhaft erfahrbar.

Hintergrund des Sternsingens

In den letzten Jahrzehnten wurde gerade bei uns eine spielerische Art der Verkündigung populär, mit der eine Breitenwirkung weit über die Kirchenräume hinaus erreicht wird: das Sternsingen. Um den vollen Sinn dieses Brauches zu erkennen, muß daran erinnert werden, daß im sogenannten Dreikönigsfest das ältere Weihnachtsfest gefeiert wird. In der Gestalt der Sterndeuter aus dem Orient wird deutlich gemacht, daß Jesus zuerst den Vertretern der "Heidenvölker"erschienen ist. Deshalb der offizielle Name des Festes "Erscheinung des Herrn“.

In dieser Weihnachtsgeschichte des Matthäus wird den damaligen Judenchristen somit eine herbe Botschaft verkündet und zugleich in die Auseinandersetzungen um Heiden- und Judenchristen eingegriffen.

Es folgt sehr gut den Intentionen des Festes, wenn die Botschaft der Sternsinger den Gedanken der Mission, der Entwicklungshilfe und des universalen Christentums in den Mittelpunkt stellt. Es ist daher auch vom Standpunkt der Gemeindeliturgie durchaus richtig, die Sternsinger als "Evangelisten“ auftreten zu lassen. Denn sie verkünden das Evangelium in der Sprache ihres Spieles. Und das manchmal eindringlicher, als in der gewohnten Predigt möglich ist. Und weit über die Gemeinde hinaus von Haus zu Haus und Tür zu Tür.

Der Autor ist katholischer Seelsorger, Kirchenmusiker und Schriftsteller.

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