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Imago Germaniae ex 1974

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Vor mir liegt ein Deutschland unter einem Wust von Büchern, die 1974 in der BRD herauskamen. In Western Germany, wie auf Industrieprodukten steht. Die Manuskripte haben Menschen mit deutscher Muttersprache geschrieben. Unter den hier besprochenen sind einige mit relevanten Aussagen über den Status praesens von Deutschland; denn ansonsten hätten Verleger diese Bücher nicht auf den Markt gebracht. In diesem Wust habe ich ein Bild Deutschlands gesucht. Ich meine, es, müßte sich doch in dem Printed-Material etwas von den Gestalten und Gestaltungen finden, die das heutige „Unbekarintsein Deutschlands“ bedingen.

In seiner Untersuchung „Deutschland und der kalte Krieg“ (Piper, 755 Seiten) nennt Ernst Nolte die Teilung Deutschlands nach 1945 eine, allerdings die „prononcierteste Gestalt des Unbekanntseins Deutschlands“ (S. 53 ff.). Wenn dem so ist — und der Autor führt für seine Ansicht viele und gute Gründe ins Treffen —, dann steht jedenfalls eines fest: Im kalten Krieg, der jetzt angeblich vorbei sein soll, ist Deutschland der große Verlierer und Zahler. Das behauptete Resultat des kalten Kriegs ist kein Finale, sondern Latenz. Ist nicht Entspannung, sondern allseitige Anerkennung der 1945 quer durch Europa gezogenen vorläufigen . Demarkationslinie unmittelbar ausgeübter kommunistischer Macht. Dieses Zwischenergebnis ereignet sich unter ausdrücklicher Zustimmung sozialistischer Regierungen in Ost- und Westdeutschland; es ist quasi garantiert seitens der westlichen Verbündeten der UdSSR im Zweiten Weltkrieg.

Für Nolte ist das keine Überraschung. Er zeigt vielmehr auf, daß zwischen der jetzigen „Entspannungsphase“ im kalten Krieg — der latent bleibt — und dem „Hinschwinden der Selbstbestimmungsforderung in Deutschland“ ein innerer Zusammenhang besteht (Seiten 501 ff.). Die Untersuchungen Noltes schließen mit nichts weniger als mit dem Hinweis, in dem Ganzen erweise es sich, daß der Sozialismus letzthin die „regulative Maxime“ wurde (S. 619).

So ohne weiteres geht das selbst den Nachkriegsdeutschen nicht unter die Haut. Die Historiker der Linken bemühen sich also, jene „Berichtigungen zur deutschen Geschichte“ anzubringen, nach der die sozialistische Maxime unausweichlich zu werden scheint. Die Politologen Gerhard Binder und Hartmut Wasser schrieben „Deutschland, deine Legenden“ (DVA, 317 S.). Um den Zielpunkt dieser Kritik gleich am Anfang aufzuzeigen, ist auf dem Umschlag ein Kürassierhelm abgebildet Sozusagen das Symbol der Mythen, die sich seit Bismarck in den Zeiten Hindenburgs, Erhards usw. wiederholten. Diese Mythen werden erbarmungslos falsch illustriert und dann coram publico zertrümmert. Weil nur so das Transitörium Brandt/ Scheel jene Bedeutung bekommen kann, die ihm selbst der an Brandt verliehene Nobelpreis nicht zuerkennen konnte. Noch einmal wird die unbewältigte Vergangenheit des Hitlerismus auf Breitband projiziert, werden dem zerstörenden Umstürz von 1918, der Präsenz des Bolschewismus, Versailles, Jalta und Potsdam möglichst niedrige politische Stellenwerte verliehen und dermaßen eingefluchtet, daß der unter Brandt/ Scheel vollzogenen Realteilung Deutschlands nach solcher Verteufe-lüng der Vergangenheit fast der Charakter einer „Erlösung“ zukommt. In diesem Duktus kann es nicht ausbleiben, daß ein Aufmuk-ken der „Christdemokraten“ gegen die Qualität sozialistisch-liberalisti-scher Ostpolitik nur noch als Versuch eines neuen.„Weges ins Verhängnis“ hingestellt wird.

