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Heimkehr nach Sanssouci
Die Bayern kündigten einen „bayerischen Aufschrei" an, der bis Berlin zu hören sein werde und auch sonst gab es Aufregung in Deutschland: Am Freitag, 16. August, wird der Sarkophag mit dem, was von „Friedrich dem Großen" übrig geblieben ist, von der Hohenzollemburg in Hechingen nach Potsdam übergeführt. Dort, in Sanssouci, wird er, seinem letzten Wunsch entsprechend, endlich beigesetzt. 205 Jahre nach seinem Tod.
Der Ort der Beisetzung ist so ziemlich das einzige, was dem Testament des Königs entspricht. Er wollte „weder geöffnet noch einbalsamiert" werden und wurde es doch. Er wollte „ohne Prunk, ohne Pracht, ohne Pomp" begraben werden, aber schon 1786 wurde befunden, daß die Gruft auf den Terrassen von Sanssouci, die der König zu seiner Ruhestätte bestimmt hatte, „eines so großen Königs nicht würdig" war. Friedrich II. wollte nicht „der eitlen Neugier des Volkes zu Schau gestellt" werden -und wird es nun zum zweiten Mal. Denn nach seinem Tod waren Tausende Bürger, auch vom Land herbeigeströmt, um „den einzigen Landesvater noch einmal im Sarge zu betrachten". Beigesetzt wurde er zunächst neben der Gruft Friedrich Wilhelms I. unter der Kanzel der Garnisonskirche in Potsdam. Und jetzt das ganze noch einmal.
Wir Österreicher haben mit dem Preußenkönig unsere
Probleme. „Friedrich der Große" war er für uns nur die paar Jahre, die das 1000jährige Reich gedauert hat. Für Friedrich Heer ist Friedrich II. ein „künstlicher Mensch" und das „Produkt eines künstlichen Staates". Heer zählt ihn neben Hitler und Bismarck zu den Zerstörern Österreichs.
Immerhin haben wir mit ihm gemeinsam, zusammen mit den Russen, Polen geteilt. Maria Theresia habe dabei ein sehr, sehr schlechtes Gewissen gehabt, versichern uns die Historiker. Joseph II. wiederum scheint von Friedrich II. angetan gewesen zu sein. Nicht nur, weil Friedrich ein Aufklärer war, sondern auch wegen dessen Machtbewußtsein. Die Kaiserin war beunruhigt, wenn der Friede nur von den Preußen und Russen abhängen sollte: „Dann erhielte der christliche Glaube den letzten Stoß, und gute Sitte, Recht und Treue mußte man bei den Barbaren suchen gehen." So schrieb sie an ihre Tochter Marie-Antoinette.
Kontinuität der deutschen Geschichte? Kritiker, die hier Unbehagen äußern, tun dies zurecht. Wahrscheinlich handelt es sich auch um ein Mißverständnis: Friedrich II. fühlte sich eher als Franzose und war primär preußischer Machtpolitiker. Aber solange die Franzosen zu ihrem Napoleon in den Invalidendom pilgern, wird man den Deutschen wohl auch ihren „Großen Fritz" in Sanssouci lassen müssen.
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