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Digital In Arbeit

Heimarbeit mit Computer

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Datenverarbeitungs- und Kommunikationstechnologie eröffnen Möglichkeiten mit enormen gesellschaftlichen Folgen: Viele Menschen werden wieder zu Hause arbeiten können.

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Datenverarbeitungs- und Kommunikationstechnologie eröffnen Möglichkeiten mit enormen gesellschaftlichen Folgen: Viele Menschen werden wieder zu Hause arbeiten können.

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Die Grenzen des Büroraums, bzw. des Bürogebäudes werden heute aufgehoben. Diese Möglichkeit nutzen schon viele Betriebe, um ihre Reisenden (mit tragbaren Terminals) und ihre Geschäftsstellen (Agenturen und Vertretungen) mit arbeitsplatzungebundenen Terminals auszurüsten. Die Möglichkeit der Verlagerung von Arbeitsvorgängen an beliebig lokalisierte Arbeitsplätze läßt aber auch die viel weiter-

gehende Möglichkeit der Verlagerung der Arbeitsplätze aus den Büroverwaltungen in die Wohnungen des Mitarbeiters zu.

Der informationstechnisch gestützte Heimarbeitsplatz erlaubt in besonderem Maße die Ausführung von Verwaltungstätigkeiten mit zum Teil sehr hohem Qualitätsprofil in der Wohnung. Diese wird gewissermaßen zur Büroaußenstelle, wobei nicht mehr Platz als ein vier bis acht Quadratmeter großer Bereich des normalen Wohnraums benötigt wird. Die Geschäftszentrale kann viele Kilometer weit entfernt sein.

Uber diese Büroheimarbeit sind praktische Erfahrungen in größerem Umfange in den USA gemacht worden. Dort gibt es zur Zeit schätzungsweise rund 100.000 elektronisch unterstützte höherwertige Heimarbeitsbüroplätze. Fachleute haben prophezeit, daß Ende des Jahrhunderts 20 Prozent aller im Büro und in der Verwaltung Tätigen ihren Arbeitsplatz zu Hause haben werden. In Europa ist Büroheimarbeit, die informationstechnisch gestützt wird, in größerem Umfang noch nicht üblich, wenn man von einigen Pilotprojekten absieht.

Welche bisher im Bürogebäude durchgeführten Verwaltungstätigkeiten eignen sich für die Tele-heimarbeit? Grundsätzlich kann man sagen: alle Aufgaben, die einigermaßen in ihrem Arbeitsprozeß standardisierbar sind und/ oder keine ständige persönliche Kommunikation erfordern. Die Erledigung von Schreibarbeiten in informationstechnologisch gestützter Heimarbeit ist technisch problemlos zu lösen und wirft in organisatorischer Hinsicht keine allzu großen Probleme auf.

Die computerunterstützte Textverarbeitung wirkt sich auch bei der Verlagerung von Sachbearbeitertätigkeiten positiv aus, wenn man von dem Problem der Zustellung der Arbeitsunterlagen an den Telearbeitsplatz absieht.

Die Eignung von Tätigkeiten im Programmierbereich zur Auslagerung an Telearbeitsplätze steht vor allem nach den US-Erfahrungen fest.

Von den Institutionen her sind für die Telearbeitsplätze besonders geeignet: Banken, Versicherungen, Bausparkassen, Energieversorgungsunternehmen, Büros von Industriebetrieben, aber auch staatliche (städtische) Verwaltungen einschließlich der Justiz-und Finanzverwaltung. Weiterhin kommen in Frage: Buchhaltungsangestellte aller Art, Immobilienbüros, Werbefachleute, Steuerexperten, Personalsachbearbeiter und andere Ein-Mann-Betriebe in Zusammenarbeit mit Zentralcomputern, Betrieben oder Verbänden oder entsprechenden Gemeinschaftseinrichtungen.

In den USA befragte Angestellte gaben als Vorteile der Heimarbeit an:

• Wegfall der Wegzeiten, wobei

die geldmäßige Ersparnis oft ebenso wesentlich ist wie die Zeitersparnis.

• Die Möglichkeiten, sich um die Familie zu kümmern; man kann sich flexibler den Erfordernissen von Kindern und Frau anpassen.

• Die Freiheit in der Arbeitsgestaltung: Man kann arbeiten, wenn die Kinder in der Schule sind oder schlafen. Man kann die Arbeitseinteilung von Tag zu Tag ändern.

• Verbindung zur Nachbarschaft: Es ist leichter, an den Ereignissen der Wohngemeinde und der Umgebung teilzunehmen. Die Nachbarschaftskontakte sind besser.

Nachteile können sein:

• Die Leistungskontrolle wird tendenziell formalisiert und dadurch unter Umständen intensiviert. Eine ergebnisbezogene Entlohnung ist unter Umständen die Folge.

• Die geringen Kommunikationsmöglichkeiten werden nicht immer durch Nachbarschaft und Familienbindungen ausgeglichen.

• Der geringere Kontakt zur Zentrale kann zur Vernachlässigung bei Gehaltserhöhungen und Beförderungen führen.

Falls die Teleheimarbeit sich durchsetzen würde, wären be-triebs- und volkswirtschaftliche sowie gesellschaftspolitische Konsequenzen von noch nicht abzusehendem Umfange die Folge: Der Verkehr würde weitgehend zu den Stoßzeiten entzerrt, der Treibstoffverbrauch ginge zurück. Lärm und Umweltverschmutzung würden geringer, strukturschwache Gebiete rückten näher an die Wirtschaftszentren heran. Es entstünde eine Lok-kerung der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, es bestünden Möglichkeiten zu größerer Selbständigkeit.

Der Konsum verlagert sich zum Teil aus den Innenstädten in die Wohnbezirke (was macht man mit den leerstehenden Büros in den Wirtschaftszentren?). Der soziologische Status verändert sich (zurück zur Familie).

Im Augenblick wird zwar von den Möglichkeiten der Telearbeit in Europa kaum und in den USA erst zögernd Gebrauch gemacht. Nach Schätzungen des Instituts für Zukunftsforschung an der Universität in Südkalifornien werden jedoch in den neunziger Jahren etwa 20 Prozent der in den Vereinigten Staaten tätigen Büroangestellten nicht mehr pendeln.

Der Autor ist Professor an der Universität München, dieser Beitrag ein Auszug aus seinem Vortrag auf dem Internationalen Kongreß „Datenverarbeitung im europäischen Raum" (19.-23. März in Wien).

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