Wer so viel offenbar wissenschaftlich, nicht etwa ideologisch zu verstehende Rechtfertigung des Phänomens Brandt gelesen hat, greift trotz Vorbehalten, denen sich selbst „Der Spiegel“ anschloß, zu jener Zwischenbilanz Willy Brandts, mit der dieser, schon im Fallen begriffen, eine „Uber den Tag hinaus“ währende Bestätigung eines Regimes festhalten wollte (Hoffmann und Campe, 552 S.). Brandt will Deutschland als Nation nachsitzen lassen (S. 387). Für besonderen „Kulturdünkel“ gebe es in diesem Land keinen Anspruch. Wenn Brandt dabei an den heutigen Zustand der linksge-drallten Literatur und anderer Kunstgattungen Deutschlands denkt, dann hat er mit seiner herausfordernden Feststellung wohl recht. Im übrigen spricht laut Brandt nichts dafür, daß der zerbrochene deutsche Nationalstaat wieder erstehen könnte. Und das hat denn auch das Regime der DDR, so wie es nur nach den Bonner Ostverträgen international vollends arriviert war, vom Fleck weg bestätigt. Die Deutschen sind laut Brandt keine „Staatsnation“, wenigstens nicht in ihrer Gesamtheit; nur um einiges mehr als bloße „Sprachgemeinschaft“, unzählige „familiäre Bande“ und gemeinsame „Geschichte und Literatur“. Um wieviel mehr? Brandt sagt es uns nicht. Damit ein solches Überbleibsel einer Nation hic et nunc seine Rechtfertigung bekommt, erinnert Brandt daran, Deutschland sei nicht erst 1945, sondern bereits 1933 zerbrochen. Zum Beispiel anläßlich der Besetzung der Gewerkschaftshäuser.

Die von ihm angeführte Allianz der Sozialisten und der Liberalen sieht der Exbundeskanzler in einer Linie mit der deutschen Nation (S. 147). Brandt zitiert ein wenig verschämt seinen gewesenen Innenminister Ehmke, der 1974 herausstrich: „Wer Brandt angreift, greift die Partei selbst an“. (S. 158). Gemeint ist die erste staatstragende Partei der BRD, die SPD in ihrer von Brandt gekennzeichneten Bedeutung. Der Duktus: Brandt ist die SPD — die SPD ist im Alleinbesitz der legitimen Staatsidee der Nation — und dagegen darf niemand aufmucken (S. 147), dieser Duktus ist zwar nicht ganz neu und unerhört, deswegen aber nicht weniger gefährlich.

Auch ein Österreicher hat sich in die jetzige deutsch-deutsche Konfrontation eingeschaltet. Hugo Por-tisch spricht die Frage nach der Zukunft Deutschlands gelassener aus, als es Deutsche im Jahre 1974 tun könnten (S. 309 ff.). In „Die deutsehe Konfrontation“ (Molden, 351 S.) nennt der liberale Autor die eventuelle Fortsetzung der Ostpolitik Brandt/Scheel den „Normalfall“, aus dem der „Konvergenzfall“ entstehen könnte. Der „Konvergenzfall“ aber ist Wunschtraum vieler Technokraten in West und Ost. Denn in diesem Fall könnte eine maximale Identifizierung des kapitalistischen und des sozialistischen Systems stattfinden. Allerdings ist sich die DDR laut Portisch ihrer selbst noch nicht ganz sicher. Und es wäre nicht abzusehen, wohin eine „größere nationale Selbstbestimmung“ der Völker der Ostblockstaaten führen könnte. Dagegen sieht der Autor die Folgen eines „Krisenfalls West“ klar: Minimalfolge eines eventuellen Disengagements der USA in Europa könnte eine „Neutralisierung“ der BRD, also eine verstärkte Machtausstrahlung des kommunistischen Ostens bedeuten. Übrigens ist nach Portisch diese Neutralisierung der BRD auch ohne Krisenfall West denkbar (S. 326). Denn punkto „Kri-senfali BRD“ wisse man ohnedies, was Teile der Jusos und andere Linkskräfte möchten. Gemeint ist: ein Niederreißen der Linksabgrenzung der Sozialdemokratie. Wohl mit einigem Recht stellt Portisch die Frage, ob es in der BRD überhaupt noch genügend politische Elite gibt, die bereit wäre, sich „für die Aufrechterhaltung des demokratischfreiheitlichen Systems in ausreichendem Maße zu engagieren“. Das unentwegte Eintreten der Liberalen für die linksradikale Bildungspolitik der Kultusminister Ludwig von Friedeb-weg (SPD) in Hessen oder Peter von Oertzen (SPD) in Niedersachsen hat also seine Früchte getragen. Von der marxistisch strukturierten Hochschule in Bremen, die unlängst die dortigen Sozialisten gegründet haben, nicht zu reden. Eine Erziehung zu hilflosem Pazifismus (= Gewährenlassen der linken Linken), zu Objektivität aus marxistischem Denken und zum vielfach bereits geübten Verzicht auf nationale Werte läßt die Linke hoffen, daß sich ihrer engagierten Elite eine andere nicht mehr gegenüberstellen wird. •

