6883234-1979_17_09.jpg
Digital In Arbeit

„Holocaust“ muß weiterwirken!

19451960198020002020

In der Tagespresse ist das Thema „Holocaust“ - leider -wieder vom Tisch, in der Jugendpresse geht es jetzt erst richtig los. Und die Jungen zwitschern gar nicht immer so, wie die Alten sungen, sie stehen diesem TV-Film offenbar mit deutlicherer Mehrheit positiv gegenüber. Die FURCHE bringt Auszüge von Meinungen und bedauert, die zum Teil ausgezeichnete und umfassende Berichterstattung zu diesem Thema - etwa in der Tullner Schülerzeitung „Action“ -nicht voll würdigen zu können.

19451960198020002020

In der Tagespresse ist das Thema „Holocaust“ - leider -wieder vom Tisch, in der Jugendpresse geht es jetzt erst richtig los. Und die Jungen zwitschern gar nicht immer so, wie die Alten sungen, sie stehen diesem TV-Film offenbar mit deutlicherer Mehrheit positiv gegenüber. Die FURCHE bringt Auszüge von Meinungen und bedauert, die zum Teil ausgezeichnete und umfassende Berichterstattung zu diesem Thema - etwa in der Tullner Schülerzeitung „Action“ -nicht voll würdigen zu können.

Werbung
Werbung
Werbung

Holocaust greift leider auch sehr stark auf den Tränenbalg und dient nur dazu, den Haß anderer Völker auf uns „Nazis“ neu aufzuwiegeln. Ich persönlich glaube, daß ein Fernsehfilm wie dieser, der vom Schicksal einer Familie spielt, mehr Emotionen auslöst als eine sachliche Dokumentation.

Das Thema ist viel zu heikel, um von Hollywood-Filmemachern vermarktet zu werden. Ein weiteres Argument gegen diesen Film ist, daß sogar Juden den Film schärfstens kritisieren. Sie wollen zwar, daß man einen Dokumentarfilm dreht, aber keinen solchen Schinken.

Deshalb mein Schlußwort: Lassen wir uns doch nicht von solchen Filmen besudeln. Vergessen wir sie wieder, so rasch wie möglich.

HERMANN WENGER-OEHN

Aus der Schülerzeitung der Sägerschule Kuchl „Das Sägeblatt“. *

Im folgenden möchte ich zu den am meisten strapazierten Vorwürfen gegen „Holocaust“ Stellung nehmen:

1. „Hitler hat von alledem nichts gewußt.“

Gerade in jenem Staat, in dem der blinde und entmenschlichende Autoritätsglaube seine meisten Früchte trug („Führer, befiehl, wir folgen Dir!“), soll der allmächtige Staatssouverän nichts von den Vorgängen in seinem Reich gewußt haben? Wie naiv! Hat denn niemand von der alten braunen Garde seine Bibel „Mein Kampf gelesen?

2. „Der Film ist ein kommerzieller, künstlerisch bedeutungslos.“

Stimmt genau. Aber das ist doch vollkommen unwichtig! Wie soll man aus einem Massenmord ein Kunstwerk machen? Wenn der Film einen Fehler hat, dann ist es der, daß er mit der noch viel grausameren Realität einfach nicht Schritt halten kann.

3. „Die Konzentrationslager und Gaskammern sind ja erst nach Kriegsende von den Amerikanern eingebaut worden.“

Nun, was macht man gegen so viel Primitivität? Ich kann so einem Menschen (Menschen?) wiederum nur raten, „Mein Kampf zu lesen. - Und möge er es dann wagen, einem ehemaligen KZ-Häftling ins Gesicht zu sagen: „Sie lügen. Sie sind ja nach dem Krieg erst in Spezialschulen gewesen, wo Sie über Zustände im KZ gelernt haben, um die Amerikaner bei ihrer Rufmordkampagne zu unterstützen.“ - Aber gegen Dummheit kämpfen selbst die Götter vergebens!

Und in diesem Sinne: Möge „Holocaust“ noch oft gesendet werden, damit es nie wieder „Holocaust“ gibt! THOMAS MARIA VERASZTO

Aus einem Brief eines 16jährigen Mittelschülers aus Schandorf (Burgenland) an die FURCHE.

