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Heimlicher Griff nach den Familien-Milliarden

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Das Schielen der Politiker nach den Milliarden im „Topf” des Familienlastenausgleichsfonds darf nicht weiter verwundern: Denn seit Jahren werden auch Leistungen daraus finanziert, die nur mehr indirekt mit Familienförderung zu tun haben.

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Das Schielen der Politiker nach den Milliarden im „Topf” des Familienlastenausgleichsfonds darf nicht weiter verwundern: Denn seit Jahren werden auch Leistungen daraus finanziert, die nur mehr indirekt mit Familienförderung zu tun haben.

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Alljährlich zur Zeit der Budgeterstellung im Frühherbst finden sich Regierungspolitiker, die Geld aus dem FLAF haben wollen, um damit - oft verdeckt- andere Leistungen aus dem Budget zu finanzieren. Was verbirgt sich hinter dem vielzitierten Familienlastenausgleichsfonds?

Die indirekte „Geburtsstunde” des FLAF schlug am 16. September 1948 anläßlich des zweiten Lohn- und Preisabkommens. Die Sozialpartner einigten sich, die gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht ausschließlich durch wirtschaftlich untragbare Lohnerhöhungen abzugelten. Es wurden geringere Lohnsteigerungen, zugleich aber zusätzliche Geldleistungen an die Familienerhalter beschlossen. Ein neuer Fonds wurde gegründet, dessen Mittel durch einen Lohnverzicht zustandekamen. Am 1. Jänner 1955 trat das erste Familienlastenaus-gleichsgesetz in Kraft. 1967 wurden verschiedenste Beihilfen (Kinder-, Familien-, Mütter) zu einer Familienbeihilfe zusammengefaßt. Der damalige Finanzminister Wolfgang Schmitz sieht im Familienlastenausgleich keine „Umverteilung ,Reich auf Arm', sondern von Kinderlosen auf solche, die für Kinder-auch im Interesse der Kinderlosen - zu sorgen haben”.

Ab den siebziger Jahren wurden mehr und mehr sozial-, gesundheits-, bildungs- und arbeitspolitische Maßnahmen dem FLAF aufgebürdet. Nach Ansicht von Experten führte diese Aushöhlung des FLAF durch Fremdleistungen dazu, daß die Familienbeihilfen nicht im notwendigen Ausmaß erhöht werden konnten. Der „Familienbericht 1989” bestätigt die „Aushöh-lungs-Theorie”: Zum einen steigen die Kosten für die „Fremdleistung” Schulfreifahrt ständig an, während Familien- und Geburtenbeihilfe nur geringfügig erhöht wurden. Der Aufwand für die Schü-lerfreif ahrt stieg um 91 Prozent, der Beitrag zum Karenzgeld gar um 311 Prozent, während sich der Aufwand für die Familienbeihilfe um geringe 23 Prozent erhöhte. Zum anderen wurden die Dienstgeberbeiträge in der Ära Kreisky bis 1981 von sechs auf 4,5 Prozent gekürzt. Dadurch entgingen dem FLAF rund 110 Milliarden Schilling für den Zeitraum von 1978 bis 1992. Während die Einnahmen des FLAF von 1968 bis 1992 um 608 Prozent stiegen, stiegen die Ausgaben für die Familienbeihilfe nur um 378 Prozent.

Reservefonds am Ende

1991 verfügte der FLAF über 42,1 Milliarden Schilling. Davon wurden unter anderem für die Familienbeihilfe 31,4 Milliarden, 409 Millionen für den Mutter-Kind-Paß, 3,7 Milliarden für die Schülerfreifahrt und eine Milliarde für die sogenannte Gratis-Schul-buchaktion ausgegeben. Der Beitrag für das Karenzurlaubsgeld betrug 2,3 Milliarden, für die Pensionsbeiträge für das Karenzurlaubsgeld mußten weitere 787 Millionen Schilling aufgebracht werden. Für 1992 lautet der Budgetvoranschlag unter anderem folgendermaßen: 33,7 Milliarden für die Familienbeihilfe, 1,1 Milliarden für die Gratis-Schulbücher, 3,3 Milliarden für die Schülerfreifahrt und 501 Millionen Schilling für den Mutter-Kind-Paß. Rapid gestiegen sind die Ausgaben für das Karenzurlaubsgeld. Während sich die Pensionsbeiträge beinahe verdoppelten (1992: 1,5 Milliarden Schilling), sind für das Karenzurlaubsgeld 1992 mehr als 5,5 Milliarden veranschlagt.

Finanziert wird der FLAF (1991 Einnahmen von 42,124 Milliarden, 1992:47,872 Milliarden) größtenteils durch den Dienstgeberbeitrag ( 32,1 Milliarden Schilling im Jahr 1991, 1992 waren es 33,6 Milliarden). Hinzu kommen noch unter anderem eine Abgeltung von Ansätzen für die Einkommensteuer (jährlich rund 9,5 Milliarden Schilling) sowie Beiträge von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und der Länder (siehe Kasten). Um die Differenz zwischen Einnahmen (42,1 Milliarden Schilling) und Ausgaben (43,9 Milliarden) abdecken zu können, mußten 1991 aus dem Reservefonds 1,8 Milliarden locker gemacht werden. Das „Defizit” für 1992 beträgt 2,6 Milliarden. Am 1. Jänner 1993 lagen nur mehr 1,4 Milliarden im Reservefonds. 1994 dürften damit der FLAF samt Reservefonds endgültig „ausgeräumt” sein - außer, die Koalition ringt sich zu einer Reform durch.

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