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Die österreichischen Energiepreise, die im vorigen Jahr wieder in Bewegung geraten sind, scheinen jetzt nicht mehr zur Buhe zu kommen. Nicht nur die Mehrwertsteuer, auch echte Preiserhöhungen hängen wie ein Damoklesschwert über den Konsumenten.

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Die österreichischen Energiepreise, die im vorigen Jahr wieder in Bewegung geraten sind, scheinen jetzt nicht mehr zur Buhe zu kommen. Nicht nur die Mehrwertsteuer, auch echte Preiserhöhungen hängen wie ein Damoklesschwert über den Konsumenten.

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Bisher umsatzsteuerfrei, wird jetzt für Strom zwar nur der halbe Satz, aber immerhin doch acht Prozent Mehrwertsteuer entrichtet werden müssen. Das heißt nicht, daß die Strompreise mit 1. Jänner um acht Prozent in die Höhe schnellen werden, aber eine Verteuerung wird an den Konsumenten kaum vorbeigehen, obwohl Verkehrsminister Frühbauer als zuständiger Ressortchef derzeit noch versucht, diese Preiserhöhung hintanzuhalten. Zunächst müssen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen ihre Preise ordnungsgemäß entlasten. Dann wird auf diesen entlasteten Stromtarif die Mehrwertsteuer aufgeschlagen werden. Wie bei anderen Preisen wird auch hier der Versuch der Regierung einsetzen, die tatsächliche Erhöhung möglichst gering zu halten und eine sehr große Vorsteuerentlastung zu erreichen. Nach Meinung der Elektrizitätsgesellschaften, die in dieser Frage noch keine gemeinsame Haltung erarbeitet haben, wird sich das aber nicht machen lassen. Ver-kehrsminis'ter Frühbauer wird daher wenig Glück mit seinen Bemühungen haben, die Landesgesellschaften dazu zu bewegen, die tatsächliche Tarifänderung möglichst gering zu halten.

Die Elektrizitätsgesellschaften sind nämlich noch immer verbittert darüber, daß sie am 1. Juni nur einen Teil der von ihnen geforderten Erhöhungen der Tarife bekamen. Der Versuch des Ministers, die Gesellschaften zu bewegen, von vornherein einen Teil der Entlastung selbst zu tragen und damit einen Teil der Mehrwertsteuer nicht auf den Verbraucher überzuwälzen, scheint daher ohne viel Aussicht auf Erfolg zu bleiben. Konkret stellt sich der Minister vor, er könne in Verhandlungen mit den Elektrizitätsgesellschaften erreichen, daß sie zugunsten einer späteren Strompreiserhöhung 1973 bis 1975 ihre Tariferhöhungen aus dem Titel Mehrwertsteuer nur ratenweise und nicht in voller Höhe durchführen.

Auch die regierungsfreundlichsten Gesellschaften machen daraus kein Hehl, daß sie mit der zum 1. Juni dieses Jahres gewährten Strompreiserhöhung von durchschnittlich 40 Prozent nicht zufrieden sind. Die ständig steigenden Baukosten belasten die Gesellschaften als bauintensivste Sparte der österreichischen Wirtschaft besonders. Dazu kommt noch die Einführung der zunächst zwölf prozentigen Investitionssteuer ab 1. Jänner. Vor dem Hintergrund der schlechteren Erträge haben die Trockenheit dieses und des letzten Jahres und der ständige Verbraucheranstieg zu einer fast schon katastrophalen Stromknappheit in ganz Europa geführt. Billiger Überschußstrom ist nicht mehr zu haben. Zusätzliche Strommengen müssen teuer honoriert werden. So hat das traditionelle Stromexportland Österreich im letzten Jahr große Strommengen aus Rumänien importieren müssen, um seine Energieversorgung sicherzustellen. Es ist also eher damit zu rechnen, daß im nächsten Jahr von der Elektrizitätswirtschaft neue Preisforderungen gestellt werden, statt daß dem Minister mit Konzessionen entgegengekommen wird. Die Vorarlberger Landesgesellschaft (eine Gesellschaft, die im großen Maße von Auslandsbezügen lebt) ist bereits an den Minister mit der Ankündigung eines neuerlichen Preiswunsches herangetreten.

Auch öl teurer?

Aber auch die Preissituation bei der ölenergie sieht nicht besser aus. Zwar sind die Heizölpreise in aller Welt im letzten Jahr stark zurückgegangen, aber die Preise für Leicht- und Mitteldestillate, also

Benzin und Dieseltreibstoffe, haben auch auf nicht preisgeregelten Märkten diese Abwärtsbewegung nicht mitgemacht: im Gegenteil. Am 1. Jänner tritt eine neue Verteuerung des Rohöls auf Grund des Abkommens zwischen der Organisation erdölexportierender Staaten OPEC und den internationalen Mineralölgesellschaften in Kraft, die zu einer Erhöhung der Rohölpreise von öl aus dem Nahen und Mittleren Osten führen wird. Es kann jetzt noch nicht gesagt werden, ob die österreichische Mineralölindustrie, die auf die Erfüllung ihres letzten Preisantrages fast ein Jahr warten mußte, wieder einen Antrag stellen wird. Aber auch sie hat bei der letzten Erhöhung nur einen Teil dessen, was sie gefordert hat, erhalten. „Neue Belastungen können auf Grund dieser Preise nicht mehr von uns getragen werden“, hieß es damals in ersten Stellungnahmen. Ein Preisantrag zu Jahresbeginn scheint aber unrealistisch zu sein: denn allein die Mehrwertsteuer wird die Treibstoffpreise, wenn die Berechnung der Mineralölindustrie stimmt, um 40 bis 60 Groschen in die Höhe schnellen lassen.

Daß eine Regierung derartige Preisbewegungen schwer verkraften kann, muß auch dem Laien klar sein. Wie sich die Energiepreise also im nächsten Jahr entwickeln werden, kann man jetzt noch nicht sagen. Verteuerungen wird es jedenfalls geben. Wie unter diesen Umständen der Preisindexanstieg unter acht Prozent bleiben kann, wie sich Finanzminister Androsch erst unlängst optimistisch äußerte, bleibt fraglich.

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