6834723-1975_08_01.jpg
Digital In Arbeit

Henry Machiavelli?

19451960198020002020

Trotz der-optiitiistischen’Voraussage des ägyptischen Außenministers Ismail Fačhmi in einem Presseinterview, innerhalb des nächsteh Vierteljahres werde es zu einem weiteren israelischen Rückzug .sowohl auf der Sinai-Halbinsel als auch auf den Golan- Höhen kommen, und noch in defr ersten Jahreshälfte rechne er mit der Wiederaufnahme der Genfer Friedens Verhandlungen, zieht man auf arabischer Seite eine eher pessimistische Zwischenbilanz der ersten Phase des jüngsten Vermittlungsversuches von US-Außenminister Henry Kissinger. Außerhalb Ägyptens ist nian sich darüber einig, daß Kissinger keinen Durchbruch erreicht habe. Äußerungen äus seiner Begleitmannschaft’ entnimmt man, jąh erbring weiteren Aussichten selbst nicht ‘-Sehr optimistisch beurteŲ hfvrp

19451960198020002020

Trotz der-optiitiistischen’Voraussage des ägyptischen Außenministers Ismail Fačhmi in einem Presseinterview, innerhalb des nächsteh Vierteljahres werde es zu einem weiteren israelischen Rückzug .sowohl auf der Sinai-Halbinsel als auch auf den Golan- Höhen kommen, und noch in defr ersten Jahreshälfte rechne er mit der Wiederaufnahme der Genfer Friedens Verhandlungen, zieht man auf arabischer Seite eine eher pessimistische Zwischenbilanz der ersten Phase des jüngsten Vermittlungsversuches von US-Außenminister Henry Kissinger. Außerhalb Ägyptens ist nian sich darüber einig, daß Kissinger keinen Durchbruch erreicht habe. Äußerungen äus seiner Begleitmannschaft’ entnimmt man, jąh erbring weiteren Aussichten selbst nicht ‘-Sehr optimistisch beurteŲ hfvrp

Werbung
Werbung
Werbung

Die yerhandlnhigen\mit Kissinger scheinen auf agyĮptįisūhėr und syrischer Seite die, von der Söwj etregie- rung geförderte Neigung verstärkt zu habeh, die Verhandlungen wieder nach Genf zu verlegen. In Beiruter diplomatischen Kreisen glaubt man sogar feststellen zu können, auch in Washington wachse der Trend’ zum Verzicht auf weitere Alleingänge Kissingers an Ort und Stelle und zur Wiederaufnahme der Genfer Gespräche. Diese Sinnesänderung gehe zurück sowohl auf sowjetische Vorstellungen als auch auf die zunehmende israelische Erkenntnis, daß weitere Teilverzichte Jerusalem seiner letzten Faustpfänder berauben könnten.

Die Hauptursache für die Schwierigkeiten der jüngsten Kissingermis- sion sehen die arabischen Kommentatoren in dem Versuch des USA- Außenministers, die beiden miteinander verknüpften grundsätzlichen Folgeprobleme des „Ramadan-

Krieges“ im Oktober 1973 voneinander zu trennen, nämlich die Truppenentflechtung auf dem Sinai und am Golan. Die zitierten Äußerungen seines ägyptischen Kollegen Fachml ließen zwar darauf schließen, daß Ägypten notfalls einen israelischen Rückzug östlich des Suezkanals auch dann akzeptieren würde, wenn damit ein gleichzeitiges Zugeständnis auch an der ehemaligen „Nordfront“ verbunden sei. Die Frage sei offen geblieben, ob — nachdem Ägypten mindestens nach außen hin, wenn auch nicht für den Hausgebrauch, durch den Mund seines Präsidenten Sadat die Existenz Israels de facto anerkannt habe — Syrien zu einer ähnlichen grundsätzlichen Erklärung überredet werden könne.

Was sein persönliches Vertrauensverhältnis zu den arabischen Verhandlungspartnern angeht, so haben die Äußerungen Kissingers über mögliche Gegenmaßnahmen der Vereinigten Staaten bei einer „Strangulation“ der westlichen

Industrienationen durch die Erdölproduzenten seine Glaubwürdigkeit nachhaltig geschwächt. Die Araber fürchten, eine militärische Intervention sei im Fall einer neuen Ölkrise wesentlich mehr als nur ein theoretisches militärisches Planspiel. Und die Stippvisite des amerikanischen Emissärs in Bonn hat für sie den Stellenwert eines Alarmsignals. Man erinnert sich hierzulande recht gut der deutsch-amerikanischen Querelen um die von deutschen Basen ausgehenden Washingtoner Rüstungslieferungen für Israel im „Ramadan-Krieg“. Jetzt gibt es arabische Befürchtungen, Kissinger trimme in der westdeutschen Bundeshauptstadt den wichtigsten europäischen NATO-Verbündeten auf die mutmaßliche amerikanische Linie für den Fall einer neuen Nahostauseinandersetzung.

Man traut Sadats „Freund Henry“ auf arabischer Seite also nicht mehr allzuviel Gutes, wohl aber ein ma- chiavellistisches Doppelspiel zu. Möglicherweise spielt den Arabern dabei die eigene Mentalität einen Streich. Sie neigen dazu, immer nur sich selbst und niemals anderen zuzuhören. Nach dem „Ramadan- Krieg“ und der durch Ölembargo und Preiserhöhungen herheigeftthr- ten Erschütterung der westlichen Wirtschaftssysteme glaubten sie, die USA würden ihnen nunmehr mit diplomatischen Mitteln verschaffen, was sie selbst militärisch nie erreichen konnten. In dem Augenblick, in dem Kissinger ihnen unmißverständlich klarmachen mußte, daß die Existenzsicherung des Judenstaates weiterhin das „Nonolusultra“ der amerikanischen Nahostpolitik ist, kehren sie zurück zu ihrer alten Trotzhaltung: „Wir haben es immer gewußt — alle sind gegen uns.“ Hier liegt die Wurzel für die Wiederannäherung an den sowjetischen Standpunkt und die neue Hoffnung auf Genf.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung