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Impulse durch EG

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Auf dem Weg nach Europa - mehr Fremdsprachenunterricht, Auslandsstudien, Mitarbeit an europäischen Forschungsprogrammen, bessere Literaturvermarktung.

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Auf dem Weg nach Europa - mehr Fremdsprachenunterricht, Auslandsstudien, Mitarbeit an europäischen Forschungsprogrammen, bessere Literaturvermarktung.

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Von einem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft werden auch Impulse auf die Bil-dungs- und Forschungseinrichtungen in Österreich ausgehen, werden auch die Kultur- und die Kunstschaffenden nicht unbeeinflußt bleiben. Diesen Chancen und Herausforderungen bewußt zu begegnen, bedarf es grundsätzlicher Überlegungen und längerfristiger Perspektiven. Experten der Bildungs-, Wissenschaftsund Kulturpolitik der ÖVP haben eine Studie dazu ausgearbeitet, Schulen, Universitäten, For-schungs- und Entwicklungseinrichtungen, verschiedene kulturelle Bereiche wurden dafür in den Blick genommen.

Um das österreichische Schulwesen zu „europäisieren“, sollte nicht nur den neuen Informationstechnologien, sondern vor allem dem Fremdsprachenunterricht hoher Stellenwert eingeräumt werden. Geringere Klassenschü-lerzahlen im Fremdsprachenunterricht, mehr internationalen Schüleraustausch, Fremdsprachenwettbewerbe, Fremdsprachen-Schulsonderformen und eine dementsprechende Lehreraus-und -fortbildung schlägt die Studie dazu vor. (Wichtiges Detail: TV-Filme sollten häufiger untertitelt statt synchronisiert werden!)

Wissen über die EG sollte in den einschlägigen Fächern Wirtschafts- und Sozialkunde uryl Politische Bildung intensiver vermittelt werden, auch Schulbücher sollten bilaterale Geschichtsschreibung einbeziehen. Ein postsekundärer technischer Ausbildungsweg - nach einem HTL-Abschluß — wird angeregt.

Österreichs Universitäten sollten - abgesehen von fremdsprachigen Lehrveranstaltungen auch“ außerhalb der Sprachfächer-vor allem Studienzeiten im Ausland vorsehen und erleichtern. Dementsprechend müßten Prüfungen im Ausland anerkannt werden. Auch die Hochschullehrer müßten mobiler sein, dieser Faktor wäre bei Lehrstuhlbesetzungen positiv zu berücksichtigen. Bevor österreichische Universitäten zu EG-Studienkooperationen Zugang haben, sollten wenigstens bilaterale Kooperationsmöglichkeiten angestrebt werden. Auf die Zusammenarbeit mit EG-Institutionen sollte das Fach „Europarecht“ die Studierenden baldmöglichst vorbereiten.

Österreichs Studenten zu Spezialausbildungen an schon bestehende Fortbildungsinstitute in Europa zu schicken, sei angesichts unserer beschränkten Mittel die einzig sinnvolle Alternative, meint dazu ÖVP-Kulturspre-cher Erhard Busek. Für ihn ist die Umschichtung von Budgetmitteln für Bildung, Wissenschaft und Forschung in den nächsten Jahren unverzichtbar, müßten die Schwerpunkte jeglicher kommender Regierungen sein. Dafür spiele zweifellos auch eine zum EG-Beitritt positiv eingestellte Öffentlichkeit eine gewisse Rolle.

Österreich hat sich zur Vorbereitung auf den gemeinsamen Markt einen Anteil von 1,5 Prozent am Bruttonationalprodukt für Forschungs^ und Entwicklungsausgaben bis 1990 zum Ziel gesetzt, längerfristig sollen es drei Prozent werden. Weitaus stärker als früher seien — so die Studie — wirtschaftliche Strukturveränderungen vom Forschungs- und EnFwickrühgäpotentiäl eines

Staates bestimmt, drastischen Aufholbedarf habe Österreich vor allem in der Medizin, in der Technik, in den Naturwissenschaften.

Schon eine dezidierte Beitrittsabsicht könne den Zugang Österreichs zu den europäischen Forschungseinrichtungen verbessern helfen, die Mitarbeit in der EUREKA etwa biete Gleichberechtigung in einer marktnahen Hochtechnologieforschung. Parallel dazu müßten freilich auch nationale Begleitprogramme entwickelt werden.

Auch im kulturellen Bereich steht durch den Beitritt zur EG eine stärkere Verflochtenheit als schon bisher bevor. Die Studie sieht im kulturellen Potential Österreichs sogar einen Vorteil für unsere Beitrittsbemühungen. Die Vorbereitung der Weltausstellung 1995 könne dabei als Lern- und Erprobungsprozeß gelten. Soweit EG-Bestimmungen den Kulturbereich betreffen — vom Denkmalschutz bis zum Urheberrecht -, sollten sie baldmöglichst in Österreich dokumentiert sein.

Positiv könnte sich — so die Studie — die Vermarktung der österreichischen Literatur entwickeln. Durch mehr öffentliche Mittel für junge österreichische Verlage, durch Kooperationen in der Auslandsauslieferung und -Werbung müßten höhere Auflagen zu erreichen sein, meint auch ÖVP-Kul-tursprecher Busek. Auch die Ubersetzung österreichischer Autoren in die EG-Sprachen wäre zu fördern. Leichter könnten fremdsprachige Bücher dann auch hier erworben werden. Auf die sensiblen Verlagszweige der Kinder-, Schul- und Jugendbücher wäre dann freilich größerer Konkurrenzdruck zu erwarten.

Österreichs Architekten hätten in der EG besseren Zugang zu internationalen Wettbewerben, müßten aber auch in Österreich mit stärkerer internationaler Konkurrenz rechnen. Auslandsausstellungen bildender Künstler würden bürokratisch erleichtert, ebenso die Placierung internationaler Großausstellungen in Österreich. Kultursponsoring aus ganz Europa könnte auch Österreichs Künstlern zugute kommen.

Den Start einer „Musikoffensive“ sieht Erhard Busek als notwendig im Hinblick auf die immer geringer werdende Zahl qualifizierter österreichischer Orchestermusiker im Gefolge des Abbaus der musikalischen Fächer an den Schulen.

Aus diesem umfassenden Forderungskatalog überschaubare nächste Zielsetzungen zur Verwirklichung auszuwählen, wird wohl der nächste Schritt sein müssen.

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