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Humanitäre Außenpolitik

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Image-Pflege auf österreichisch heißt noch immer, das Neujahrskonzert als Aushängeschild zu betrachten. Welchen Stellenwert hat die Außenpolitik? In welchem Umfeld?

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Image-Pflege auf österreichisch heißt noch immer, das Neujahrskonzert als Aushängeschild zu betrachten. Welchen Stellenwert hat die Außenpolitik? In welchem Umfeld?

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Österreichs Außenpolitik in der Nach-Kreisky-Ära ist für den Normalverbraucher wieder interessant geworden. Nicht etwa, weil man ihre Grundlagen und Prinzipien, ihre Erfahrungen und Perspektiven kennt und schätzt, sondern weil man sie neuerdings offenbar braucht; geht es doch vielen um ein Aufpolieren des trübe gewordenen Österreich-Bildes.

Weinskandal, Unstimmigkeiten in Zusammenhang mit Technologie-Transfer Richtung Osten, offenkundig gewordene unbewäl-

tigte Vergangenheit hatten für Österreich einen Imageverlust mit konkreten Konsequenzen — beispielsweise im Fremdenverkehr - zur Folge.

Zudem weiß der Westen nichts mehr mit Österreichs Neutralität anzufangen; schien es doch so, als sei Österreich irgendwie zum „Trittbrettfahrer“ der westlichen Sicherheitsanstrengungen geworden, ohne gewillt zu sein, selbst etwas dazu beizutragen.

Es tut gut, hin und wieder jene Prinzipien in Erinnerung zu rufen, die Basis für eine eigenständige und selbstbewußte österreichische Außenpolitik sind. Da geht es zunächst — wie Außenminister Peter Jankowitsch jüngst vor der österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik darlegte - um Friedenssicherung innerhalb und außerhalb Europas, vor allem auch in der Dritten Welt.

Diesbezüglich befürwortet Österreich eine Entmilitarisie-rung der Weltpolitik, einen Vorrang des Völkerrechts und der Politik vor den Mitteln der Gewalt, tritt für eine friedliche Streitbeilegung ein, die Achtung der Menschenrechte und wendet sich ge-

gen jede Form des Rassismus.

Konkret bedeutet das — angewandt auf die besonderen Akzente der österreichischen Außenpolitik eine Nachbarschaftspolitik, die Spannungsverhältnisse, etwa aufgrund unterschiedlicher Umwelt- und Energiepolitik, ohne Polemik mit Verhandlungen und einem „Netz von Verträgen“ (Jankowitsch) zu lösen versucht.

Ging es nach Abschluß des Staatsvertrages bei der Nachbarschaftspolitik in erster Linie um eine Uberwindung von Gegensätzen, um eine Normalisierung der Beziehungen zu den Staaten im Donauraum (die mit Einschränkungen sicher noch nicht voll gelungen ist, man denke etwa an das Verhältnis zur Tschechoslowa-

kei), bestimmen nun neue Kriterien diesen Bereich der Außenpolitik.

Reiche Erfahrungen in der Ostpolitik, konsequent gesprächsbereite Haltung kennzeichnen und qualifizieren Österreichs Außenpolitik.

Nun, da sich Österreich entschlossen hat, auf den Gebrauch der Kernenergie für friedliche Zwecke zu verzichten, tauchen Spannungen mit den Nachbarländern auf, die von einer solchen Option weit entfernt sind. Jankowitsch glaubt an die Möglichkeit, mit der österreichischen Haltung in dieser Frage eine Entwicklung in Richtung Reduzierung des künftigen Potentials an Kernenergieanlagen sowohl in Europa

als auch in der Welt fördern zu können.

„Mitteleuropa“ — auch dieser Gedanke ist ein Spezif ikum österreichischer Politik. Für Jankowitsch ist dieser Begriff identisch mit einem Kulturraum, der bestimmte Möglichkeiten der Weiterentwicklung — auf kulturellen Grundlagen — zuläßt.

Deutlicher konturiert präsentieren sich in der gegenwärtigen Außenpolitik die Bewegungen auf die Europäische Gemeinschaft zu. Das gesamteuropäische Haus ist für Österreich — zunächst aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus — keine Fiktion. Österreich ist herausgefordert, mit konkreten Maßnahmen auf neue Entwicklungen in Brüssel zu reagieren: Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes, Entwicklung einer europäischen Technologiegemeinschaft — und schließlich die Geburt eines Europas der Bürger.

Nicht nur in diesem Bereich, hier aber besonders, wird die Notwendigkeit von Initiativen deutlich, die über bloße Außenpolitik hinausgehen. Gewissen Entwicklungen kann nicht nur institutionalisierte Politik begegnen. Eine Erfahrung, die auch im Umgang mit dem Helsinki-Prozeß wichtig geworden ist.

Die wirtschaftliche Kooperation mit der Europäischen Gemeinschaft zieht für Österreich auch eine politische Zusammenarbeit nach sich. Jankowitsch meint, diese könne sich etwa in der Suche nach Frieden in Zentralamerika und im euroarabischen Dialog, zu dem Österreich sein besonderes Verhältnis zur arabischen Welt einbringen könne, äußern.

Ein besonderes Anliegen stellt für Österreich die Anstrengung dar, den KSZE-Prozeß vor Ritualisierung und Sklerosierung zu bewahren. Ähnlich wichtig ist für Jankowitsch auch der Versuch, internationale Organisationen — etwa die Vereinten Nationen—vor Erosion zu bewahren.

Schließlich muß Österreich — traditionelles Asylland — wieder neue Akzente in der humanitären Außenpolitik setzen. Das geht aber wieder nur mit Hilfe eines breiten Konsenses der Bürger.

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