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Holl kontra Alt

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Jesus, der erste neue Mann wandelte sich vom Macho um Frauen-Freund, die Grundlage dafur ist das zwi-schenmenschliche Vertrauen gewesen, meint Buchautor Franz Alt („Jesus - der erste neue Mann", 1989). Gut bibel-wissenschaftlich repliziert Adolf Holl, daji Versuche, die Bibel mit anderen Augen zu lesen, zweifellos verdienstvoll sind, aber deswegen nicht näher an der Wahrheit: „ Öfter mal ein neuer Jesus” als Motto ist heute zweifellos in.

Den Spitzfindigkeiten zwischen Adolf Holl und Franz Alt über „Jesus im Geschlechterkampf” folgte ein kleines Häuflein aufrechter Feministinnen und Feministen im Rahmen der Veranstaltung „Literatur im März” im Wiener Messepalast. Bis zum 8. März lasen und lesen dort Barbara Frischmuth, Bodo Kirchhoff, Dorothea Zeemann, Sarah Kirsch, Michael Köhlmeier, Gustav Ernst und andere, gab und gibt es Filmvorführungen und Symposien zu „ Technologie und Geschlecht”, „ Geschlecht und Psychoanalyse” oder „Kunst und Geschlecht ”. Die Veranstaltung im Auftrag der Kulturabteilung der Stadt Wien ist heuer der „Neuen Lektüre zur Geschlechter-Identität” gewidmet.

Während Alts Jesus seine Mannlichkeit und seine Weib-lichkeit gelebt hat und die Frau-enfeindlichkeit der Schrifttex-te nur die Frauenfeindlichkeit jener widerspiegelt, die die Texte aufzeichneten, halt Holl nichts vom Psychologisieren, ob Jesus tatsachlich gewaltlos und frauenfreundlichwar, istfiirihn nicht auszumachen.

Holls ..Jesus in schlechter Gesellschaft ” (1971) hat vor allem die Abkehr von den Institutionen, vom Festgefügten, Festgefahrenen deutlich machen wollen, die Verbreitung der Lehre unter den Benachteiligten der Gesellschaft läßt sich ja biblisch nackweisen. Für ihn sind die Evangelien dort am ehesten authentisch, wo sie am stärksten von Denk- und Verhaltensweisen der Zeit abweichen. Nach der Meinung des Religionswissenschaftlers und Priesters Adolf Holl treten bei Jesus als Leitmotive eine Art Welt-Ablehnung, Welt-Verachtung hervor.

Dem setzt der Journalist und Familienmensch Franz Alt seinen Vorbild-Jesus entgegen, in dem die vielen, die mit sich und ihren Lebensproblemen nicht mehr zurechtkommen, ein Modell erkennen, dem sie nachfolgen können.

Jeder seinem eigenen Jesus eben.

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