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Im Albert-Schweitzer-Haus, Wien, ging am 28. März die 1. Session der Generalsynode der evangelischen Kirche A. u. H. B. in Österreich zu Ende, nachdem zuvor zwei Tage lang die Synoden der lutherischen (A. B.) und die der reformierten Kirche (H. B.) getrennt getagt hatten.

Die Beschlüsse der Synoden müssen der Bischof der lutherischen Kirche und der Landessuperintendent der reformierten Kirche durchführen. Beide Kirchen, die sich unter Wahrung ihres Bekenntnisses zu einer Kirchengemeinschaft zusammengeschlossen haben, besitzen seit 110 Jahren eine presbyterial-synodale Verfassung. Am 27. März traten sie zu einer für zwei Tage anberaumten Generalsynode zusammen, um die beide Kirchen betreffenden Angelegenheiten zu behandeln. In dieses höchste Gremium entsendet die lutherische Kirche mit rund 400.000 Seelen 60 Synodale, die reformierte Kirche mit rund 18.000 Seelen 7 Synodale.

Das äußere Bild der Generalsynode im Albert-Schweitzer-Haus schien auf den ersten Blick dem der letzten Session der 7. Generalsynode zu gleichen. Im Geviert des Raumes saßen die Synodalen, nach Diözesen getrennt. In einer Reihe die 7 Abgeordneten der reformierten Kirche. Auf dem Podium der vorgesehene Platz für das Präsidium, daneben ein Rednerpult, die Schriftführer. Der ORF hatte ein eigenes Studio eingebaut, das Telephon wurde nicht müde, die Öffentlichkeit wartete auf Nachrichten.

Etwas aber war anders als im Jahr 1973. Man sah verhältnismäßig viele Synodale jüngeren und mittleren Alters, hatten doch in den einzelnen Diözesen Neuwahlen stattgefunden, die zum Teil eine neue Zusamimensetzung des Gremiums brachten. Vielleicht hatte man diesmal zu wenig Frauen in die Reihen der Synodalen gewählt.

Zum äußeren Bild gehört aber auch, daß die Präsidiumsplätze besetzt werden und die Ausschüsse der beiden Kirchen, die die Arbeit der Synode weiterführen müssen, gewählt werden. Das braucht 'bekanntlich geraume Zeit. Alles ging aber ohne Schwierigkeiten vonstatten.

Sowohl für die Synode der lutherischen Kirche als auch für die Generalsynode wurden Prognosen gestellt, wie etwa, der lutherische Bischof werde vielleicht von den Synodalen abgewählt werden. Das hätte nur mit einer Zweidrittelmehrheit geschehen können, aber die Wahl oder Abwahl des Bischofs stand gar nicht zur Debatte. Der Bericht des Bischofs über die abgelaufene Synodalperiode wurde ohne Debatte angenommen. Und die zweite Prognose, er werde nicht zum Vorsitzenden des gemeinsamen Oberkirchenrates A. u. H. B. wiedergewählt werden, traf ebensowenig ein. Er fand mit überwältigender Mehrheit neuerdings die Bestätigung in diesem Amt und hat damit auch weiterhin die Vertretung der gemeinsamen Belange in der Öffentlichkeit, für beide Kirchen. Wer außerdem noch von schwerwiegenden Differenzen zwischen Lutheranern und Reformierten sprach, etwa wegen der Leuenberger Konkordie, mußte ebenfalls enttäuscht sein. Die Generalsynode gab diesem Dokument mit überwältigender Mehrheit ihre Zustimmung. Unter Leuenberger Konkordie versteht man ein in mehrjähriger Beratungstätigkeit der evangelischen Kirchen Europas in Leuenburg bei Basel erarbeitetes Dokument, das im Grunde genommen eine Bestätigung des bisherigen gemeinsamen Weges beider Kirchen in Österreich darstellt, nämlich die Abendmahls- und Kanzelgemein-schaft sowie die Anerkennung der Ordination.

Außerdem verabschiedete man, in völliger, man könnte fast sagen: in feierlicher Einmütigkeit einen „Appell für Gewissensfreiheit“ an die Regierung und den Nationalrat, in welchem man bittet, von einer Beschlußfassung Abstand zu nehmen, 'Welcher die Krankenanstaltserhalter allenfalls auch gegen ihren Willen' zwingt, Abtreibungen im Rahmen der Fristenlösung in den von ihnen erhaltenen Anstalten vornehmen zu lassen.

Zu einer Polarisierung der Meinungen kam es bei der Beratung über die triste finanzielle Lage des Bildungshauses „Deutsch-Feistritz“ und bei der Behandlung des Antrages, seminaristisch ausgebildete Pfarrer den akademisch graduierten finanziell gleichzusetzen.

