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Im Lauf der Zeit

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(Theater-Brett, Wien; „Die Reichsgründer oder Das Schmürz" von Boris Vian) Eine Familie zieht auf der Flucht vor einem seltsamen, bedrohlich klingenden Geräusch in einem Hochhaus immer um ein Stockwerk höher. Niemand weiß, woher das Geräusch kommt, was es zu bedeuten hat. Bei den überha- steten Aufbrüchen läßt die Familie zunächst ihre Habseligkeiten zu- rück, dann verschwinden der Reihe nach die Haushälterin, die Tochter, die Mutter. Der Vater und das

Schmürz bleiben zurück, ein men- schenähnliches Gebilde in grauen Binden, das sich langsam und ge- schmeidig bewegt und den Prota- gonisten des Stückes als Prügel- knabe gedient hat. Ihren Ärger hat- ten die Familienmitglieder immer durch Hiebe abgebaut. Martin Ess- lins These, das Geräusch sei mit der Zeit gleichzusetzen, die vergeht und uns von vertrauten Menschen und Gegenständen entfernt, ist eine plausible Interpretation für dieses Werk des absurden Theaters. Die Bedrohung, bei der Lektüre des Werkes spürbar, wird in der Insze- nierung von Peter W, Hochegger zum puren Nervenkitzel, der auch Assoziationen mit philosophischen Theorien des Staates und des Mili- tarismus offenbart.

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