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Digital In Arbeit

Image oder Reicnweite?

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Wie viele Augen schauen in eine bestimmte Zeitung? Wie erweitern sich dabei die Pupillen? Inserenten sind gut beraten, wenn sie auch die zweite Frage beachten.

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Wie viele Augen schauen in eine bestimmte Zeitung? Wie erweitern sich dabei die Pupillen? Inserenten sind gut beraten, wenn sie auch die zweite Frage beachten.

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In welche Zeitungen und Zeitschriften soll ich meine Werbeschillinge für Anzeigen investieren?

Dies ist die Gretchenfrage für viele Werbe- und Marketingmanager vor Beginn einer neuen Werbekampagne. Damit neue Produkte gegen beinharte Konkurrenz bestehen und die Gunst der Konsumenten erringen können, müssen sie mit überzeugenden Werbeideen in den „richtigen“ Medien beworben werden. Um nicht im tosenden Werbekonzert der Konkurrenz überhört zu werden, muß daher der zeitliche Werbeeinsatz, vor allem aber die Auswahl der Werbemedien (Zei-

tungen, Magazine, Illustrierte, TV, Hörfunk, Kino, Plakate, Postwurf) von den Werbeexperten exakt geplant werden.

Dieser Planungsprozeß wird derzeit noch stark vom sogenannten „Reichweitendenken“ geprägt: Jener Streuplan (zum Beispiel 15 Anzeigen in der Tageszeitung X, zehn Vier-Farb-Anzei-gen in der Illustrierten Y usw.), der die meisten Verbraucher in der Zielgruppe erreicht—dies läßt sich leicht per Computer aus den Daten der Mediaanalysen errechnen —, wird meist durchgeführt, sehr oft aber auch der Plan mit dem Preis^Leistungsverhältnis {Reichweite bezogen auf Anzeigentarife). Außer acht bleibt meist die „Transportqualität“ der Medien, also ihre Eignung als Überbringer von Werbebotschaften.

Nun ist aber selbst einem Werbelaien klar, daß ein und dieselbe Anzeige in verschiedenen Zeitschriften unterschiedliche Wirkungen erzielt: Eine Computeranzeige wird in einem Computermagazin eine andere Wirkung entfalten als in einer Tageszeitung oder einer Massenillustrierten.

Aufgrund dieser vermuteten Wirkungsdifferenzen werden die Medien von den Fachleuten subjektiv gewichtet: Medien mit vermeintlichen Vorsprüngen hinsichtlich Glaubwürdigkeit, Image, Kompetenz, redaktionellem Umfeld und so weiter werden bei der Medienauswahl bevorzugt. Das Problem dieser Vorgangsweise liegt natürlich in der großen Entscheidungsunsicherheit aufgrund fehlender objektiver Daten über derartige „qualitative“ Mediafaktoren.

Erste Schritte zur Beseitigung dieses Mankos wurden in den letzten Jahren bereits gemacht: So wurden in einer der in Österreich regelmäßig durchgeführten Mediaanalysen die Intensität der Heftnutzung sowie die Images ausgewählter Zeitschriften anhand bestimmter Eigenschaften (wie zum Beispiel: glaubwürdig, sachlich, interessant, muß man lesen) in der Bevölkerung erhoben.

Aus diesen Daten erfährt der Mediaplaner beispielsweise, daß 71 Prozent der Leser der Tageszeitung A überzeugt sind, diese Zeitung hätte „interessante Anzeigen“, während nur 30 Prozent der Leser der Tageszeitung B diese Auffassung vertreten. . Diesen Imagedifferenzen kann der Planer durch unterschiedliche Gewichtung der Medien bei der Streuplanung Rechnung tragen.

Auf dem Fachzeitschriftensektor gibt es derzeit ähnliche Ansätze für eine transparentere Medienbewertung: in sogenannten

FESAs (Fachzeitschriften-Empfänger-Strukturanalysen) werden Stammleser und Abonnenten von Fachzeitschriften anhand einer Reihe von Fragen zu ihrem Leseverhalten (Was und wieviel des Heftinhaltes wird wie lange, wie oft, von wem und wie vielen wo gelesen?) befragt. Die Inserenten dieser Medien erhalten so detaillierte und vor allem vergleichbare — alle FESAs werden nach demselben Schema durchgeführt — Informationen über die Leistungskraft der Zeitschriften.

Bei den Publikumszeitschriften existiert die Dätenlücke nach wie vor, ja sie wird sogar mit jedem neu erscheinenden Magazin größer. Das Angebot von sogenannten Special-Interest-Medien zeigt einen stürmischen Aufwärtstrend: Man denke nur an die vielen Zeitschriften über Computertechnik, Freizeit (Tennis, Segeln, Surfen, Golf et cetera), Mode,

Musik, Gesundheit, Reisen, Politik, Wissenschaft und so weiter.

Jedes dieser Magazine spricht mit einem ausgefeilten redaktionellen Konzept einen eng abgegrenzten Leserkreis mit typischen Eigenschaften an: Ausgeprägtes soziodemographisches Persönlichkeitsprofil (Alter, soziale Schicht, Einkommen, Freizeitinteressen), hohe Leseintensität (Heftumfang und Lesedauer), oft in Verbindung mit Archivierung der einzelnen Nummern mit Nachlesevorgängen, Meinungsführerschaft und Expertenrolle im behandelten Themenbereich, Aufgeschlossenheit gegenüber Werbung.

Die Gewinnung von aussagekräftigen Daten über derartige Faktoren ist eine grpße Heraus-

forderung für die österreichischen Medienforscher. Sie werden angesichts großer Datenerfassungsprobleme (zum Beispiel Gefahr der Uberbeanspruchung der Befragten im Interview) ihr ganzes Hirnschmalz in die Entwicklung genauer und verläßlicher Meßverfahren investieren müssen.

Die Ausgangssituation dafür ist an und für sich günstig, wurden doch in den letzten Jahren vor allem an der Wirtschaftsuniversität Wien einige Pilotstudien zum Thema „Medienqualität“ durchgeführt. Für innovative Verlage bieten sich Chancen auf Wettbewerbsvorsprünge: In die Medienforschung investiertes Geld wird durch vermehrte Anzeigenbuchungen gut informierter Kunden mehr als eingespielt werden.

Die hier ausschließlich auf die Printmedien bezogenen Äußerungen gelten prinzipiell natür-

lich auch für die elektronischen Medien, die ja eine ähnliche Entwicklung durchmachen: Die steigenden Auswahlmöglichkeiten bewirken eine selektivere Sender- und Programmnutzung, Special-Interest-Programme finden spezifische Zuseherkreise. Die TV-Werbung sieht sich daher auch hier mit immer komplexer werdenden Wirkbedingungen konfrontiert.

Ein plakativ formuliertes Resümee für die Medien- und Verlagsforschung könnte daher so lauten: Beenden wir das „Nasenzählen“ der Medienkonsumenten und beginnen wir mit dem Registrieren der Pupillenerweiterung beim Konsum interessanter Medien!

Der Autor ist Assistent am Lehrstuhl für Werbewissenschaft und Marktforschung an der Wirtschaftsuniversitat Wien.

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