* '

Ich frage mich, wie viele „Stamm-tischnachHitlerschreier“ seit der Ausstrahlung von „Holocaust“ an Schlafstörungen und Gastritis leiden. In diesem Film mußten wir die Unzahl der manipulierten Menschen sehen, die Hitlers Rassenwahn unterstützten.

Der ORF hätte sicherlich einen Fehler gemacht, wenn er „Holocaust“ nicht ausgestrahlt hätte, da über die Judenverfolgung gesprochen werden muß und es jetzt den noch immer unverbesserlichen Hitlerjüngern noch schwerer fällt, uns ihre primitiven, trivialen Argumente einzubleuen.

GEORG WOJAK

Aus der Linzer Lehrlingszeitschrift Jn“.

Man sah, diskutierte, meinte, wie sadistisch die doch damals waren -im Film sah man das ja besonders gut. Und das könne wieder geschehen, denn die Demokratie sei uns heilig, wir schützen sie mit Radikalerlässen, aber so ein kleiner Hitler wäre ganz gut. Und die anderen gehören sowieso vergast____

HERBERT WIKLICKY

Aus der Schülerzeitung ,^ction“ (BG und BRG Tulln).

*

Als vor der ersten Folge der Fernsehserie „Holocaust“ der Grazer „Aula-Verlag“ das „Sonderblatt“ zu diesem Thema herausbrachte und vor den Schulen verteilen ließ, entschlossen wir uns, unter Jugendlichen eine Umfrage über diesen bereits vor seiner Ausstrahlung vieldiskutierten Film durchzuführen.

Da gibt es die Leute, die „solche Geschichten von der Judenverfolgung“ nicht ganz glauben wollen, weil auch ihre Eltern sie nicht glauben oder wahrhaben wollen. Dann gibt es solche, die sich mit der Zahl der „vernichteten“ Juden nicht abfinden können, solche, die zwar davon wissen, aber sagen, es gäbe noch viel mehr anderes Unrecht in der Welt, das man nicht in Filmen wie diesem zeigt.

Auf der anderen Seite stehen dann die Leute, die den Film als kapitalistisches Machwerk abtun, seine Produktion den amerikanischen Juden unterschieben, die damit das Deutschtum untergraben wollen und nebenbei gar noch Geld verdienen.

Wir hätten Angst bekommen können bei manchen Antworten, wenn wir nicht beim Zusammenzählen der verschiedenen Meinungen eine Tatsache herausbekommen hätten: in gewaltiger Uberzahl sind doch diejenigen, die den Film im Grunde bejahen.

PETER SCHABERL, WOLFGANG RIEDLER, ROBERT SACKL-KAHR

Aus dem Grazer Jugendmagazin „Perplex“.

Ich habe nach dem Film noch oft mit meiner Mutter diskutiert, und es sind viele Fragen aufgeworfen worden, die man nur schwer beantworten kann.

Ich glaube, daß so etwas jederzeit wieder passieren könnte, und darum müssen wir uns davor schützen, so gut wir können.

SABINE TURNWALD

Da ich das Buch „Tote Engel weinen nicht“, das über das Warschauer Getto handelt, gelesen habe, habe ich schon lange von den Konzentrationslagern, Gaskammern und den Foltern gewußt

Es sollte meiner Meinung nach viel mehr über diese Zeit gezeigt werden, da so etwas viele Menschen mehr interessiert als andere Filme.

EVELIN SPEGLIC

Der Film hat mir sicher geholfen, die damalige Zeit besser zu verstehen, da er diese Zeit sehr gut geschildert hat Ich habe schon früher vom Massenmord an den Juden gewußt, aber ich habe nicht geglaubt, daß es so arg war und daß die Juden in solchen Mengen ermordet wurden.

Ich habe gehört, daß der Film „Kitsch, Blödsinn“ ist. Auch habe ich gehört, daß man das nicht mehr in Erinnerung rufen sollte. Ich glaube hingegen, daß man öfter solche Filme zeigen sollte.

Meinungen von Schülerinnen einer vierten Hauptschulklasse aus dem SUPöltner .ßchüler-Expreß“.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung