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Heroon-Museum fix

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Voraussichtlich nicht gebaut V wird die umstrittene Tiefgara- ge unter dem Wiener Heldenplatz. Unabhängig vom Zustande- oder NichtZustandekommen dieses das Reiterstandbild Erzherzog Karls und die Museen gefährdenden Pro- jektes bleibt jedoch die Etablierung des unterirdischen Museums für einen der wertvollsten Kunstschät- ze der Antikensammlung des Kunst- historischen Museums: das Heroon von Gölbasi/Trysa aus dem vierten Jahrhundert vor Christus wird - so Wissenschaftsminister Erhard Busek - weder in einem der Höfe des Messepalastes noch unter dem Maria Theresien-Platz zwischen den Museen, sondern unter dem Heldenplatz aufgestellt.

Der Bereich vor dem Aufgang zur Österreichischen Nationalbiblio- thek in der Neuen Hofburg ist als Standort vorgesehen, eine Transfe- rierung des Denkmals wird dafür nicht notwendig sein. Die genaue Lage hängt von den Grabungser- gebnissen des Stadtarchäologen Ortolf Harl ab.

Ehe nämlich der erste Spaten- stich erfolgt, um dem im ehemali- gen Requisitenraum für Feuerlö- scher im Zweiten Hof des Kunsthi- storischen Museums gelagerten, in zahlreiche Stücke zersägten Heroon einen würdigen Rahmen zu geben, wird Harl auf der Suche nach den einplanierten Resten des ehemali- gen Festungswalles der Stadt einen Abschnitt des Heldenplatzes „durchwühlen".

Und je nach Verlauf und Erhal- tungszustand der 1683 von Groß- wesir Kara Mustafas Artillerie beschossenen und 1809 von Napo- leon gesprengten Mauern der Ba- stion wird das Heroon - Grabmal eines lykischen Herrschers mit 600 figuralen Reliefs - seinen Platz fin- den. Jedenfalls aber wird es sich originalgetreu und auf demselben Niveau erheben wie das im Keller- geschoß der Neuen Burg geplante Lapidarium der Antikensammlung.'

Dieses Lapidarium soll grie- chisch-römischen Steininschriften aus dem römischen Österreich und aus den Ländern der Habsburger Monarchie sowie aus der Türkei umfassen, die sich aus Platzmangel zur Zeit in Depots befinden. Auch die besten Objekte aus der soge- nannten Estensischen Sammlung, jener privaten Sammlung des in Sarajewo ermordeten Thronfolgers Franz Ferdinand von Österreich- Este, werden ins Lapidarium über- nommen.

Franz Ferdinands Schätze wur- den in den zwanziger Jahren ein- zelnen Museen zugeschlagen. Etli- che Architekturteile, Skulpturen und Sarkophage gelangten 1923 in die Antikensammlung. Aus Platz- mangel wurde ein Teil davon aber- malsdeponiert. Mehrere monumen- tale Götterfiguren und ein Sarko- phag stehen zur Zeit - ohne sicht- bare Beschriftung - in der Säulen- halle des Corps de Logis der Neuen Burg, sozusagen im Vorzimmer des Museums für Völkerkunde.

Sollte im Zusammenhang mit den noch nicht abgeschlossenen Sanie- rungsarbeiten der Hofjagd- und Rüstkammer das räumlich angren- zende Ephesos-Museum den einen oder anderen Raum der Rüstkam- mer dazu bekommen, möchte Wolf- gang Oberleitner, der Leiter der in Haupthaus und Neuer Burg unter- gebrachten Antikensammlung, diese qualitativ hochwertigen Stük- ke dort dem Publikum zugänglich machen.

Ephesos-Museum, Lapidarium und Heroon sollen durch einen gemeinsamen Zugang verbunden werden, dem Besucher könnte end- lich als Einheit präsentiert werden, was an steinernen Zeugen aus der Antike im Besitz des Kunsthistori- schen Museums ist, jedoch im 1891 eröffneten Haus keinen Platz fand.

Es hatte nämlich 72 Jahre gedau- ert, bis so prominente Kunstwerke wie die zwei Meter hohen Relief- platten mit den Darstellungen Kaiser Hadrians, Antonius Pius, des 17jährigen Mark Aurel und des achtjährigen Lucius Veras vom Partherdenkmal oder die Statue eines Athleten sowie das Bildwerk eines Knaben mit Fuchsgans 1978 in der damals neu erworbenen Dependance der Neuen Burg ein würdiges Domizil erhielten.

Für das Heroon von Gölbasi/ Trysa, das früher als die Funde aus Ephesos nach Wien kam, soll das typisch österreichische Proviso- rium, das zu einem Dauerzustand wurde, 1995 beendetsein. Weltaus- stellung und Milleniumsfeiern zwingen dazu, rasch zu realisieren, was zu geschehen hat, ob mit oder ohne Tiefgarage (so Busek). Denn nur als „Zuckerl" für die Durchset- zung des für 900 PKWs und 100 Busse veranschlagten, immer mehr in Mißkredit geratenen Garagen- projektes war die Rekonstruktion des griechisch-lykischen Monu- ments nie gedacht.

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