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Historisches, Zeitgemäßes

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Am 28. September dieses Jahres jährte sich der Geburtstag des großen italienischen Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio zum 400. Male. Die bahnbrechende Leistung des 1610 fruhverstorbenen Künstlers bestand in seiner Überwindung des Manierismus durch die Rückkehr zur Naturbeobachtung und in der Schöpfung eines leidenschaftlichen Reali-mus, der sich heftiger dramatischer Lichteffekte bediente. Obwohl er keine eigentlichen Schüler besaß, übte er dennoch eine weitreichende Wirkung auf seine Zeitgenossen und Nachfahren. So beeinflußte er einige spanische Maler und wirkte auf Veläzquez nach, und die Kunst der nordischen Licht-Maler, von George de La Tour über Honthorst und Rubens bis Rembrandt, ist ohne ihn nicht denkbar. Die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien feiert diesen Gedenktag durch eine kleine, aber gehaltvolle Sonderausstellung, die seine Auswirkungen auf die italienische und niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts zeigt. Unter den gezeigten Werken befindet sich auch das großformatige und hervorragende Bild von Mattia Preti (1613-1699) „Die Befreiung Petri“, das zu den besten Bildern alter Meister zu zählen ist, die derzeit in Wiener Ausstellungen zu sehen sind.

In der Säulenhalle der Wiener Graphischen Sammlung Albertina sind nun — nach den Graphiken Walter Pichlers — Arbeiten von Giselbert Hoke ausgestellt; Lithographien und Gouachen, die in den letzten drei Jahren entstanden. Hoke, der 1927 in Nordböhmen geboren wurde und in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges seinen rechten Arm verlor, ist durch seine Wandmalereien im Klagenfurter Hauptbahnhof, dem Krematorium von Villach, der Wie-

ner Staatsoper und der Kirche von Gloggnitz bekannt geworden; Leistungen, die er mit bewundernswertem Einsatz seinem körperlichen Geschick abgerungen hat. Die Gouachen in der Albertina zeigen ihn als einen feinfühligen und raffinierten Kolori-sten, der in seinen Figurationen — durchwegs sitzende Frauenfiguren und liegende Akte — die Möglichkeiten des Materials im Setzen von schwebenden oder kompakten Farbflächen gegen Flecken und Strukturen auszuspielen versteht. Formal zeigen die Bätter Einflüsse, die von Pascin („Blatt des Peter Rosai“) bis Bacon und Picasso reichen, einen ästhetisch verspielten Manierismus, zu dem auch die teils erotischen, teils literarischen Titel gehören. Am einheitlichsten und stärksten wirken die Arbeiten „Spanien“ und „Matthias

Kralj“ — beides Frauenfiguren — in denen sich die Klitterung von Formelementen am ehesten nahtlos verbindet. In dem ebenfalls gezeigten Ölbild „Lenin — Christus“ ist die Form dem nebulosen Pathos nicht ebenbürtig.

Wandteppiche von der heuer verr storbenen Hanna Lipschitz, Gattin des Malers Verlon-Verkauf sind derzeit an der „Galerie Tao“ in der Mahlerstraße zu sehen. Diese Bildr teppiche, die formal vom Tachismus und vom ungegenständlichen Expressionismus ausgehen, wirken erstaunlicherweise gerade in den großen Formaten am überzeugendsten, wo ihre Formen nicht zu gleichwertig und kleinlich bleiben. Die Tapisserien „Korallen I, II und IV“> „Schnee“, „Herbst“ und „Organisches“ sind beachtliche dekorative Leistungen und anscheinend in dem neuen tschechoslowakischen Verfahr ren 'direkter Gestaltung hergestellt.

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