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Hier und heute
Kennzeichnend für die Offenbarung des Alten Testamentes ist der Blick nach vorne. As Kommende ist wichtiger als das Vergangene und Gegenwärtige, es ist Offenbarung als Verheißung. Jedes Ereignis, mag es noch so eindrucksvoll sein und noch so groß in der Erinnerung stehen, weist über sich selbst hinaus auf ein noch Größeres... Das Reich, in dem Gottes Wille regiert, muß erst noch kommen. Der König nach dem Herzen Gottes muß erst erwartet werden, der letzte endgültige Prophet ist noch nicht erschienen” (Heinrich Fries).
Diese Zukunftsperspektive ist für das Verständnis des Neuen Testamentes von entscheidender Bedeutung. In Jesus Christus erfüllen sich die Verheißungen des Alten Bundes. Darum ist maßgebliche Zeitkategorie im Neuen Testament nicht die Vergangenheit oder die Zukunft, sondern die Gegenwart, das Heute, das Jetzt. ,JJie Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe” Mk 1J.5.
Solche und ähnliche Worte bedeuten: ,JDie bisher so noch nicht geschehene, aber erwartete und erhoffte Königsherrschaft Gottes, die Einheit von Gott undMensch,ist Ereignis geworden.”
,JDie Hoffnung auf die Zukunft stützt sich auf den Glauben an die Gegenwart. Das was geschah, bietet die Gewähr und Garantie für das, was geschehen wird. Die Hoffnung auf das Kommen Christi in Macht und Herrlichkeit gründet in der Tatsache, daß er bereits gekommen ist und daß er von den Toten auferweckt wurde” (Heinrich Fries).
Das Neue am Neuen Testament ist der Glaube, daß das Entscheidende für das Heil des Menschen schon unwiderruflich geschehen ist und überall dort geschieht, wo der Auferstandene wirksam ist. Darum erwartet der Christ dieses Heil im umfassenden Sinn nicht nur für die Zukunft, sondern schon hier und heute, wo immer Jesus verkündet wird. „Als Mitarbeiter Gottes ermahnen wir euch, daß ihr seine Gnade nicht vergebens empfangt. Denn es heißt: Zur Zeit der Gnade erhöre ich dich, am Tag der Rettung helfe ich dir. Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade: jetzt ist er da, der Tag der Rettung” 2 Kor 6J.-2.
Dies hat auch Konsequenzen für das Leben der Christen und der Kirche. Man kann und darf nicht ständig auf das Morgen vertrösten. Jetzt schon gilt es, die Zeichen ausfindig zu machen, daß das Reich Gottes angebrochen ist. Und die Christen haben auch daran mitzuwirken, daß es anbricht, daß es hier und heute schon Gerechtigkeit, Friede, Einheit unter den Menschen und zwischen Gott und den Menschen gibt.
18. Teil einer am Buch „Fundamentaltheologie” von Heinrich Fries (Sty-ria 1985) orientierten Serie.
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