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Digital In Arbeit

Hoffnung für Europa

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Die Krise der gegenwärtigen Menschheit ist eine Krise des gegenseitigen Vertrauens. Die Aufgabe der Medien wird schicksalhaft für das geteilte Europa und die ganze Welt.

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Die Krise der gegenwärtigen Menschheit ist eine Krise des gegenseitigen Vertrauens. Die Aufgabe der Medien wird schicksalhaft für das geteilte Europa und die ganze Welt.

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Die internationale Stiftung NOVA SPES will, nach ihrem Vorschlag zu einem Manifest vom Dezember 1984, ihren Beitrag leisten zur Erweckung einer Hoffnung, die als existentielles Verhalten verstanden werden soll und nicht als bloß optimistischer oder isolierter Bedarf.

In der gegenwärtigen epochalen und globalen Krise der Menschheit steht sinnenfällig allem wirklichen Hoffen die Angst vor jederzeit möglichen totalen Katastrophen entgegen. Ob eingestanden oder uneingestanden. Hoffnung,sowohl als jeweils zukunftskonstituierende und sinnstiftende Tugend, aber auch als langatmige weltimmanente Lebenshaltung, scheint im praktischen Lebensvollzug überwuchert von Kurzatmigkeit und Mutlosigkeit, wenn sie nicht weithin faktisch überhaupt abwesend ist. Die Angst kennt keine nationalen oder kontinentalen Grenzen.

Und es gibt medienspezifisch greifbar und sichtbar auch das Geschäft mit der Angst: Das ideologische Geschäft, das politische Geschäft, das medial-sensationelle Geschäft und, nicht zu übersehen, auch das Geschäft der Entertainer.

Die Vermarktung der Angst vor verhängnisvollen Bedrohungen, so oder so, kann nicht, ja darf nicht übersehen werden. Sie gehört besonders deutlich zum Erscheinungsbild der Medienwelt. Sicherlich sind in den Print- und elektronischen Medien nicht nur Idyllen zu zeichnen. Die seriöse Sensibilisierung der Menschen vor den drohenden Gefahren ist Moral-Pflicht, ist unabweislich. Doch Vermarktung und Informationspflicht sind grundsätzlich und wesentlich zu unterscheiden.

Statt der bloß ideologisch oder gar kommerziell orientierten Dienstbarkeiten brauchen wir Medien, die als erstes Gebot das Kommunikationsideal des Dienstes am Menschen erkennen und stipulieren.

Medienarbeit ist, soll sie humane Kommunikation bewirken, immer die Hinwendung zum Menschen. Um ihn, den Menschen, geht es, in seiner personalen und gesellschaftlichen Situation des geschichtlichen Augenblicks. Es ist immer die Hinwendung vom Kommunikator zum Mitmenschen, zum Freund, zum Gesinnungsgefährten, zum Mitgläubigen, und — noch wichtiger — zum „Anderen“, zum Fremden, zum politischen Konkurrenten im nationalen und übernationalen Bereich, zum Anders- und Nichtgläubigen.

Doch ist themenspezifisch und um der Wahrheit willen zu registrieren, daß einseitig in Richtung Osten immer noch die alte UNES-CO-Doktrin vom „free flow of Information“ praktisch zur Bedeutungslosigkeit verkümmert. Diesem gestörten Informationsaustausch gegenüber bleibt, im Verfolg der KSZE-Bestrebungen, immer noch ein langer, geduldiger und behutsam fester Prozeß als sehr unmittelbare Aufgabe gestellt.

Verstehen bringende und Hoffnung stiftende Kommunikationsströme in und aus beiden Richtungen müssen jedoch Zielvorstellung bleiben. An solchen führt letztlich kein sinnvoller und ergebnishafter Weg der Entspannung und einer allgemeinen, qualifizierten Weiterentwicklung der Menschenrechte vorbei.

Daß jeder Mensch sich ungehindert informieren kann und daß ungehindert durch politische Systeme auch ein freier Austausch der Meinungen stattzufinden habe, ist schließlich auch schon in der Menschenrechts-Deklaration (Artikel 19) festgehalten. Hier eröffnet sich eine Alternative im Status quo.

Der Beitrag der Medien für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erhält damit in der Krise der Zeit einen schicksalhaften Rang. Dabei ist ausdrücklich zu betonen, daß das legitime Sicherheitsverlangen um die erstrebte Vergrößerung des Kooperationspotentials gleichbedeutend nebeneinander angesprochen sind. Wer das gegenseitige Sicherheitsverlangen richtig erfaßt, wird auch die Verknüpfung von Rüstung und Angst nicht übersehen dürfen.

In diesem Zusammenhang wird die bange Frage zu stellen sein, ob von den Kommunikationsapparaten und ihren Verantwortlichen alle Chancen und Möglichkeiten der vor elf Jahren unterzeichneten KSZE-Schlußakte sowohl optimal wie auch maximal genutzt wurden.

Weiters wäre es zumindest einer Untersuchung wert, zu prüfen, wieweit entfernt oder wie nahe man der Schaffung einer publizistischen Europa-Begegnungsstätte für hüben und drüben schon jetzt ist. Könnte das neutrale Österreich dafür nicht einen guten und unverdächtigen Boden abgeben?

Die Verdrängung des Themas Europa muß als ein Indiz für die schwindende Hoffnungsfähigkeit in unserem Zeitalter gewertet werden. In der konkreten politischen Situation europäischer Gravamina zwischen den beiden Supermächten ist die Selbstanerkennung Europas jedoch ein unaufschiebbares Programm zu Entwicklung und Fortschritt. In einem höheren Sinn wäre hier von einer alternativen Publizistik zu reden, ja von konstruktiver Sensation.

Der Autor, Generaldirektor des „Styria“-Verlages, ist Präsident der Katholischen Weltunion der Presse (TJCIP). Der Beitrag zitiert auszugsweise einen Vortrag vor dem „Nova Spes“-Symposion (FURCHE 39/1986) am 20. September 1986 in Laxenburg.

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