Causa Kurz: Der Schatten des Erfolgs

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Konservativ zu sein, müsste heute in erster Linie bedeuten, die Leistungsgesellschaft zu restaurieren.

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Konservativ zu sein, müsste heute in erster Linie bedeuten, die Leistungsgesellschaft zu restaurieren.

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Sebastian Kurz stellt sich gerne als Opfer dar. In gewisser Weise trifft dies tatsächlich zu: Der jüngste Altkanzler der Republik hat sein außergewöhnliches politisches Talent der Erfolgsgesellschaft geopfert. Seine erstaunliche Karriere erscheint in neuem Licht, wenn man sie vor der Leinwand eines kulturellen Wandels betrachtet: Die Leistungsgesellschaft, wie sie die westlich-bürgerliche Kultur über Jahrhunderte hervorgebracht hat, wurde von der Erfolgsgesellschaft abgelöst.

Für breite Bevölkerungsschichten gilt immer mehr, dass berufliche Leistung nicht mehr garantiert, auch erfolgreich zu sein, sagt Sighard Neckel. Der deutsche Soziologe hat diesen Wandel eingehend beschrieben. Nicht mehr Arbeit und Leistung, nur noch die sichtbaren Erfolge werden wertgeschätzt, erläutert Neckel. „Leistung zielt auf Sachverwirklichung, Erfolg hingegen strebt die soziale Durchsetzung an.“ Das heißt nicht mehr arbeitsbezogene Leistungen, sondern „performative Markterfolge“ werden vorrangig prämiert: Ist man ausreichend bekannt? Sexy? Ein Siegertyp? Exemplarisch dafür sind die „Gelegenheitsmärkte“ der Finanzspekulation und Kulturindustrie, deren Spielregeln sich immer mehr durchgesetzt haben. Ständig schielt man auf schnelllebige Aktienkurse, Rankings oder Umfragen. Die Alltagskultur sei durchtränkt mit der „modernen Magie medialer Glücksspiele“, so Neckel: „Die wichtigste kulturelle Kompetenz ist der Sinn für die günstige Gelegenheit.“ Sebastian Kurz hat dies mit seinem Aufstieg eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

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