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Hoffen auf den Papst-Besuch

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„Es wird noch viele Begräbnisse auf britischer und irischer Seite geben, ehe dieser Krieg vorbei ist”, sagte vor einem Jahr ein Sprecher der provisorischen IRA (siehe Stichwort) zu einem Journalisten des Dubliner Magazins „Magill”. Ein Jahr später sollte die Terrororganisation ihre Prophezeiung in einem wahren „Bomben-Rausch” wahrmachen:

24 Menschen, unter ihnen Lord Louis Mountbatten, Urenkel von Königin Victoria und letzter Vizekönig von Indien, fielen am 27. August dieses Jahres einer Attentatswelle zum Opfer. Einen Namen haben die Chronisten des Irischen Konflikts für diesen Tag schon gefunden: Als „Bloody Monday” (Blutiger Montag) geht er in die Annalen der Ulster-Tra- gödie ein.

Womit die IRA erreicht hat, daß eine politische Lösung des Nordirland-Konfliktes in noch weitere Ferne gerückt ist. Daß keine Regierung der in diesen Konflikt verwik- kelten Staaten - also Großbritannien, die Republik Irland und mit Vorbehalten auch die USA mit ihrer Millionen zählenden irischen Bevölkerungsgruppe - eine politische Lösung herbeiführen kann, ist übrigens nicht nur die Ansicht der IRA, die diesen Kampf mit militärischen (sprich:terroristischen) Mitteln zu Ende bringen will.

Friedensnobelpreisträgerin Betty Williams, die mit der IRA nicht das geringste zu tun hat, meinte etwa vergangene Woche in Wien auf einer Veranstaltung des „club pro wien”: „Eine Lösung des Konfliktes kann nicht von oben diktiert werden: weder von der britischen noch von der irischen Regierung; und auch nicht von amerikanischer Seite. Die zwei religiösen Gemeinschaften müssen einander kennenlernen, sie müssen lernen, friedlich miteinander zu leben.”

Die Arbeit der von den beiden nordirischen Friedensnobelpreisträgerinnen, Betty Williams und Maired Corrigan, gegründeten Bewegung „peace people” ist in dieser Hinsicht sicher richtungsweisend: Sie versuchen vor allem bei Jugendlichen eine Bewußtseinsänderung herbeizuführen, schicken nordirische Kinder aus katholischen und protestantischen Gettos auf Erholung nach Norwegen und haben erst unlängst für die Jugendlichen von Belfast ein Kommunikationszentrum errichtet.

Aus dieser Arbeit ist auch die Zielsetzung der „peace people” klar zu erkennen: Protestantische und katholische Kinder sollen von klein auf lernen, miteinander auszukommen und es damit den militanten Organisationen der beiden Religionsgemeinschaften erschwert werden, die Jugendlichen für ihre gewalttätigen Aktionen einzuspannen. Und zweitens sollen Mitglieder radikaler Gruppen dazu gebracht werden, überhaupt auf die Gewalt als politisches Kampfmittel zu verzichten.

Der Erfolg der „peace people” bei ihren Bemühungen war bisher eher bescheiden. Aber der eingeschlagene Weg ist richtig, vor allem wenn sie beide Religionsgemeinschaften dazu bringen wollen, die radikalen Elemente aus ihren Reihen hinauszupressen und ihnen somit den Boden unter ihren Füßen wegzuziehen. Nur, dazu bedürfte es breitester Zustimmung von protestantischer und katholischer Seite.

Betty Williams weiß das auch: „Das ganze ist ein Prozeß, der sehr, sehr lange gehen kann”, erklärte sie bei der „club pro wien”-Veranstaltung. Ein Ereignis könnte diesen Friedensprozeß allerdings vorantreiben: der Irland-Besuch des Heiligen Vaters am kommenden Wochenende. Denn der Papst als charismatischer Führer mit seinen auf Frieden und Versöhnung gerichteten Idealen ist das Gegengewicht zu den gewalttätigen „Helden” der IRA.

Papst Johannes Paul II. hat am vergangenen Sonntag vor 50.000 Gläubigen auf dem Petersplatz bereits erklärt, daß er mit seiner Reise nach Irland der Aussöhnung und dem Frieden auf der vom Bürgerkrieg geschüttelten Insel dienen will. Es ist deshalb zu erwarten, daß er sich scharf gegen den Terrorismus wenden wird - auch gegen den der IRA!

Den radikalen nordirischen Protestanten, die genau so wenig wie die; provisorische IRA eine friedliche Beilegung des Konfliktes wollen, ist der Besuch des Papstes in der Republik Irland ein Dorn im Auge. Der Extremistenpfarrer Ian Paisley etwa, nie verlegen, wenn es um Schimpfwörter für den Papst geht, bezeichnet« den Heiligen Vater als „Antichristen und Sündenmenschen der Kirche”. Paisley befurchtet offensichtlich die Wirkung, die Papst Johannes Paul II. auch auf die protestantische Gemeinschaft haben könnte. Denn seine Appelle zur friedlichen Beilegung des nordirischen Bürgerkrieges könnten auch bei den Protestanten in Ulster auf offene Ohren stoßen.

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