Nachdem das bis unlängst von Günter Grass so trefflich beherrschte Manipulieren von „Bürgerinitiativen für Brandt“ aus ist (so Brandt unlängst im Fernsehen), kommen nachträglich Grassens Reden, Aufsätze und Kommentare aus der Zeit des Honigmondes seiner Beziehungen zu Brandt (wohl zu spät) in Buchform unter die Leute. „Der Bürger und seine Stimme“ (im Verlag der linken Linken „Luchterhand“, 270 S.) ist der Titel eines Buches über Illusionen, die zerrannen. Grass selbst gibt sich Ende 1974 pessimistisch: Er will sich von der Wahlwerbung für die SPD zurückziehen und fortan dichten. Peter Härtling, einer der letzten getreuen literarischen Musketiere Brandts, Härtling, der schon 1965 im „Plädoyer für eine neue (= sozialistische) Regierung hervortrat (rororo, Nro. 782), spricht rückblickend von einer diesbezüglichen „Mode“. Und Moden würden sich ändern. Grass aber nennt in der Stunde seiner Resignation vor der TV-Öffentlichkeit die Resignation eine gewisse „Phase im Politischen“. Und nach Irrtümern und Resignation schlägt er im vorliegenden Buch die Tür hinter sich mit Krach zu:

„Wenn sich der Untergang (sie) der nur halbherzig verteidigten Weimarer Republik nicht wiederholen soll, dann gilt es, zu erkennen, daß bei aller Radikalität anarchistischer Gruppen, die Feinde der sozialen Demokratie in nahezu ungebrochener Potenz immer noch rechts stehen.“ So sieht Grass 1972 die in Opposition zu Brandt stehenden christlichen Demokraten und die 1932 mit aller Kraft an die Macht drängenden Nationalsozialisten in einer Linie. Grass, der offenbar im „Spiegel“ nur die ihm zugedachten Laudes liest, überlas offenbar im „Spiegel“ (Nr. 49/1972, S. 29) eine dort abgedruckte statistische und graphische Darstellung, wonach spätestens bei der Bundestagswahl 1976 die integrierte Koalition SPD/FDP vollends zur Macht in Deutschland durchbrechen und die anderen in die „Hinterwälder“ verdrängen wird. Erstaunlicherweise sind die vom „Spiegel“ 1972 aufgezeigten Macht- und Hoffnungsgebiete der Sozialisten und Liberalen ident mit jenen, in denen 1932, anläßlich der letzten freien Reiehtstagswahl in der Republik von Weimar, die NSDAP die absolute oder relative Mehrheit erzwingen konnte (dazu: Das Ende der Parteien, Düsseldorf, 1960).

