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Hubert Feichtlbauer:

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Dieser Tage fanden zwei Wahlen auf dem amerikanischen Erdteil statt. Die Sieger standen im voraus fest: Ronald Reagan würde der eine, Daniel Ortega der andere heißen. Und bald nachher, so prophezeien manche, wird der eine den anderen militärisch überfallen.

Diese Prophezeiung kann nicht stimmen. Die USA werden Nikaragua nicht überfallen und auch nicht überfallen lassen.

Die ideelle Begründung lautet: Die USA sind eine westliche Demokratie, halten sich ans Völkerrecht, fühlen sich durch das UN-Aggressionsverbot gebunden.

Ein Blick in die Geschichte bringt dieses Bild, was Lateinamerika anlangt, ins Wanken: 150 Jahre lang haben die USA dort nach Abzug der europäischen Kolonialherrscher eigene Vormachtinteressen durch Stützung von Regimen gefördert, die sich auf Militärdiktatoren und Großgrundbesitzer stützten.

Mit der Förderung der marxistisch-bürgerlichen Anti-Somoza-Revolution in Nikaragua wenigstens in der Schlußphase 1978/79 haben die USA eine Wende signalisiert. Deshalb ist Nikaragua ein Prinzipienfall auch für die USA geworden:

Darf ein Land im ,Jiinter-hof" der USA auch dann eigene Wege gehen, wenn diese Washington nicht passen? Davon hängt die Glaubwürdigkeit westlicher Politik auch gegenüber Ost- und Südosteuropa, auch gegenüber Afghanistan, ab.

Die Regierung Reagan hat sich gewiß versucht gefühlt, in Nikaragua dreinzuschla-gen, wo die Dinge bestimmt nicht so laufen, wie Demokraten sich das wünschen würden. (Aber das gilt nicht nur für Nikaragua.)

Die USA können trotzdem nicht intervenieren. Eine Eroberung Nikaraguas würde das Land in ein neues Meer von Blut und Tränen stürzen.

Der von Präsident Duarte im benachbarten El Salvador mit viel Mut und Vision eingeleitete Befriedungsprozeß wäre gescheitert. In Honduras arbeitet die Armee seit Ablösung des Oberbefehlshabers Alvarez auf einen Abbau der Spannungen hin.

Guatemala will unter Präsident Mejia einen (bisher eher fragwürdigen) Liberalisierungskurs steuern. Alle diese Experimente wären ebenso tot wie die mittelamerikanische Friedensstrategie der Contadora-Gruppe.

Mit den westeuropäischen Verbündeten, die im September in Costa Rica demonstrativ eine friedliche Mittelamerika-Lösung proklamierten, geriete Washington in heillosen Konflikt. Deshalb ist ein Krieg um Nikaragua undenkbar. Er träfe vor allem das Volk, das genug gelitten hat.

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