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Ihr müßt „einsteigen statt „aussteigen”

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Ich bin ein Bonze: ein kleiner zwar nur, weil in Opposition, aber immerhin. Die Gemeinde Wien ist eine der genannten riesigen Machtapparate, ein Saurier kommt mir oft vor. Von dieser Familie der Saurier gibt es eine ganze Menge, in baulicher Gestalt (AKH und Konferenzzentrum) wie in politischer (Bürokratie und Großverbände).

Allein diese Feststellungen mögen Gerald Holzwarth und seine Generation zu der Annahme führen, daß auch Politiker solche Probleme sehen. Nur möchte ich ein bißchen optimistischer sein, vielleicht über jenes schmale Morgenrot hinaus, das in den letzten Sätzen des Autors anklingt. Wir müssen neu beginnen.

Neu beginnen, indem wir überdenken, was wir wirklich zum Leben brauchen, nicht „more of the same” herstellen, sondern all das, was wir brauchen, um „mehr zu sein als zu haben”. Wir dürfen auch nicht die Kraft darauf verschwenden, Institutionen am Leben zu erhalten die wir nicht brauchen, sondern müssen uns jene Diensteinrichtungen schaffen, die uns helfen, das Leben zu bewältigen.

Da passiert schon eine Menge: Ich kenne ein Nachbarschaftshilfezentrum im dritten Wiener Bezirk (Barichgasse), wo ohne viel Aufhebens und mit wenig Mitteln Menschen bemüht sind, ihren Mitmenschen in einem Grätzel das Leben zu erleichtern. Ich kenne Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen, die ohne Pressereferenten und Öffentlichkeitsarbeitsbudget vieles für den Nächsten tun, ich kenne Überlegungen und Versuche, wieder Maß in das Wirtschaftsleben zu bringen und nicht Großkonzerne zu erweitern, sondern in kleinen und mittleren Betrieben das zu produzieren, was man braucht und was bei der Herstellung auch Freude macht und das Gefühl des Erfolges gibt.

Ich kenne Gruppen, die so wie die Häuselbauer am Lande auch in der Stadt versuchen, sich Wohnungen nach ihren Vorstellungen zu schaffen. Ich kenne ein inzwischen aufblühendes Vereinsleben in den Bezirken und Grätzeln Wiens, die nicht nur wissen. Feste zu veranstalten, sondern sich auch für ihre Umwelt verantwortlich fühlen. Ich kenne sogar junge Menschen, die unter diesen Umständen bereit sind, in die Politik zu gehen — auch in die alten Parteien!

Ich glaube an die Besserungsfähigkeit der Demokratie. Es gibt keine Unzufriedenheit mit der Art, wie wir sie betreiben. Eine andere Art von Politik ist also nur dann möglich, wenn junge Menschen etwas tun, sich in die eigenen Angelegenheiten einmischen: „einsteigen” statt „aussteigen”.

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