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Im Dienst des Lebens

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Der Unterschied zwischen einem Bakterium und dem Menschen erweist sich bei erstem Hinsehen als riesengroß. Zieht man jedoch die grundlegenden Prozesse der Organismen in närfere Betrachtung, so zeigen sich kaum Unterschiede.

Mit einem derartigen Prozeß aus der molekularbiologischen Grundlagenforschung beschäftigt sich zur Zeit Günter Kreil, der Leiter des Molekularbiologischen Instituts der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Salzburg. Allerdings nicht in der Mozart-Stadt, sondern als Gastprofessor der University of California in Los Angeles, wo er ein Forschungsjahr verbringt.

Bei dem von Kreil bearbeiteten Prozeß geht es um ein Modell, um die Biosynthese eines bakteriellen Membranproteins darzustellen, das in einer Zelle gebildet wird und durch die Membran der Zellwand hindurch nach außen geschickt wird; aber nur zur Halfte. Dies ist, so Kreil in einem Gespräch während eines kurzen Zwischenaufenthalts in Salzburg, typisch für Membranproteine.

Alle Zellen eines Lebewesens erzeugen Proteine, Eiweißstoffe, die sie benötigen, um den Prozeß „Leben” aufrechtzuerhalten. Diese Proteine stimmen zum Beispiel Lebensvorgänge des Organismus aufeinander ab, kontrollieren Stoffwechselreaktionen usw. Die Zellen eines Lebewesens sind darauf spezialisiert, nur bestimmte Funktionen zu erfüllen. Von der Art der Funktion hängt es auch ab, welche Proteine sie bilden.

Proteine, die, wie im genannten Forschungsbereich, nach außen exportiert werden, werden innerhalb der Zelle hergestellt Dabei geht es dem Wissenschaftler um das „Signal”, das anzeigt, daß das Protein exportiert wird.

„Signal” bedeutet eine Verlängerung des Proteins, die während des Exports abgespalten wird. Das, was nun abgespalten wird, heißt Signalpeptid, das Enzym — sozusagen die Schere, die die Spaltung besorgt — Signalpepti-dase. Dieses Protein ist in jedem Organismus nachzuweisen. Den Forschern in Salzburg ist es bereits vor einigen Jahren gelungen, ein derartiges Enzym, das in jedem Organismus vorkommt, in der Rattenleber zum erstenmal zu charakterisieren.

Mit der Frage, wie Peptidhor-mone im Organismus hergestellt werden, beschäftigten sich vor kurzem bei der Tagung der Föderation Europäischer Biochemischer Gesellschaften (FEBS) in

Maria Alm im Salzburger Land 130 Spitzenwissenschaftler aus Europa und Ubersee. Ein und dasselbe Peptid kann im Organismus verschiedene Aufgaben wahrnehmen: Peptide, die bei der Reizübermittlung von Nerven eine Rolle spielen und deswegen Neu-ropeptide genannt werden, können auch—und zwar gleichzeitig— eine hormonelle Wirkung ausüben, allerdings in verschiedenen Geweben.

Wo kommen solche Peptide vor? Im Gehirn zum Beispiel, aber auch im Verdauungstrakt. Diese Botensubstanzen aus dem Hypothalamus, aus der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) und noch anderen Drüsen werden in den Blutstrom ausgeschüttet, der sie zu den einzelnen Organen des Körpers transportiert, wobei bestimmte Wirkungsweisen heute noch gar nicht gesichert sind. Bekannt ist, daß zum Beispiel das Wachstumshormon aus der Hirnanhangdrüse garantiert, daß Kinder und Jugendliche eine gewisse durchschnittliche Größe erreichen. Ist dieses Hormon in zu geringer Menge vorhanden, was medizinisch abklärbar ist, kann man einer gewissen Zwergwüch-sigkeit durch entsprechende Gaben dieses Hormons begegnen.

Die nicht selten beargwöhnte Grundlagenforschung, die angeblich nur Forschung um der Forschung willen betreibe, erweist sich so - und diesem Auftrag stellt sich die österreichische Akademie der Wissenschaften mit allem Nachdruck - als dem Leben des Menschen dienlich.

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