Aus unbewältigter Vergangenheit taucht 1974 noch einmal Ernst Nie-kisch (1889 bis 1967) auf.. In seinen „Erinnerungen eines deutschen Revolutionärs“ (2 Bände, Verlag Wirtschaft und Politik, 392 und 310 S.) wird ein Leben sichtbar, das wie die Asymptote den Kurven der Hyperbel folgt, ohne sie jemals im Endlichen zu berühren. Die zwei festen Punkte, von der die Punkte der Hyperbel die gleiche Abstandsdifferenz haben, sind im Falle Niekisch Nationalismus und Bolschewismus. Als Miturheber der Rätediktatur in Bayern (1919) wechselte er von der SPD zur linksradikalen USPD und nachher in Sachsen zu einer Sekte von „Altsozialisten“. Im Widerstand zu Beginn der dreißiger Jahre versuchte Niekisch seinen berühmten Balanceakt mit einer Art von Nationalbolschewismus. Die Asymptote näherte sich dem Nationalismus (Freikorps Oberland, Otto Strasser, Ernst Röhm u. a.). Nach schwerer Verfolgung im Dritten Reich tritt Niekisch in der Ostzone auf den Boden der SED, die er später wieder verläßt, um in einem an-archistelnden Widerstand bis in den Tod zu verharren. Niekisch schrieb sein Buch unter Verfolgung und in Gefahr. Es ist packend und es offenbart eine oft selbstzerstörerische Ehrlichkeit. Der Traum von einem Sozialismus auf nationaler Grundlage treibt Niekisch auf Horizonte hin, die viele, so wie er, nie erreichten. Er starb in einem Deutschland, dessen Bild die Literatur des Westens fast bis zur Unkenntlichkeit zerfasert hat. Was für ein Abstand zu Grass und anderen Gräßlichkeiten im Schmutz von heute!

Und in Form eines Readers untersucht Ossip K. Flechtheim die Existenz der Nation im Parteienstaat der sozialistisch-liberalistischen Ära („Die Parteien der Bundesrepublik Deutsehland“, Hoffmann & Campe, 597 S.)- Flechtheim ist, ähnlich wie Brandt, ein Musketier des Systems Brandt. 1972 gehörte er zu jenen, die sich folgendermaßen an „alle unabhängigen und ungebundenen Wähler“ wandten: „Wenn Sie — bei allen Vorbehalten — der Regierung Brandt/Scheel eine weitere Chance geben wollen, geben Sie Ihre Erststimme dem SPD-Kandidaten Ihres Wahlkreises, Ihre Zweitstimme der Landesliste der FDP... Durch dieses Stimmensplitting verhindern Sie, daß zur Fortsetzung der Koalition dringend benötigte Stimmen verlorengehen“ (S. 589). Unabhängige und klardenkende ehemalige Koali-tionstöter in Österreich werden mit einigem Erstaunen wahrnehmen, bis zu welchem Integralismus ihre Gesinnungsfreunde in der BRD ihre Treue zur SPD und ihre Unversöhn-lichkeit gegenüber Christdemokraten treiben können. Bei Flechtheim findet man im Gewebe der SPD noch keine Spur des Verschleißes, die nach den Affären Guillaume, Brandt usw. ostensibel wurde.

Niemand hätte das Gesetz, unter dem der Kommunismus nach 1945 gegen Europa antrat, eindeutiger formulieren können als der Tscheche Klement Gottwald (1896—1953, 1946 Ministerpräsident, 1948 Sieger im kommunistischen Putsch in Prag). Für Gottwald und Genossen ist der Kampf gegen den Faschismus und dessen Mitläufer „eine sehr scharfe Waffe, mit der wir der Bourgeoisie so viele Äste abschlagen, daß nur noch ein Stumpf übrig bleibt“. So will man den „Klassenkampf gegen die Bourgeoisie“ verstanden wissen. Im Westen gab es wohl kein zweites Land, in dem die gefährliche Selbstverstümmelung nach den von Gottwald enthüllten Intentionen mit der Folgerichtigkeit betrieben wurde, wie in der BRD nach Adenauer.