„Das Jugendwerk ist die wichtigste Einrichtung der Kirche A. u. H. B.“ stellte der Bischof in seinem Rechenschaftsbericht an die Generalsynode fest. Die zehn Jahre währenden Differenzen, die im verschiedenen Verständnis über die Funktion des Jugendwerkes lagen, konnten damit ihren Abschluß finden. Die triste Finanzlage des aus einem Jugendheim über eine bäuerliche Volkshochschule zu einem Bildungshaus umgeformten „Deutsch-Feistritz“ erforderte eine längere finanzielle Debatte. Die Synode konnte sich angesichts der schwierigen Finanzlage der Kirche (90 Prozent der Einnahmen gehen für Pfarrergehälter auf) nicht entschließen, für Deutsch-Feistritz Geld zu bewilligen. Ein Vorwurf, man gebe damit die Bildungsaufgabe der Kirche auf, wurde durch ein einmütiges Bekenntnis zur Bildungsarbeit entkräftet.

Eine weitere Polarisierung der Meinungen zeichnete sich bei der Debatte um die Pfarrhelfer ab. Univ.-Prof. Dr. Dantine sah in einer Gleichstellung der akademisch graduierten Pfarrer mit den seminaristischen einen „Popismus“, vor dem sich die Pfarrhäuser hüten müßten. Der Bischof, der darauf heftig reagierte, verlangte Dantines Widerruf dieser pauschalen Verdächtigungen, den Dantine durch die Erklärung, er habe bloß einen in der Kirchengeschichte üblichen Terminus für eine Struktur verwendet und keine Verurteilung gemeint, abtat.

In den Ballungszentren der Industrie mußten, obwohl man wegen des Pfarrermangels keine Gemeindeneugründungen vornehmen wollte, sechs Pfarrgemeinden neu gegründet werden, wodurch sich die Zahl der Pfarren von 172 auf 178 erhöhte. Den 9000 Eintritten in die evangelische Kirche stünden 18.000 Austritte gegenüber. Gründe hiefür sieht der Bischof einerseits in dem aufgezwungenen Leistungsgesetz, dem die Forderung nach Freizeit entgegengesetzt ist, wodurch der Gottesdienst und damit auch die. Kirche an , den Rand . des Interesses, gerückt seien. Viele wissen eigentlich nicht mehr, was ihnen die Kirche anbietet und welchen Auftrag ihnen die Kirche als Glied zumutet. Aus Nichtwissen und Vergessen wird gelegentlich eines oft äußerlichen Anlasses Ablehnung und letztlich löst man das zarte Band der Tradition. Viele aber bleiben, wenn auch innerlich entfremdet, nominelle Glieder der Kirche und zahlen ihre Beiträge. Die Kirche wird Wege finden müssen, meinte der Bischof, diese nicht abgrenzbare Menschengruppe in eine stärkere Verpflichtung des kirchlichen Lebens einzubinden. In erster Linie gehe es beim Auftrag der Kirche um die seelsorgliche Betreuung. Mit diesen Aufgaben ist aber der Pfarrer- und der Geldmangel eng verbunden.

„So gut wie nie zuvor“ sei das ökumenische Klima, betonte Bischof Sakrausky, „wenn es auch Grenzen und Unterschiede gebe, die nicht ohne weiteres überwunden werden können, wie etwa das Amts-, Sakraments- und Schriftverständnis. Es sei aber zu hoffen, daß die Gespräche der von der römisch-katholischen Kirche und dem ökumenischen Rat der Kirchen beauftragten Stellen letztlich einen Erfolg bringen werden.“

Beweis dieses guten Klimas, nicht nur ein Zeichen der Höflichkeit, war der Besuch des burgenländischen Diözesanbischofs Dr. Stephan Läszlö bei der Generalsynode. Er überbrachte die Grüße der zum selben Zeitpunkt tagenden österreichischen Bischofskonferenz und unterstrich die gemeinsamen Anliegen beider Kirchen. Er sei, so sagte Bischof Läszlö, beauftragt, der evangelischen Kirche zu,damken, besonders Bischof Oskar Sakrausky für sein mutiges Wort zur Fristenlösung.

Abschließend kann gesagt werden, daß diese Generalsynode das große Arbeitspensum erfüllt hat. Die 1. Session der 8. Generalsynode war sicher nicht frei von Emotionen und wechselseitiger, aber stets sachlicher Kritik. Obwohl das Arbeitspensum enorm, der Zeitdruok groß war, herrschte aber stets eine freundliche und kooperative Atmosphäre. Was will man mehr?

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