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Hungerödem und Wohlstandsbauch
Können wir uns eine Welt vorstellen mit einem Ghetto aus reichen Ländern, die sich mit modernsten Waffen gegen Massen hungriger, bildungs- und arbeitsloser sowie zutiefst wütender Menschen verteidigen?
Diese Frage soll, muß provozieren. Und gestellt wird sie so nicht von irgendwelchen Idealisten in Jeans oder Talar, sondern von distinguierten Herren in Anzug samt Krawatte: Eine Schicksalsfrage, die der Club of Rome in seinem druckfrischen - und mehrfach bedenkenswerten - Bericht stellt.
Das Szenario: Mitte des nächsten Jahrhunderts werden die Bewohner der reichen industrialisierten Länder nur mehr weniger als ein Fünftel der Weltbevölkerung ausmachen. Je größer das wirtschaftliche Nord-Süd-Gefälle wird, desto größer werden in Zukunft die Massenwanderungsbewegungen sein - in einem bisher weder gekannten noch vorstellbaren Ausmaß. Ein weltumspannendes Bari. Eine Massenflucht vor der Armut, die sich in der an den Beginn gestellten Frage zuspitzt.
Es ist nicht einmal mehr fünf vor zwölf. Im Gleichklang mit den Gedankengängen von Johannes Paul II. fordert der Club of Rome sofortiges Handeln: im „fundamentalen Eigeninteresse" der reichen Länder. Aber, so der Bericht, weil das dort von der breiten Öffentlichkeit nicht verstanden wird, wollen auch die Politiker nicht handeln.
Österreich macht da keine Ausnahme. Wen regt es - Bischof Florian Kuntner und Vertreter von Entwicklungshilfeorganisationen ausgenommen - denn auf, wenn beim Feilschen um Budgetanteile der Rotstift bei den ohnehin bereits beschämend geringen Ansätzen für Entwicklungshilfe in Aktion tritt? Dabei würden sogar erkleckliche Millionen mehr unseren Wohlstand nicht schmälern.
Vielmehr wird er durch die Unein-sichtigkeit in die Not-Wendigkeit gefährdet. Er wird, meinen die Autoren des Berichtes, nicht zu halten sein: „Wir meinen, daß die Konsumgesellschaft in ihrer gegenwärtigen Form nicht so weiterbestehen kann" - und angesichts des globalen Armutsproblems auch unvereinbar „mit einem würdevollen menschlichen Leben" ist.
Natürlich kann eingewendet werden, daß der österreichische Beitrag das Kraut ohnehin nicht fett macht und eine Kürzung kaum ins Gewicht fällt. Aber gerade diesem Denken widerspricht der Club of Rome, wenn er den kleinen Entwicklungsprojekten und der Arbeit der Nicht-Regierungsorganisationen für die Zukunft absolute Priorität einräumt. Motto: Global denken, lokal handeln. Nicht später einmal, sondern sofort.
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