7019204-1988_38_19.jpg
Digital In Arbeit

Im Pseudo-Elend

Werbung
Werbung
Werbung

(Raimundtheater, Wien; „Les Miserables“ nach Victor Hugo von Alain Boublil und Claude Michel Schönberg) Es erscheint nicht praktikabel, in einem Musical sozialkritische Inhalte zu vermitteln. So ist es fraglich, ob Victor Hugos Schicksalsroman, ein Sujet voller Not und Elend, für eine Vertonung dieser Art geeignet ist.

In der deutschsprachigen Erstaufführung vermittelt jedenfalls Regisseurin Gale Edwards einen Naturalismus, der an amerikanische Ausstattungsfilme erinnert. Alles wirkt so süß, so lieb, so brav — wer Lumpen trägt, muß deswegen noch kein Bettler sein.

Musikalisch ist „Les Miserables“ eine Bauchlandung, bis auf wenige, auch nur nette Melodien („Trink mit mir“) ist nichts Mitreißendes zu hören. Das Ensemble ist nur ansatzweise der Aufgabe gewachsen, kaum einer vergreift sich nicht im Ton, bei manchen geht es bis zur Schmerzgrenze. Dirigent Caspar Richter überdeckt zuweilen die von Lautsprechern verstärkten Stimmen. Reinhard Brussmann als Jean Valjean und Alexander Diepold als Anführer der Studentenrevolte setzen auf der rasche Szenenwechsel ermöglichenden Drehbühne von John Napier vor allem im zweiten Akt auch schauspielerische Akzente.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung