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Heimweh zu Männern wie Friedrich Funder

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Hedwig Pfarrhofer hat sich mit der vorhegenden Dokumentation über Friedrich Funder einer gerade für einen jungen Menschen reizvollen Aufgabe gestellt: Als Mitglied jener Generationen, die die vielen für alle echten Österreicher - freilich oft im Rückblick erst - finsteren Stunden in der ersten' Hälfte dieses Jahrhunderts nicht miterlebt haben, erzählt und analysiert sie den Weg eines großen

Publizisten, der gleichzeitig ein großer und in vielen Dingen auch ein typischer Österreicher war.

Freilich war es nur einer Handvoll Menschen vergönnt, eine so lange und so interessante Zeit - vom Beginn dieses Jahrhunderts bis herauf in die fünfziger Jahre - als die Politik, die Kirche und das gesamte

Zeitgeschehen maßgeblich Beein-flußender aus nächster Nähe erleben zu dürfen. Friedrich Funder kämpfte im wahrsten Sinne des Wortes in der ersten Reihe für ein an katholischen Grundwerten und der Tradition orientiertes Österreich. Aber gab und gibt es nicht Tausende von Österreichern, die mit ihm 1918 einem versunkenen Reich nachtrauerten, dem neu entstehenden mit Skepsis entgegenblickten?

Die aber trotz dieser Skepsis aus einem für nicht lebensfähig gehaltenen Land ein lebensfähiges schaffen wollten? Die, nach bestem Wissen und Gewissen handelnd, in Bolschewismus und Sozialismus die große Bedrohung erblickten und dabei auf einem Auge blind waren?

Daß auch Funder1 nicht frei von Fehlern und Fehlentscheidungen war, versucht die Autorin nüchtern und gerecht herauszustellen. Ihr geht es aber dabei nicht um das Verteilen von Betragensnoten an die etwa in der Ersten Republik gestaltenden Persönlichkeiten, sondern darum, den Jüngeren verständlich zu machen, warum die Christlichsozialen, warum Funder oder Seipel in diesem oder jenem Fall so und nicht anders gedacht und entschieden haben. Mit zeitgeschichtlichen Betrachtungen dieser Art ist die heutige Jugend ja nicht gerade verwöhnt...

Besonders faszinierend für einen jungen Journalisten ist Friedrich Funders Bekennermut, sein Kampfgeist, seine Bereitschaft, Flagge zu zeigen: Sei es als Chefredakteur der Reichspost oder nach 1945 als Gründer der FURCHE. Angesichts des heute oft perversen Kultes um so manche Konjunkturritter im Blätterwald, die sich hinter dem Wörtchen „unabhängig“ verschanzen, ist ein gewisses Heimweh zu Männern wie Friedrich Funder verständlich. Damit ist auch die Frage, ob ein Redaktionskonzept, wie es Friedrich Funder in seinem Testament für die FURCHE hinterlassen hat, heute noch Bestand haben kann, mit einem klaren und vorbehaltlosen „Ja“ beantwortet.

FRIEDRICH FUNDER - EIN MANN ZWISCHEN GESTERN UND MORGEN. Hedwig Pfarrhofer, mit einem Vorwort von Kurt Skalnik, Verlag Styria, Graz -Wien-Köln, 381 Seiten, bis 31.5. 1978, öS 320,-, dann öS 390-

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