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Hilfe für Demokratien
In welche Richtung geht die österreichische Entwicklungshilfepolitik? Projekte sollen vor Entwicklungshelfern gefördert werden. Demokratie ist ein Exportartikel.
In welche Richtung geht die österreichische Entwicklungshilfepolitik? Projekte sollen vor Entwicklungshelfern gefördert werden. Demokratie ist ein Exportartikel.
Eine traurige Bilanz der österreichischen Entwicklungshilfe in den vergangenen 16 Jahren zog Vizekanzler und Außenminister Alois Mock kürzlich bei einer Studientagung der Politischen Akademie der ÖVP zum Thema „Entwicklungshilfe - Hilfe zur Selbsthilfe“ . Mock stellte die Frage, ob sich Österreich von der weltweiten Solidarität habe inspirieren lassen, die Papst Paul VI. vor 20 Jahren in seiner Enzyklika ,J»o-pulorum Progressio“ gefordert habe.
Beklagt wurde vor allem eine Unehrlichkeit in Worten und Zah-
len, was die österreichische Entwicklungshilfe in den letzten 16 „sozialistischen“ Jahren betrifft.
Andreas Khol, Direktor der Politischen Akademie, sprach von „getürkten Zahlen in unseren Statistiken“ . Er monierte die Schwerpunktlosigkeit bisheriger österreichischer Entwicklimgs-hilfe, die kaum Erfolge aufweisen könne. Khol bedauerte, daß man kaum vier Projekte zeigen körme, auf die man — der österreichischen Herkunft wegen - mit Stolz blicken könne. „Es gibt“ - so Khol — „viel zu hohe Einsätze für Entwicklungshelfer, nicht aber für Projekte. Der Know-how-Transfer wurde überhaupt eingestellt.“ In Entwicklungsländern gebe es auch keine österreichischen Sanitätsstationen und Lehrwerkstätten mehr.
Mock betonte die Abhängigkeit der Hilfsmöglichkeit von den Faktoren Solidaritätsbewußtsein und Wirtschaftszustand eines Landes. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist nach Mock ein gewichtiger Aspekt, in welchem Ausmaß Österreich tatsächlich helfen könne. Idealistische Aussagen führten zu nichts.
Trotz Wirtschaftswohlstandes zu Beginn der siebziger Jahre habe es in Österreich keine Zunahme der Entwicklungshilfe gegeben. Nach OECD-Kriterien büdet Österreich mit seinen 0,24 Prozent des Bruttonatibnalprodukts für
Entwicklungshilfe - Mock meinte, daß es ehrlicher wäre, von tatsächlichen 0,18 Prozent auszugehen imd ganz vorne zu begirmen -das Schlußlicht bei den Industrieländern.
Grundsätzlich gehe es bei Entwicklungshilfe um einen Lernprozeß der Industriestaaten und der Entwicklungsländer. Mit Recht — so Mock — werde heute eine tJbertragbarkeit von Modellen in Frage gestellt. Entwicklungsländer haben auch Eigenverant-. wortung. Die Industrieländer sind nach den Worten Mocks dazu aufgerufen, ihre Verantwortung für die Schaffung von Rahmenbedingungen zxir Entwicklung von Dritte-Welt-Ländern wahrzunehmen. Daß diese Verantwortung nur bei den Industrieländern liege, lehnte Mock klar ab.
Von den bisherigen Schwerpunkten der Entwicklungshilfe -Landwirtschaft, Gesundheit, Soziale Entwicklung, Rohstoffe, Bildung und materielle Infrastruktur - sollten nach Mock besonders die Bereiche Landwirtschaft und Bildung gefördert werden.
Vorsichtig ändern
Die österreichische Entwicklungshilfepolitik wird sich — wie Mock betonte - künftig an folgenden Kriterien orientieren:
• Nicht Schwellenländern, sondern den ärmsten Ländern soll zuerst geholfen werden.
• Die Berufsausbildung soll forciert werden, als Chance für eine mittelständische Wirtschaftsstruktur, die gegen Arbeitslosigkeit wirksam wird.
• Bisherige geographische Schwerpunkte sollen neu überdacht, entweder beibehalten oder gegebenenfalls „vorsichtig geändert“ werden (es geht dabei um den Wert bestimmter Hilfsformen als Hilfe zur Selbsthilfe).
• Im Zweifelsfall soll jenem Land geholfen werden, dessen demokratische Struktur es zu stärken gilt. (Mock: „Wir haben keine Veranlassung, Ländern zu helfen, die Menschenrechte verletzen.“ )
• Österreich wird konsequent für die Sicherimg der Menschenrechte eintreten, „ganz gleich, um welches System oder welche Nation es sich handelt“ .
Österreich - so Mock — müsse eine Art „demokratiepolitische Entwicklimgshilfe“ betreiben, zu der auch die Asylpolitik gehöre.
Österreich muß nach den Worten des Außenministers weiterhin großzügig bleiben imd dürfe nicht immer nachzählen, um wie viele Flüchtlinge mehr kommen und was sie das Land kosten.
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