Ein „Kammerspiel auf dem Hintergrund einer Katastrophe“ nennt eine Empfehlung des österreichischen Buchhandels den Roman „Winterspelt“. Dabei ist nicht an eine Naturkatastrophe gedacht, sondern an die Katastrophe des Faschismus. „Winterspelt“ (Diogenes-Verlag, 597 S.) ist laut Golo Mann der „größte Wurf von Alfred Andersch“. Jean Amery hält das Buch für das „bedeutendstedeutschsprachige

Werk über den Zweiten Weltkrieg“. Und in Wien stellt eine Tageszeitung mit Höchstauflagen diesen Wurf als das „deutschsprachige Ereignis des Bücherherbstes“ heraus.

Andersch, 1944 als deutscher Soldat an der Front im Westen zu den Amerikanern übergelaufen und nach 1945 in der Front der „Gruppe 47“ hoch emporgekommen, braucht für sein Epos fünf Gestalten: Eine junge Lehrerin, die 1944 der Schule entläuft, um möglichst nahe an die aus dem Westen herankommende Front der Befreiung zu kommen. Einen deutschböhmischen Altkommunisten, dem ein im marxistischen Sinne „loyaler Kapitalist“ zwecks Versicherung auf Gegenseitigkeit eine angenehme und sichere Bleibe in der Nähe besagter Front eingerichtet hat. Einen jüdischen Emigranten, der zwischen der schon befreiten Welt in Westeuropa und der verbliebenen Welt des Faschismus quer über die Front in den Ardennen hin- und herpendelt. Einen Ritterkreuzträger, der nicht solo wie Andersch, sondern gleich mit seinem Bataillon zu den Amis hinüber möchte. Nachdem so das Deutschland im letzten Kriegswinter von 1944 auf 1945 typisiert ist, kommt als fünfter Held John D. Kimbrough, Capt., Inf. U. S. Army, mit ins Spiel.

So wie der deutsche Ritterkreuzträger nicht länger das Kreuz des Dritten Reiches tragen möchte, trägt auch der Südstaatler Kimbrough schwer an dem, dem er entkommen wollte, als er Georgia und die USA hinter sich ließ. Aus verschiedenen Gründen hält Kimbrough dafür, es wäre gut, das ihm überbrachte Kapitulationsangebot des Ritterkreuzträgers anzunehmen. Der Captain ist nicht marxistisch geschult und er weiß also nicht, daß es eine „Internationale der Offiziere“ gibt. Aber er spürt irgendwie, „daß der Feind nicht der Feind ist, sondern das Zuchthaus des militärischen Kollektivs, in dem man lebt“ (S. 399). Wie schade für Hitler und ganz Europa, daß die marxistisch erzogenen und gedrillten Rotarmisten das Feindverhältnis nicht gleichermaßen klar erkannt haben, als sie 1945 nicht nur den Faschismus zerschlugen, sondern gleich halb Europa unter ihre Kontrolle nahmen.

Auch im Westen war man 1944 höheren Orts offenbar nicht der Ansicht des Autors, der doch den Amerikanern in jeder Hinsicht entgegenkam. So kam es, „daß ein gewisser US-Colonel R. dafür hält, er möchte mit einem deutschen Verräter nichts zu tun haben“! Oh, wie falsch, da doch solche Verräter im Osten hochwillkommen waren und blieben. Der deutschböhmische Kommunist hat allerdings von dem seltsamen Umdenken des Ritterkreuzträgers nie viel gehalten, denn dieser war, so wie die Männer vom 20. Juli 1944, nicht marxistisch geschult.

Was Kommunisten Jahr für Jahr an die Wände malen, nämlich die Formel: US — SS, das wälzt Andersch auf ein halbes Tausend Seiten breit, um nachher den Leser in die Ungewißheit der Lage, die 1974 nur wenigen besser bewußt ist als 1944, zu entlassen. Unter dem Befehl „Augen rechts!“ (nach rechts, woher laut Grass die Gefahren kommen) führen Andersch und Konsorten literaturbeflissene Leser nach links. Wo es allerdings für Linksintellektuelle nie einen Feind geben kann.

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